Es beginnt mit einer Zahl, die mehr ist als Statistik: 150.000 Menschen in Minnesota drohen ihre Krankenversicherung zu verlieren. Was trocken als „Haushaltskonsolidierung“ in den Korridoren Washingtons verhandelt wird, bedeutet im Leben dieser Menschen den Absturz in Unsicherheit, Krankheit, Verzweiflung. Der Absender dieser sozialen Grausamkeit: die republikanisch dominierte Regierung unter Präsident Donald Trump, der mit gnadenlosem Kalkül das soziale Sicherheitsnetz demontiert – Faden um Faden, Leben um Leben.
Die geplanten Kürzungen bei Medicaid und dem Affordable Care Act sind nicht Ausrutscher oder Notwendigkeiten. Sie sind ideologisch gewollt. Etwa 110.000 Menschen würden allein in Minnesota durch Medicaid-Kürzungen betroffen, weitere 40.000 durch die Schwächung der Bundeszuschüsse für Obamacare. Was der Präsident als „Effizienzreform“ verkauft, ist in Wahrheit eine systematische Vernichtung sozialer Infrastruktur. National wären 13,7 Millionen Amerikaner betroffen.
Und während Millionen ihre Absicherung verlieren, sorgt Trumps Steuerpolitik gleichzeitig für das Gegenteil von Ausgleich: Steuergeschenke für Reiche, Milliardenerleichterungen für Konzerne – und eine Staatsverschuldung, die in den nächsten zehn Jahren um drei Billionen Dollar anwachsen soll. Es ist eine fiskalische Schieflage, die nicht aus Versehen entsteht, sondern durch politischen Vorsatz. Wer unten lebt, soll weniger haben. Wer oben thront, bekommt noch mehr.
Wie unter einem Brennglas zeigt sich das ganze Ausmaß in Minnesota. Dort gerät nicht nur das Gesundheitssystem ins Wanken, sondern auch ein ökonomischer Gigant: UnitedHealth, eines der größten Krankenversicherungsunternehmen der Welt und ein Aushängeschild des Bundesstaats, verlor binnen weniger Monate die Hälfte seines Börsenwerts. CEO Andrew Witty trat zurück, das US-Justizministerium ermittelt wegen mutmaßlichem Medicare-Betrug. Ausgerechnet inmitten einer Gesundheitskrise. Ausgerechnet jetzt.
Und als wäre das nicht genug, stirbt in Minnesota auch ein anderes Amerika – jenes, das seine Kinder schützt. Seit dem Jahr 2000 sind dort 23 Kinder unter acht Jahren an Fentanyl gestorben. Ein stilles Sterben, das niemand stoppen will. Im Jahr 2023 lag die Zahl der versehentlichen Fentanyl-Expositionen bei Kindern landesweit bei 539 Fällen. Und was tut Trump? Keine umfassende Präventionspolitik. Keine staatliche Unterstützung für betroffene Familien. Stattdessen Rhetorik, Strafverschärfungen, Symbolpolitik.
Die Rückzüge setzen sich fort – nun auch auf der Schiene. Der geplante Northern Lights Express, ein Zugprojekt zwischen Minneapolis und Duluth, wird nicht realisiert. Die staatlichen Gelder – 77 Millionen Dollar – werden umgeleitet, zum Beispiel in die Arbeitslosenversicherung, weil Trump die versprochenen Bundesmittel nie bereitgestellt hat. Statt Vision herrscht Rückbau. Statt Fortschritt – Stillstand.
Ein Hoffnungsschimmer? Vielleicht. Die US-Umweltschutzbehörde EPA stellt 2,2 Millionen Dollar für die Sanierung vergifteter Böden in Minnesota bereit. Doch auch das ist mehr ein Versuch der Schadensbegrenzung als echte Zukunftspolitik.
Minnesota steht heute an einem Kipppunkt. Es ist ein Bundesstaat, der lange als Vorbild galt – für soziale Gerechtigkeit, ökonomische Stärke, Innovationskraft. Doch unter Trump verliert er all das: den sozialen Kitt, die wirtschaftliche Zuversicht, das Vertrauen in den Staat. Wenn selbst ein Bundesstaat wie Minnesota wankt – wer bleibt dann noch stand?
Trumps Politik trifft nicht nur Einzelne. Sie trifft das Prinzip der Solidarität selbst. Sie höhlt aus, was Generationen aufgebaut haben: das Versprechen, dass der Staat im Zweifel schützt. Heute fällt dieses Versprechen. Und mit ihm ein Staat.