„Amerika braucht eine neue Partei“

VonRainer Hofmann

Juli 6, 2025

Elon Musk, der reichste Mann der Welt, einst Trumps „First Buddy“ und Architekt des berüchtigten Ministeriums für Regierungseffizienz (DOGE), hat am 5. Juli 2025 die Gründung einer neuen US-Partei verkündet: die „America Party“. Was zunächst wie ein PR-Stunt auf X begann, ist nun politischer Ernst – eine offene Kampfansage an Donald Trump, das Zwei-Parteien-System und die Billionenrechnung, die Musk nicht mehr bezahlen will. „Wenn es um die Verschwendung und Korruption geht, die unser Land ruiniert, leben wir in einem Einparteiensystem – nicht in einer Demokratie“, schrieb Musk auf seiner Plattform X. Es ist ein Satz, der sitzt. Und der Wirkung zeigt. Eine von ihm selbst gestartete Umfrage, ob Amerika eine neue Partei brauche, erzielte über 1,2 Millionen Stimmen – zwei Drittel davon mit „Ja“. Musk reagierte prompt: „Heute wird die America Party gegründet, um euch eure Freiheit zurückzugeben.“ Die Botschaft ist klar, das Ziel ebenso: Musk will das politische Vakuum der Mitte füllen, das durch den ideologischen Dauerbeschuss beider Lager entstanden ist. Seine Partei sei nicht rechts, nicht links, sondern ein Ventil für die „80 Prozent dazwischen“, die sich von Washington nicht mehr vertreten fühlen. Es ist ein Kalkül mit disruptivem Potenzial – und eines mit persönlicher Vorgeschichte.

Denn was als politische Bromance zwischen dem Tech-Milliardär und Donald Trump begann, ist längst in erbitterten Hass umgeschlagen. Als Musk 2024 Trumps Wiederwahl mit Hunderten Millionen Dollar unterstützte und kurz darauf das Ministerium für Regierungseffizienz übernahm, galt er als Hoffnungsträger für einen verschlankten Staatsapparat. Doch als Trump mit dem „One Big Beautiful Bill“ eine historisch teure Steuersenkungs- und Ausgabengesetzgebung durch den Kongress prügelte, schwenkte Musk um – radikal. Er nannte das Gesetz ein „pork-filled Abomination“, also ein mit Partikularinteressen vollgestopftes Monstrum, und beschuldigte republikanische Abgeordnete des Verrats an ihren eigenen Prinzipien. Trumps Antwort kam prompt: In einer Pressekonferenz ließ er offen, ob Musk – trotz US-Staatsbürgerschaft – wieder „nach Südafrika zurückgeschickt“ werden müsse. Wenige Stunden später folgte auf Truth Social die Drohung, alle Fördergelder für Teslas Gigafactories, SpaceX und Neuralink zu streichen. Das DOGE-Ministerium, das Musk selbst mit aufgebaut hatte, könne „zurückgehen und Elon auffressen“. Doch Musk wich nicht – im Gegenteil. Auf X schrieb er, es reiche jetzt. Wenn sich das bestehende System nur noch selbst bediene, brauche es eine neue Partei, die „den wahren Willen des Volkes“ umsetze. Sein Plan: Nicht die Präsidentschaft sofort anvisieren, sondern strategisch einzelne Machtzentren kippen. Zwei bis drei Senatssitze, acht bis zehn Sitze im Repräsentantenhaus – gerade genug, um bei knappen Mehrheiten das Zünglein an der Waage zu sein. Musk will die Blockademacht – und damit den Hebel über jedes künftige Gesetz.

Analysten warnen bereits: Sollte Musk seine Anhängerschaft mobilisieren können, droht eine tektonische Verschiebung des politischen Gleichgewichts. Nicht aus ideologischer Überzeugung, sondern aus technokratischem Machtanspruch heraus. Die „America Party“ sei ein Unternehmen wie Tesla, so ein Kommentator: Geringe Erfolgschancen – aber wenn sie greift, ändert sie das Spiel. Musk selbst teilte diesen Kommentar mit dem Emoji „💯“ und der US-Flagge. Doch was genau will diese Partei? Bisher sind die Inhalte vage. Musk spricht von Haushaltssanierung, Freiheit, technologischer Innovation und Unabhängigkeit vom „tiefen Staat“. Doch konkrete Programme fehlen. Auch ist unklar, ob er selbst kandidieren wird – oder nur als Finanzier im Hintergrund bleibt. Sicher ist nur: Seine Fehde mit Trump hat ein neues Kapitel erreicht. Aus dem Berater ist ein Rivale geworden. Aus dem Spender ein Sprengsatz. Und aus einem Tweet ein politisches Projekt. Währenddessen tobt der Kulturkampf weiter. Trump hat seine Anhänger aufgerufen, „Verräter“ wie Musk zu isolieren. Im Senat sprechen Republikaner hinter vorgehaltener Hand von einem „Dolchstoß“. Und Demokraten, so scheint es, schauen dem Zerfall der Rechten mit stillem Staunen zu – wohl wissend, dass Musk auch ihre Stimmen kosten könnte. Elon Musk spielt ein gefährliches Spiel. Doch wenn jemand weiß, wie man gegen Schwerkraft arbeitet, dann er. Die Gründung der „America Party“ ist mehr als ein politischer Gag. Es ist ein Versuch, das politische System der USA umzuprogrammieren – per Update von außen. Und wie bei allen seinen Projekten gilt auch hier: Entweder es scheitert grandios – oder es verändert die Geschichte.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
1 Kommentar
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
Ela Gatto
Ela Gatto
2 Tage zuvor

Ich mag Musk nicht, ich verabscheue für was er steht und wie er mit Menschen umgeht.

Aber ich sage schon sehr lange, dass das Wahlsystem in den USA verstaubt und ungerecht ist.
Quasi nur 2 Parteien.
Dazu dieses Electorial College mit den Wahlmännern. Das representiert nicht die Mehrheit, sondern nur die Mehrheit der Wahlmänner.

1
0
Would love your thoughts, please comment.x