Ein Waffenstillstand – vorerst: Trumps riskanter Balanceakt zwischen Israel und Iran

VonRainer Hofmann

Juni 23, 2025

Washington / Tel Aviv / Teheran / Doha – Inmitten einer der gefährlichsten Eskalationen seit Jahrzehnten hat US-Präsident Donald Trump am späten Montagabend überraschend einen vollständigen Waffenstillstand zwischen Israel und Iran verkündet. Der Schritt, so Trump, solle binnen 24 Stunden schrittweise umgesetzt werden. Während das Weiße Haus jubelte und republikanische Führer ihn als „Architekten des Friedens“ feierten, herrschte in den betroffenen Hauptstädten selbst weitgehend Schweigen. Iranische Staatsmedien äußerten sich nicht zur Ankündigung. Auch die israelischen Streitkräfte lehnten eine Stellungnahme ab. Und doch setzte sich ein diplomatisches Manöver in Gang, das ebenso fragil wie folgenreich ist. Zuvor hatte Teheran einen massiven Raketenangriff auf die US-Militärbasis Al Udeid in Katar gestartet – als direkte Reaktion auf die amerikanischen Luftschläge gegen Irans Atomanlagen. Nach Angaben des katarischen Militärs schlugen 19 Raketen ein, wobei 18 abgefangen wurden. Eine einzige traf das Gelände – ohne Todesopfer. Trump selbst sprach von 14 Raketen, von denen „13 abgeschossen und eine freigelassen“ worden seien. Was folgte, war ein bemerkenswerter Kurswechsel. Der Präsident teilte via Truth Social mit, beide Seiten hätten einem „vollständigen und totalen Waffenstillstand“ zugestimmt. Dieser solle ab Mitternacht am Dienstag (US-Ostküstenzeit) schrittweise beginnen: Iran stelle nach sechs Stunden seine Angriffe ein, Israel zwölf Stunden später. Zwölf Stunden darauf, so Trump, werde der Krieg „offiziell beendet“ sein. Es sei, schrieb er, das Ende eines Konflikts, „der künftig als der ‚Zwölf-Tage-Krieg‘ in die Geschichte eingehen“ werde.

Die internationale Resonanz fiel gemischt aus. Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, lobte Trump überschwänglich: „Das ist Frieden durch Stärke. Präsident Trump verdient die volle Anerkennung.“ Auf dem Capitol Hill sei die Erleichterung spürbar. Doch aus New York kamen andere Töne: Russland, China und Pakistan brachten eine UN-Resolution ein, die die US-Angriffe auf iranische Nuklearanlagen verurteilt. Der Text, der fast sicher durch ein amerikanisches Veto blockiert wird, fordert einen sofortigen Waffenstillstand, Schutz der Zivilbevölkerung und eine Rückkehr zu einem diplomatisch verankerten Nuklearabkommen – mit Garantien für die ausschließlich friedliche Nutzung. Währenddessen bleibt die Lage in der Region gespannt. In Tel Aviv bereiten sich israelische Rettungskräfte auf neue Angriffe vor, auch rund um Teheran berichten Reporter von weiteren Luftschlägen. Es gibt keine offizielle Bestätigung aus beiden Ländern, dass der angekündigte Plan tatsächlich umgesetzt wird.

Doch Trump beharrt auf der Bedeutung des Moments. In einem weiteren Posting mit einem Foto, auf dem er eine rote Kappe mit der Aufschrift „Trump was right about everything“ trägt, ließ er keinen Zweifel an seiner Selbstwahrnehmung. Und sein Vizepräsident JD Vance setzte nach: Der Krieg sei ein „Reset-Moment für die ganze Region“. Wer künftig eine Atombombe bauen wolle, müsse wissen, „dass er es mit einer sehr, sehr starken amerikanischen Armee zu tun bekommt.“ Selbst das US-Außenministerium reagierte umgehend: Die „Shelter in Place“-Warnung für Amerikaner in Katar wurde aufgehoben, nachdem klar wurde, dass fast alle iranischen Raketen abgefangen worden waren und keine weiteren Angriffe unmittelbar bevorstanden. Der katarische Luftraum bleibt dennoch geschlossen – aus Vorsicht. Ob der Waffenstillstand hält, ist ungewiss. Ob beide Seiten die angekündigten Fristen einhalten werden, noch fraglicher. Doch im Moment – zumindest für einen flüchtigen Augenblick – scheint es, als ob die Welt an einem Rand vorbeigeschrammt ist, wenn es wirklich stimmen sollte.

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