Trump wollte die Rettungsarbeiten „nicht stören“, weshalb er erst jetzt nach Texas reise

VonRainer Hofmann

Juli 11, 2025

„Eine Katastrophe ohne Schuld, oder der Auftritt von Tiefpunkt in Hochform“ – Es war ein Anflug mit Ansage – und ein Besuch, der viele Fragen offenlässt. Am Freitag, dem 11. Juli 2025, landete Präsident Donald Trump gemeinsam mit First Lady Melania auf dem Luftwaffenstützpunkt Kelly Field in San Antonio. Ziel: das schwer getroffene Kerrville, rund 100 Kilometer nordwestlich gelegen, wo in der vergangenen Woche sintflutartige Regenfälle ganze Landstriche zerstört, mehr als 120 Menschenleben gekostet und über 170 weitere Menschen als vermisst hinterlassen haben. Besonders erschüttert: das Mädchen-Sommercamp „Camp Mystic“, wo mindestens 27 Kinder und Betreuerinnen starben – im Schlaf von Fluten überrascht, die durch die Fenster brachen. Trump kam, wie so oft, im Präsidialstil: mit Hubschrauber, Polizei-Eskorte und einem Pressetross, der ihn durch die Ruinen der Naturgewalt begleitete. Dabei wirkte der Präsident zugleich betroffen und distanziert. „Es ist eine schreckliche Sache, eine ganz schreckliche Sache“, sagte er auf dem Rollfeld in San Antonio. Und später, vor Reportern in Kerrville: „Niemand hätte so etwas kommen sehen. So viel Wasser, so schnell – das ist ein Ereignis, das nur alle 200 Jahre vorkommt.“ Der Satz fiel beiläufig, doch er passte ins Muster. Denn Trump vermeidet es auffällig, Verantwortlichkeiten zu benennen. Für ihn ist das Unglück vor allem ein Naturereignis – nicht etwa das Resultat jahrzehntelanger Versäumnisse in der Katastrophenvorsorge, bei Frühwarnsystemen oder im föderalen Zusammenspiel zwischen Washington und den Bundesstaaten. Die meisten der noch denkenden Journalisten wären am liebsten gegangen – doch auch das ist Teil des Jobs: so einem Kerl zuzuhören, ohne dabei mit Tomaten zu werfen.

Dabei steht ausgerechnet die Behörde im Fokus, die eigentlich dafür geschaffen wurde, solche Katastrophen zu bewältigen: FEMA, die Federal Emergency Management Agency. Trump hat sie im Wahlkampf mehrfach zur Disposition gestellt – seine Ministerin für Heimatschutz, Kristi Noem, fordert seit Monaten die vollständige Abschaffung der Behörde und will sie durch „staatliche Notfallstrukturen“ ersetzen. Ein „Rebranding“, wie es hinter vorgehaltener Hand im Weißen Haus heißt, ist die wahrscheinlichere Variante. Doch nach der Flutkatastrophe von Texas wird genau dieser Kurs nun zum politischen Bumerang. Denn wurde der Einsatz von Urban Search and Rescue Teams nach den ersten Notrufen vom 4. Juli um über 72 Stunden verzögert – weil Noem laut einem neuen Erlass persönlich jeden Vertrag über 100.000 Dollar genehmigen muss. Erst am darauffolgenden Montag gab sie grünes Licht. Für viele der Opfer war das zu spät. Man ist wieder sprachlos. Dennoch lobte Trump die Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften, stellte sich demonstrativ an die Seite von Gouverneur Greg Abbott, der den Präsidenten für sein rasches Katastrophenmanagement pries. Ja, wir reden weiter über Texas im Juli 2025. Auch Senatoren wie Ted Cruz und John Cornyn gaben sich solidarisch. Kerr Countys Kommissar Jeff Holt nannte Trumps Besuch „ein wichtiges Zeichen der Führung“, auch wenn man nach einer Woche später wohl mehr das Wort Feigheit benutzen sollte. Doch tatsächlich sprach Trump in Kerrville mit Helfern und Angehörigen, ließ sich neben einem Feuerwehrwagen und umgestürzten Bäumen fotografieren, versprach Bundesmittel – und flog nach drei Stunden weiter nach Bedminster, New Jersey. Am Straßenrand winkten Trump-Anhänger mit ihren kleinen Flaggen – und verstanden haben sie es immer noch nicht.

