Die Hitze der Macht – Wie Donald Trump Amerikas Arbeitsschutz zu Staub zerfallen lässt

VonAlan Gallardo

Juni 9, 2025

36 Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter sollten durch eine neue Verordnung der OSHA – der US-Arbeitsschutzbehörde – künftig besser vor Hitze geschützt werden. Schatten, Trinkwasser, Pausen: keine Luxusforderungen, sondern das Minimum, was ein zivilisiertes Gemeinwesen denen schuldet, die es tagtäglich am Laufen halten. Doch was unter Präsident Joe Biden als erster bundesweiter Schutz gegen extreme Hitze geplant war, ist unter Donald Trump zur Staubspur geworden. Im Sommer 2024, dem heißesten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, kündigte die damalige Regierung ein Regelwerk an, das als Reaktion auf die sich zuspitzende Klimakrise gelten sollte. Eine einfache Idee, fast banal in ihrer Logik: Wenn Menschen bei der Arbeit Hitzschläge erleiden, dann sollte der Staat eingreifen. Pausen, Wasser, Überwachung – eine Struktur gegen das Sterben im Namen der Produktivität. Doch mit dem Machtwechsel Anfang 2025 begann der Rückbau. Und mit ihm ein stilles Verschwinden der Fürsorge.

Donald Trump hat David Keeling nominiert – einen Mann, der zuvor für Amazon und UPS arbeitete – als neuen OSHA-Chef. Über 300 Verstöße gegen Arbeitsschutz gab es unter seiner Verantwortung. Über zwei Millionen Dollar an Strafen. Und mehrere hitzebedingte Vorfälle. Es wäre, als setze man einen Tankstellenbesitzer zum Feuerwehrchef ein. Noch ist Keeling nicht bestätigt. Aber der politische Wind hat sich längst gedreht. Der republikanisch dominierte Bildungsausschuss des Repräsentantenhauses bezeichnete die geplante Hitzeschutzregelung im Mai 2025 als „bürokratische Übergriffigkeit“. Man höre aus New Mexico, dass 80 Grad Fahrenheit „perfektes Bauwetter“ seien – so ein Zeuge, der für die Interessen der Industrie sprach. Und überhaupt: Was für Texas gelte, könne nicht auch für Maine gelten.

Doch Greg Casar, Demokrat aus Texas, antwortete mit einem Satz, der die Absurdität entlarvt: „Ob es 90 Grad in Austin oder 90 Grad in Maine sind – 90 Grad bleiben 90 Grad.“ Während Bundesregeln aufgeweicht oder ganz gestrichen werden, versuchen einige Bundesstaaten eigene Standards zu etablieren. Kalifornien, Oregon, Maryland, Nevada, Washington – sie haben zumindest Ansätze von Schutzgesetzen. Andere, wie Florida, gehen den entgegengesetzten Weg: Gouverneur Ron DeSantis unterzeichnete 2024 ein Gesetz, das Städte und Gemeinden verbietet, eigene Regeln zu erlassen. Ein bereits beschlossener Hitzeschutz in Miami-Dade wurde so per Federstrich entwertet. „Es war eigentlich nur Miami“, sagte DeSantis, „nicht der Rest des Staates.“ Ein Satz wie eine Entschuldigung – oder ein Geständnis.

Auch in Texas wurde ein kommunales Recht auf Ruhepausen abgeschafft. Der Spitzname des Gesetzes: „Death Star“. Ana Gonzalez von der Texas AFL-CIO bringt es auf den Punkt: „OSHA-Standards sind das absolute Minimum. Wer sie abschaffen will, will nur, dass seine Milliardärsfreunde noch ein paar Cent mehr verdienen.“ Doch Trumps Rückbau beschränkt sich nicht auf Hitzeregeln. Er hat die NIOSH – das nationale Institut für Arbeitssicherheit – faktisch geschlossen. Er ließ OSHA-Filialen in mehreren Bundesstaaten dichtmachen. Er übergab Teile der sensiblen OSHA-Daten dem von Elon Musk geführten „Department of Government Efficiency“. Er stoppte Maßnahmen gegen krebserregenden Silikastaub.

Was bleibt, ist eine Statistik des Schmerzes: Zwischen 5,2 und 7,8 Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter erleiden laut Economic Policy Institute jedes Jahr Verletzungen oder Erkrankungen durch ihre Arbeit. Zwischen 600 und 2.000 Menschen sterben jährlich an hitzebedingten Ursachen. Und am stärksten betroffen sind jene, die ohnehin kaum gesehen werden: Migrant:innen, People of Color, ältere Beschäftigte. 67 Prozent der tödlich verunglückten Arbeitskräfte 2023 waren Immigrant:innen. Über ein Drittel war über 55. „Wir stehen vor einer nationalen Krise der Arbeitnehmerrechte“, sagt Jennifer Sherer, Koautorin des Berichts. „Angetrieben durch Trumps Angriffe auf die Arbeitsschutzstrukturen – in einer Zeit, in der der Klimawandel die Gefahren drastisch verschärft.“

Doch sie sagt auch: Die Staaten könnten handeln. Sie müssten nicht auf Washington warten. Es gebe jahrzehntelange Forschung, funktionierende Pilotprojekte und gesetzliche Entwürfe – alles da. Und während in Washington alte Rechte verfallen und neue Nominationen im Schatten der Macht voranschreiten, brennt draußen die Welt. Eine Welt, in der der Tod am Arbeitsplatz nicht durch Naturkatastrophen geschieht, sondern durch politische Gleichgültigkeit. Die Hitze tötet. Und Donald Trump? Er nennt es Effizienz.

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Lea Ofrafiki
Lea Ofrafiki
1 Monat zuvor

Unmenschlich, es gibt kein anderes Wort dafür.

Katharina Hofmann
Admin
1 Monat zuvor
Reply to  Lea Ofrafiki

da sind nun die gewerkschaften gefragt….

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