Es ist eine Eskalation, die in ihrer Schärfe selbst für Donald Trump ungewöhnlich wirkt – und gleichzeitig ein Blick in das Machtverständnis eines Präsidenten, der keine Loyalität duldet, aber absolute Treue verlangt. In einem Interview mit NBC-Moderatorin Kristen Welker erklärte Trump am Samstag, dass er keinerlei Absicht habe, das zerrüttete Verhältnis zu Elon Musk zu reparieren. Im Gegenteil: Musk, einst gefeierter Starunterstützer und Begünstigter seiner Regierung, müsse nun mit „ernsten Konsequenzen“ rechnen – sollte er es wagen, die Demokraten bei den kommenden Wahlen zu unterstützen.
„Ich gehe davon aus, dass es vorbei ist“, sagte Trump auf die Frage, ob das Verhältnis zum Tesla- und SpaceX-Chef endgültig zerbrochen sei. Und ergänzte, ganz im Stile seiner Selbstinszenierung: „Ich bin zu beschäftigt mit anderen Dingen. Ich habe eine Wahl mit Erdrutschsieg gewonnen. Ich habe ihm damals viele Vorteile verschafft, habe ihm in meiner ersten Amtszeit das Leben gerettet. Ich habe nicht die Absicht, nochmal mit ihm zu reden.“ Was wie persönliche Enttäuschung klingt, ist in Wahrheit eine offene Drohung. Trumps Warnung an Musk fiel mitten in Spekulationen, dass dieser sich bei den Midterms 2026 hinter demokratische Kandidat:innen stellen könnte. „Wenn er das tut, wird er die Konsequenzen tragen müssen“, sagte Trump – ohne zu präzisieren, was genau das bedeuten soll. Dass Musk über mehrere milliardenschwere Regierungsverträge verfügt, dürfte in Trumps Kosmos als ausreichender Hebel gelten.
Der Bruch zwischen dem Präsidenten und dem reichsten Mann der Welt kam nicht aus dem Nichts. Er begann Anfang der Woche, als Musk öffentlich gegen Trumps sogenanntes „Big Beautiful Bill“ Stellung bezog – ein umfassendes Gesetzespaket mit Steuererleichterungen, Ausgabenkürzungen und massiven sozialen Einschnitten. Musk nannte es eine „widerwärtige Abscheulichkeit“ und warnte vor einer dramatischen Ausweitung des Haushaltsdefizits. Was folgte, war ein digitaler Schlagabtausch der Superlative. Trump kritisierte Musk im Oval Office, Musk schlug auf X (ehemals Twitter) zurück – und warf Trump schließlich sogar vor, die vollständige Offenlegung seiner Verbindung zum verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein zu verhindern. In einem inzwischen gelöschten Beitrag behauptete Musk, die Regierung halte belastende Unterlagen zurück, weil Trump selbst in ihnen genannt werde.
Der Vizepräsident, J.D. Vance, versuchte derweil, den Streit herunterzuspielen – ohne dabei Musk zu verschonen. Im Gespräch mit dem rechtsgerichteten „Manosphere“-Comedian Theo Von sagte Vance: „Elon macht einen riesigen Fehler. Er ist ein emotionaler Typ, der gerade frustriert ist.“ Man hoffe, Musk kehre zurück „in die Gemeinschaft“, auch wenn er „vielleicht schon zu weit gegangen“ sei. Vance nannte Musk zwar einen „unglaublichen Unternehmer“, stellte aber klar, dass Trumps umstrittenes Effizienzministerium – das unter Musk Tausende entließ – „wirklich gut“ gearbeitet habe.
Das Interview, das am Donnerstag in einem Nashville-Restaurant von Trump-Vertrautem Kid Rock aufgezeichnet wurde, geriet schnell selbst zum Politikum. Theo Von, der im Mai noch bei einer Trump-Veranstaltung in Katar auftrat und mit rassistischen wie homophoben Witzen von sich reden machte, zeigte Vance auf seinem Handy Musks Behauptung, Trump verheimliche Epstein-Dokumente. Vance antwortete: „Absolut nicht. Donald Trump hat nichts Falsches mit Jeffrey Epstein gemacht.“ Und weiter: „Solche Sachen helfen niemandem.“
Auch Musks Forderung nach einer Amtsenthebung Trumps – verbunden mit dem Vorschlag, Vance solle ihn ersetzen – wies der Vizepräsident als „völlig verrückt“ zurück. „Der Präsident macht einen guten Job“, sagte Vance. Das Gesetz, das Musk so wütend machte, verteidigte er ebenfalls. Es gehe nicht primär um Einsparungen, sondern darum, die Steuerkürzungen von 2017 zu verlängern. Die Realität ist allerdings brisanter. Laut Berechnungen des unabhängigen Congressional Budget Office würde das Gesetz nicht nur Ausgaben und Steuern drastisch senken, sondern gleichzeitig 10,9 Millionen Menschen die Krankenversicherung entziehen – und das Defizit in den kommenden zehn Jahren um 2,4 Billionen Dollar steigen lassen.
„Es ist ein gutes Gesetz“, sagte Vance. „Kein perfektes – aber ein gutes.“
Was bleibt, ist ein zerstörtes Verhältnis zweier Männer, die einst gemeinsam die Zukunft gestalten wollten – zumindest jene, die sie für richtig hielten. Heute stehen sie sich gegenüber wie Feinde: der Präsident, der mit Drohungen regiert – und der Tech-Milliardär, der sich zu seinem größten Kritiker entwickeln könnte. Ein Konflikt mit wirtschaftlichen, politischen und persönlichen Konsequenzen. Und vielleicht mit dem Potenzial, das Machtgefüge im republikanischen Amerika nachhaltig zu verschieben.