Doch, und auch das war unübersehbar, die mediale Kulisse konnte nicht darüber hinwegtäuschen, wie tief der politische Riss inzwischen ist. Denn während der Präsident öffentlich Anteilnahme zeigte, erinnerte Melania Trump auf X daran, „die Eltern in Texas in Gedanken zu halten“. Die Botschaft war emotional – doch viele fragen sich, warum das Weiße Haus nicht früher handelte. Warum waren die Warnsysteme so schlecht? Warum funktionierte die Alarmkette nicht? Und warum erklärt niemand, wie es sein kann, dass ein Kinderlager in einer Flussniederung ohne funktionierendes Frühwarnsystem betrieben wird? Jeff Holt, selbst Mitglied der freiwilligen Feuerwehr von Center Point, brachte es auf den Punkt: „Wenn Trump mich fragt, was wir brauchen, werde ich sagen: Mobilfunkmasten – und ein besseres Frühwarnsystem.“ Letzteres soll nun Thema einer Sondersitzung des texanischen Parlaments am 23. Juli werden. Auch darüber werden wir berichten. Doch ob daraus Konsequenzen erwachsen, ist unklar. Denn der politische Wind weht derzeit stark in Richtung Dezentralisierung – gerade auch im Katastrophenschutz. Trump selbst hatte vor seiner Abreise noch betont, dass er die Rettungsarbeiten „nicht stören“ wollte, weshalb er erst jetzt nach Texas reise. Bei diesem Satz Trumps ist vielen die Farbe aus dem Gesicht gefallen – eine Frechheit ohnegleichen. Doch viele sehen in diesem Timing eher Kalkül als Rücksicht. Denn Texas ist ein tiefroter Staat – ein sicherer Hafen für republikanische Inszenierung, ein Ort, an dem selbst Krisen zur Bühne für Präsidialpathos werden. Die Frage, ob Trumps Kahlschlagpolitik bei Wetterdiensten, FEMA und Infrastruktur am Ende dazu beigetragen hat, dass aus einer Flut eine Tragödie wurde, bleibt offen. Beantwortet wurde sie am Freitag jedenfalls nicht und am Straßenrand winkten ihm weiter viel zu; weil sie es nicht besser können, oder wollen. Die Wahrheit könnte zu niederschmetternd sein. So bleibt ein bitterer Beigeschmack. Nicht wegen des Besuchs an sich, sondern wegen seiner Inszenierung – und der Fragen, die niemand stellt. Eine Flut kann niemand verhindern. Doch wie eine Gesellschaft darauf reagiert – und ob sie ihre Schwächsten schützt – sagt am Ende mehr über ihre Führung aus als jedes Gruppenfoto vor einem Feuerwehrauto.

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Frank
Frank
3 Monate zuvor

sorry, aber der Typ verursacht bei mir jeden Tag Brechreiz!!! Wo sind die vernünftigen Ami???

Ela Gatto
Ela Gatto
3 Monate zuvor

Er wollte die Rettungsarbeiten nicht stören … und seine MAGA glauben es und jubeln ihm, trotz dieser Tragödie, zu.
Als wenn es um einen Besuch zu einer Parade gegangen wäre.

Abott, der gleiche Abott der Abtreibungen zum Schutz des Lebens komplett verbannt hat, wollte kein Warnsystem installieren.
Kein Warnsystem was Menschenleben gerettet hätte.
Wie Verlogen

Ted Cruz, der gleiche Ted Cruz der sich beim Kältesturm nach Mexiko begeben hat, während in seinem Wahlbezirk Menschen starben, steht an der Seite der Opfer.
Zynismus pur.

Und die Texaner?
Wählen die gleichen verlogenen MAGA.
Beten und Trauern.
Kritik, das scheint in deren Köpfen schon komplett ausradiert zu sein.

Katharina Hofmann
Admin
3 Monate zuvor
Antwort an  Ela Gatto

Aktuell ist in Texas Hopfen und Malz verloren

Pandar
Pandar
3 Monate zuvor

Ist das ein A____loch. Der gehört auf immer eingesperrt !

Frank Schwalfenberg
3 Monate zuvor

Was mich fast mehr erschüttert hat als diese Trump-Inszenierung ist dass in den Kommentaren zu den diversen Opfermeldungen von verschiedenen Fox-Sendern, die meisten das als Gottes Wille sehen. Wenn es keine Fakes waren, scheinen die Eltern der Opfer das auch so zu sehen. Sinngemäß lässt sich das so wiedergeben: „Es ist schmerzhaft, dass sie von uns gegangen ist. Aber Gott wollte es, dass sie jetzt an einem besseren Ort ist als hier. Er wollte dass es ihr besser geht.“
Vielleicht haben sie unbewusst ja auch schon verstanden, dass es überall besser ist als zur Zeit in den USA, sogar im Jenseits. Vielleicht. 🤔

Katharina Hofmann
Admin
3 Monate zuvor

Da hast du recht, in den USA ist ein wahrer gotteskreuzzug unterwegs, ausgelöst und gefördert vom glaubensbüro in washington

Ela Gatto
Ela Gatto
3 Monate zuvor

Genau das ist mein Eindruck.
Man muss das als Gott gegeben hinnehmen und fleißig beten.

Bloß keine Kritik am Heilsbringer Tru**.

In einem Interviewteil ist ihm ein Satz raus gerutscht, der nicht bezeichnender sein könnte.
Auf die Frage, was er den Familien sagt, die Kritik am nicht vorhandenen Warnsystem etc üben „Das sind teuflische Personen. (they are evil person)

Unglaublich.
Und MAGA jubelt weiter, Texas betet weiter und die Deportationen nehmen jeden Tag einen schlimmeres Verlauf.

Die USA ist eine Einzige große Sekte.
Wer nicht rein passt, bekommt eine Gehirnwäsche oder wird mundtot gemacht oder aber deportiert.

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