Trumps Traumwelt: Ein Präsident im Spiegel seiner eigenen Mythen

VonTamzee Zadah

Juni 10, 2025

In der digitalen Agora des 21. Jahrhunderts, wo Worte wie Pfeile durch die Lüfte der sozialen Medien schwirren, erhebt sich erneut die Stimme eines Mannes, der nie aufgehört hat, sich selbst als Retter einer untergehenden Welt zu inszenieren: Donald J. Trump. Sein jüngster Tweet, ein rhetorisches Monument aus Pathos, Polemik und postfaktischer Selbstgewissheit, offenbart einmal mehr die Architektur seiner Traumwelt – ein Reich, in dem er allein der Architekt von Ordnung, Wiederaufbau und nationaler Größe ist.

Mit dramatischer Geste verkündet Trump, er habe „die Truppen nach Los Angeles geschickt“, um eine Apokalypse zu verhindern – ein Bild, das an biblische Feuerstürme erinnert, an Städte, die im Zorn der Götter verglühen. Doch in Trumps Erzählung ist es nicht göttlicher Zorn, sondern menschliches Versagen, das die Flammen nährt: ein „inkompetenter Gouverneur“, ein „versagender Bürgermeister“, ein bürokratischer Morast, der den Wiederaufbau von 25.000 Häusern behindert. Nur der Bund – sprich: er selbst – habe geliefert. Die föderale Genehmigung sei abgeschlossen, während Stadt und Staat „katastrophal im Rückstand“ seien.

Diese Erzählung ist mehr als ein politisches Statement. Sie ist ein Mosaik aus Selbstverklärung, Schuldzuweisung und einem tiefen Misstrauen gegenüber Institutionen, die nicht seinem direkten Einfluss unterliegen. In Trumps Welt ist die Realität formbar, ein Theaterstück, in dem er stets der Held ist – der Retter, der Baumeister, der letzte Garant gegen das Chaos.

Doch was bleibt, wenn man den Vorhang dieser Inszenierung lüftet? Eine Stadt, die nicht brennt, sondern kämpft. Ein Land, das nicht untergeht, sondern ringt – mit Krisen, mit Bürokratie, mit sich selbst. Und ein Ex-Präsident, der in 280 Zeichen versucht, die Welt nach seinem Bild zu formen: groß, einfach, schwarz-weiß.

Trumps Traumwelt ist kein Ort der Zwischentöne. Sie ist ein Spiegelkabinett, in dem jede Reflexion ihn selbst zeigt – größer, mächtiger, unfehlbar. Doch je länger man hineinsieht, desto klarer wird: Es ist nicht die Welt, die sich ihm verweigert. Es ist er, der sich der Welt verweigert.

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