Baton Rouge, Louisiana – Wenn Noah, fast zwei Jahre alt, abends nach seiner Mutter fragt, sagt sein Vater Adrian Clouatre nur: „Mama kommt bald zurück.“ Für seine drei Monate alte Tochter Lyn, die noch gestillt wurde, gibt es seitdem nur noch die Flasche. Ihre Mutter, Paola Clouatre, wurde im Mai von der US-Einwanderungsbehörde ICE verhaftet – während eines routinemäßigen Termins zur Green-Card-Beantragung. Sie ist eine von Zehntausenden, die unter der verschärften Abschiebepolitik der Trump-Regierung festgesetzt wurden. Das Ziel: 3.000 Festnahmen pro Tag. Adrian Clouatre, ehemaliger Marinesoldat mit anerkannter Behinderung durch den Militärdienst, hat nicht nur seine Partnerin verloren, sondern steht seither mit zwei Kleinkindern alleine da. Paola sitzt in einem ICE-Gefängnis im ländlichen Monroe, acht Stunden entfernt. „Ich fahre, so oft ich kann“, sagt Clouatre. Er kann kaum fassen, was geschehen ist – und noch weniger, wie er es seinen Kindern erklären soll.
Die Geschichte beginnt in Kalifornien. Im Jahr 2022 lernt der damals noch dienende Clouatre die Mexikanerin Paola in einem Nachtclub kennen. Wenige Monate später sind sie ein Paar, tätowieren sich gegenseitig ihre Namen auf die Arme, heiraten im Jahr 2024. Paola beantragt, gestützt auf die Ehe mit einem US-Bürger, eine Aufenthaltsgenehmigung. Alles läuft zunächst gut – bis ein Termin bei der Einwanderungsbehörde in New Orleans am 27. Mai 2025 alles verändert. Was sie nicht wusste: Im Jahr 2018 war gegen sie ein Abschiebungsbeschluss ergangen, nachdem ihre Mutter zu einer Anhörung nicht erschienen war. Damals war Paola noch Teenagerin, ihre Familie zerrüttet, sie selbst in Heimen und Notunterkünften unterwegs. „Sie hatte keine Ahnung von diesem Verfahren“, sagt ihr Mann. Dennoch warteten beim Green-Card-Termin ICE-Beamte im Nebenzimmer. Paola Clouatre wurde abgeführt – ihr letzter Akt in Freiheit: Sie gab Adrian ihren Ehering.
Früher galt für Militärfamilien ein gewisser Ermessensspielraum. Doch der ist unter Trump abgeschafft worden. Eine interne USCIS-Anweisung vom 28. Februar 2025 verweigert selbst Veteranenfamilien den Schutz vor Abschiebung. Über 26.000 Fälle wurden seitdem an ICE übergeben – darunter auch Paolas. Zwar gibt es noch ein spezielles Programm für Angehörige von Militärs, doch der Spielraum für humanitäre Ausnahmen ist praktisch verschwunden. Dass ausgerechnet die Marine noch im Frühjahr mit Versprechen wie „Eintritt ins Militär schützt eure Familie“ warb, wirkt inzwischen wie blanker Zynismus. „Ich bin kein politischer Mensch“, sagt Adrian Clouatre. „Aber ich dachte immer, wenn man jemanden heiratet, der Amerikaner ist, bekommt man das Recht zu bleiben. Es ist einfach nur brutal.“