Es ist ein Urteil, das in der Flut der politischen Entscheidungen leicht unterzugehen droht – und doch ist es für Tausende von Menschen ein Moment des Durchatmens, ein juristisches Innehalten gegen den radikalen Umbruch, den die Migrationspolitik der Trump-Regierung ausgelöst hat. Am 31. Mai 2025 entschied Richter Edward M. Chen am United States District Court für den Northern District of California, dass etwa 5.000 Venezolanerinnen und Venezolaner, die unter Präsident Biden eine Verlängerung ihres Temporary Protected Status (TPS) bis zum 2. Oktober 2026 erhalten hatten, vorerst nicht abgeschoben werden dürfen. Sie behalten ihre Arbeitserlaubnisse, ihre Aufenthaltsdokumente – und ein Stück rechtlicher Sicherheit. Dabei steht diese Entscheidung im direkten Gegensatz zu einem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 19. Mai 2025 (Aktenzeichen 24A1059), das der Trump-Regierung grundsätzlich die Rücknahme des TPS für rund 350.000 Personen erlaubt hatte. Doch was auf Bundesebene als Machtentscheidung inszeniert wurde, fand im Einzelfall seine juristische Grenze.
Der Fall
Die Klage trägt den Titel National TPS Alliance et al. v. Noem et al., Aktenzeichen 3:25-cv-01766, und wurde im Februar 2025 eingereicht – getragen von der zivilgesellschaftlichen National TPS Alliance sowie sieben individuell betroffenen Klägern. Die Gegenseite: Heimatschutzministerin Kristi Noem und das Department of Homeland Security (DHS). Die Trump-Regierung hatte am 17. Januar 2025 – kaum zwei Tage nach der Amtseinführung – angekündigt, die TPS-Verlängerung für Venezolaner rückwirkend aufzuheben. Noem begründete den Schritt mit „nationalem Interesse“ und stellte die Gültigkeit bereits ausgestellter Papiere in Frage. Für die Betroffenen hätte das bedeutet: Verlust der Arbeit, drohende Abschiebung, sofortiger Rechtsstatusentzug.
Die Entscheidung
Richter Chen ließ diesen Schritt nicht durchgehen. In seiner 78 Seiten langen Urteilsbegründung, veröffentlicht am 31. März 2025, ordnete er an: „Die Entscheidung des DHS, die TPS-Verlängerung aufzuheben, überschreitet wahrscheinlich die gesetzlich eingeräumten Befugnisse und verletzt die Rechte der Betroffenen.“ Er stellte klar, dass das TPS-Gesetz keine rückwirkende Annullierung rechtmäßig erteilter Dokumente erlaubt und dass der DHS damit verfahrenswidrig und willkürlich gehandelt habe. Die betroffene Gruppe von 5.000 Personen sei:
„weder zahlreich noch gefährlich genug, um eine Bedrohung für nationale Interessen zu rechtfertigen.“
Chen wies die US-Regierung an, das vollständige administrative Protokoll innerhalb einer Woche vorzulegen. Erst danach könne über mögliche weitergehende Beweiserhebungen entschieden werden. Das Verfahren wird nun vor dem Ninth Circuit Court of Appeals in San Francisco weiterverhandelt.
Ein kollektiver Erfolg
Dieses Urteil ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist das Ergebnis monatelanger Vorbereitung, mutiger Klägerinnen und Kläger, entschlossener Juristinnen und Juristen – und eines landesweiten Netzwerks von Aktivistinnen und Aktivisten, das die National TPS Alliance getragen hat. Die klare Botschaft: Wir alle haben gekämpft, um dieses Urteil zu erreichen. In einem Klima der Angst, in dem Abschiebungen zur Tagesordnung und Migrationspolitik zur Machtdemonstration geworden sind, markiert dieses Urteil ein symbolisches Gegengewicht. Es ist keine Generalabsage an Trumps Politik – aber ein Moment der Anerkennung, dass selbst unter Druck noch Rechtsstaatlichkeit möglich ist.
Ob die Regierung Berufung einlegt, bleibt offen. Doch das Urteil vom 31. Mai schafft Zeit – für Familien, für Kinder, für Menschen, die arbeiten, Steuern zahlen und nichts anderes tun, als ein normales Leben zu führen. Der juristische Kampf geht weiter. Aber an diesem Tag, in diesem Gerichtssaal, hat der Rechtsstaat gesprochen – nicht die Willkür.