Albanien, Armenien, Aber-baijan – wie man Kriege beendet, die es gar nicht gibt und Belgien ist eine wunderschöne Stadt

VonRainer Hofmann

Oktober 3, 2025

Der Präsident der freien Welt hebt die Weltgeschichte auf das Niveau einer Zungenbrecherprobe. „Ich glaube, wir haben Aber-baijan und Albanien beigelegt“, sagt Donald Trump, 79, und liefert damit den seltenen Moment, in dem ein Vokal mehr geopolitisches Gewicht hat als ein Munitionszug. Der Mann, der Kriege beendet, wie andere Kreuzworträtsel lösen, verwechselt erneut Armenien mit Albanien – und erfindet nebenbei das bis dato unbekannte Land „Aber-baijan“, ein Ort, an dem vielleicht Grammatik und Geografie gemeinsam Asyl beantragen.

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Während in den Pressereihen noch die Karteikarten rascheln, flackert in Kopenhagen ein Lächeln über Edi Ramas Gesicht, jenem albanischen Premier, der politisch malt und künstlerisch regiert. Neben Ilham Alijew, dem Präsidenten Aserbaidschans, wendet sich Rama an Emmanuel Macron und zündet die präziseste Ohrfeige des Abends: „Sie sollten Ilham Alijew und mir gratulieren. Trump hat den Konflikt zwischen Albanien und Aserbaidschan beendet.“ Man hört förmlich, wie im Hintergrund ein Globus schamrot anläuft. In Paris wird man später sagen, es sei „humorvoll“ gewesen. In Washington nennt man das „Außenpolitik per Autokorrektur“.

Der albanische Premierminister Edi Rama machte sich über Trump lustig, weil dieser wiederholt behauptete, er habe einen Krieg zwischen Albanien und Aserbaidschan beendet – und dabei sein Land mit Armenien verwechselte. Rama zu Frankreichs Präsident Macron: „Sie sollten Ilham Alijew und mir gratulieren. Trump hat den Konflikt zwischen Albanien und Aserbaidschan beendet.“

Man könnte meinen, es handle sich um einen Ausrutscher, doch die Pointe hat Stammbaum. Schon in der Vorwoche verwechselte Trump die Länder, als hielte er die Südkaukasuskarte für ein Ikea-Regal: viel „A“ im Namen, die Schrauben fehlen, aber das Ding steht schon irgendwie. Wer da noch Zweifel hatte, bekam sie zertifiziert. Gaffe Nummer zwei, diesmal mit britischem Zierrand, und wieder das stolze Selbstlob, man habe einen Krieg beigelegt, den man nicht mal korrekt aussprechen kann. Weltfrieden im Freestyle.

Ramas Nadelstich ist mehr als Hohn; er ist ein Lehrstück in diplomatischer Hygiene. Statt zur großen Abrechnung auszuholen, dreht er die Lautstärke auf Ironie und lässt die Aussage des US-Präsidenten im eigenen Echo verdampfen. Keine Empörung, kein Donnern – nur ein Satz, der so trocken ist, dass er Funken schlägt: „Trump hat den Konflikt zwischen Albanien und Aserbaidschan beendet.“ In Tirana und Baku weiß man: Der Satz trifft die Achillessehne, nicht den Knöchel. Denn wer zwei Länder verwechselt, verwechselt auch Verantwortung mit Rampenlicht. „Aber-baijan“ wird in die Annalen eingehen, irgendwo zwischen einem Tippfehler und einem Müsliriegel, den man Weltordnung nennt. Und doch ist es mehr als eine Pointe. Es ist eine Diagnose des politischen Zeitalters, in dem der Soundcheck für Staatskunst gehalten wird und der Teleprompter als Friedensstifter durchgeht. „Ich glaube, wir haben … beigelegt“ – das Ich ist groß, das Denken klein, die Sätze wandern wie Touristen ohne Stadtplan über den Kontinent. Währenddessen sortieren Diplomaten im Hintergrund die Realität: Armenien ist nicht Albanien, ein Fehler ist nicht zwei, und eine Pressekonferenz ist kein Friedensvertrag.

Man sagt, Namen seien Schicksal. In diesem Fall sind sie Geografie. Albanien gehört auf den Balkan, Armenien in den Südkaukasus, und „Aber-baijan“ – nun ja – in die Vitrine der politischen Kryptide, gleich neben dem „Bowling Green Massacre“ und der „Herdenimmunität bis Ostern“. Wer Kriege beendet, die es gar nicht gibt, spart am Ende nur eines: die Mühe, sie zu verstehen. Es bleibt die rhetorische Rauchgranate, die für eine Weile den Blick verstellt, bis jemand das Fenster öffnet und Luft hereinlässt. Ramas Fenster war ein Witz. Ein guter. Und ein notwendiger. Denn Satire ist in Zeiten wie diesen nicht die Dekoration der Wahrheit, sie ist der Notausgang. „Sie sollten uns gratulieren“, sagt er zu Macron und lächelt, als hätte er gerade einen Knoten gelöst, den andere mit beiden Händen fester ziehen. Alijew nickt höflich, Macron lächelt republikanisch, und irgendwo in einem amerikanischen Newsroom fragt ein Praktikant die Suchmaschine, ob „Aber-baijan“ überhaupt NATO-Mitglied ist.

Und wenn wir hier grade am träumen sind, erinnern wir uns doch an die weisen Worte von Donald. J. Trump vom 16. Juni 2016: „Belgien ist eine wunderschöne Stadt.“

Es ist ein tröstlicher Gedanke, dass die Welt noch über sich selbst lachen kann. Doch das Lachen hat Zähne. Denn hinter der Skurrilität steht eine ernste Frage: Wer die Landkarte verwechselt, verwechselt irgendwann die Landmarken, und wer Länder zu Lauten macht, macht Politik zur Lautstärke. „Ich glaube, wir haben … beigelegt.“ – mögen andere die Punkte setzen. Edi Rama es getan. Ende der Geschichte.

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Monica
Monica
8 Stunden zuvor

😂😂😂

Josef Sanft
Josef Sanft
2 Stunden zuvor

Also ich wohne in Belgien. Wirklich eine wunderschöne Stadt. Und Urlaub machen wir oft in Brüssel, ein kleines putziges Land ganz in der Nâhe.

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