Tucson im Ausnahmezustand – Gewalt bei „ ICE“-Protest vor Bundesgebäude

VonRainer Hofmann

Juni 12, 2025

Was als entschlossener Protest gegen die rigide Einwanderungspolitik der US-Regierung begann, mündete in einem der heftigsten Zusammenstöße seit Beginn der landesweiten Protestwelle: Vor dem ICE-Büro in Tucson, Arizona kam es am Mittwoch zu schweren Ausschreitungen zwischen Demonstrierenden und maskierten Sicherheitskräften. Die Straße vor dem Gebäude wurde blockiert, die Tore mit Graffiti besprüht, Beamte mit Farbbeuteln beworfen. In der Luft lagen Reizgas und Wut.

Videoaufnahmen zeigen die Eskalation in eindringlichen Bildern: Protestierende, mit selbstgebauten Schilden geschützt, nähern sich schrittweise einer Reihe von Sicherheitskräften. Einer der Beamten wird von einer Wasserflasche getroffen – daraufhin zieht er eine nicht-tödliche Waffe und feuert. Ein anderer löst eine offenbar als Abschreckung gedachte Blendgranate aus. Die Szenerie gleicht einem Gefechtsfeld: Farbe, Rauch, Schreie. Ein Beamter setzt einen chemischen Reizstoff ein, ein Demonstrant reagiert mit einem eigenen, noch stärkeren Spray. Wenig später fliegt eine Metallbarrikade auf die Einsatzkräfte – verfehlt jedoch knapp ihr Ziel. Die Sicherheitsleute ziehen sich schließlich zurück.

Ob es sich bei ihnen um private Sicherheitsdienste oder um Bundesbeamte handelt, bleibt bislang ungeklärt. Die zuständige ICE-Dienststelle in Arizona und die Polizei von Tucson antworteten nicht auf Anfragen der Presse. Auch das sorgt für Kritik. Die „Melt ICE“-Bewegung richtet sich gegen das, was viele als systematische Entmenschlichung der US-Migrationspolitik erleben: Abschiebungen, Inhaftierungen, Trennung von Familien. Dass ausgerechnet das Büro jener Behörde, die wie kaum eine andere für diese Politik steht, nun zum Schauplatz gewaltsamer Auseinandersetzungen wurde, ist kein Zufall. Es ist ein Zeichen. Ein Alarm. Ein Aufschrei.

Tucson war an diesem Mittwoch nicht einfach nur Kulisse eines lokalen Protests. Es war das Epizentrum eines tiefen Konflikts, der längst das ganze Land erfasst hat. Der Moment, in dem Worte nicht mehr ausreichen – und auf beiden Seiten die Grenzen des Zumutbaren überschritten werden.

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