Europa setzt auf Diplomatie – während Trump mit Krieg gegen Iran droht

VonRainer Hofmann

Juni 20, 2025

Wien – Inmitten wachsender Spannungen zwischen Israel und Iran setzt Europa auf Deeskalation: Wie am Donnerstag bestätigt wurde, wollen die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs am Freitag in Genf mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi zu direkten Gesprächen zusammenkommen. Das Treffen, das hinter verschlossenen Türen stattfinden soll, wäre die erste persönliche Begegnung westlicher Regierungsvertreter mit Teheran seit Beginn der aktuellen Eskalation vor einer Woche. Während Europa mahnt, der Dialog dürfe nicht abreißen, schlägt Präsident Donald Trump in Washington einen ganz anderen Ton an: Er erwägt offen Luftschläge gegen iranische Atomanlagen und fordert die „bedingungslose Kapitulation“ der iranischen Führung.

Die Initiative der sogenannten E3 – Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich – steht im Zeichen eines Wettlaufs mit der Zeit. Auslöser der akuten Krise waren israelische Luftangriffe auf iranische Atomanlagen und Militärstellungen, auf die Teheran mit Raketenbeschuss antwortete. Europa drängt auf Zurückhaltung und eine Rückkehr zur Diplomatie: „Alle Seiten müssen Maßnahmen vermeiden, die zur weiteren Eskalation führen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot erklärte, Europa sei bereit, die Gespräche wieder aufzunehmen – unter der Bedingung, dass Iran überprüfbare Schritte zur Begrenzung seines Atom- und Raketenprogramms sowie zur Reduktion seiner destabilisierenden Aktivitäten in der Region unternehme. Auch der britische Außenminister David Lammy, der am Freitag an den Gesprächen teilnehmen wird, traf zuvor in Washington US-Außenminister Marco Rubio – die USA denken offenbar über den Einsatz des britisch kontrollierten US-Stützpunkts Diego Garcia nach.

Die Vereinigten Staaten selbst sind beim Treffen in Genf zunächst nicht vertreten. Ein US-Regierungsvertreter betonte zwar, dass es aktuell keine Teilnahmepläne gebe, doch diese Position könne sich angesichts der zugespitzten Lage rasch ändern. Unterdessen warnt Irans oberster Führer eindringlich vor einem militärischen Eingreifen der USA – dies würde „irreparablen Schaden“ anrichten. Teheran betont weiterhin, sein Atomprogramm sei friedlich, auch wenn die Urananreicherung derzeit bei 60 % liege – ein technischer Schritt vor waffenfähigem Material. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und US-Geheimdienste sehen bislang keine Belege dafür, dass Iran aktiv eine Atombombe anstrebt. Dennoch wächst die Sorge, dass sich das Fenster für eine diplomatische Lösung rasch schließt.

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