Es begann wie immer: mit einem Screenshot. Donald J. Trump, Präsident der Vereinigten Staaten und erster Mensch, der diplomatische Kommunikation via Signal-Screenshot öffentlich macht, hat mal wieder geliefert. Diesmal ein Text vom neuen NATO-Generalsekretär Mark Rutte. Inhalt: Lob für den „außergewöhnlichen“ Luftschlag gegen iranische Atomanlagen. Man möchte fast glauben, Rutte hätte gerade einem Kind zum ersten Bombenwurf gratuliert. „That was truly extraordinary.“ Wahrlich – zumindest für den Weltfrieden.
Während Trump über dem Atlantik schwebte – physisch im Flugzeug, geistig vermutlich irgendwo zwischen dem Golfplatz und einem Krypto-Konto – bereitete man sich in Den Haag auf seinen Auftritt vor. Eigentlich sollte es beim NATO-Gipfel um Verteidigungsausgaben gehen. Um 5 Prozent vom BIP, versteht sich. Nicht für Bildung, nicht für Klimaschutz. Nein, für Panzer, Drohnen und alles, was so schön kracht. Europa applaudierte pflichtschuldig. Doch dann funkte der Präsident: Israel und Iran hätten sich auf einen „vollständigen und totalen Waffenstillstand“ geeinigt. Dass beide Seiten dies umgehend dementierten? Details. Trump, ganz der selbsternannte Friedensfürst, präsentierte sich als Retter der Welt – die Raketen, die kurz darauf wieder flogen, ignorierte er ebenso lässig wie seine Verpflichtung gegenüber Artikel 5 des NATO-Vertrags. „Kommt auf die Definition an“, sagte er, als man ihn auf die gegenseitige Beistandspflicht ansprach. Ein Satz wie ein Putschversuch auf die Sprache selbst. Im Hintergrund rumorte es weiter. Al Green, Demokrat aus Texas, brachte ein neues Amtsenthebungsverfahren ein – diesmal wegen Trumps Alleingang bei den Iran-Bombardements. Der Vorwurf: „Autoritärer Machtmissbrauch.“ Man kennt das inzwischen. Trump selbst ignorierte die Kritik und lobte lieber, wie gut die Märkte auf seinen „Friedensplan“ reagierten. Die Wall Street, diese empfindsame Orchidee.
Derweil war die Lage für viele weniger profitabel: Spanischsprachige LKW-Fahrer in den USA bangen um ihre Jobs, weil Trump nun Englisch zur Voraussetzung für den Beruf macht. „Ein Fahrer, der kein Englisch versteht, wird kein kommerzielles Fahrzeug mehr fahren“, verkündete Verkehrsminister Sean Duffy. Ironie am Rande: Die meisten Schilder auf US-Highways sind ohnehin kryptischer als jede Shakespeare-Passage. Doch zurück zum NATO-Gipfel. Zwischen Vorspeise und Luftangriff traf Trump womöglich auch Volodymyr Selenskyj – sofern er nicht wieder früher abreiste, um zu twittern oder ein weiteres geheimes Signal-Foto zu veröffentlichen. Aus dem Oval Office hatte er Selenskyj zuletzt noch empfangen – in Anwesenheit von Marco Rubio und JD Vance, die man inzwischen nicht mehr ganz trennen kann von Trumps Innenleben. In Washington steigt derweil der Druck: Geheimdienstchefs wie Tulsi Gabbard (die sich offensichtlich für alles eignet – von Yoga über Wahlkampf bis Spionage) müssen dem Kongress erklären, wie genau diese ganze „präventive Bombardierung“ den Weltfrieden sichert. Demokraten wie Hakeem Jeffries befürchten, „Tausende amerikanische Leben“ seien in Gefahr. Das Weiße Haus hingegen scheint das Ganze als besonders teuren Spot für die Wiederwahlkampagne zu sehen: „Trump schützt Amerika – mit Bunkerbrechern.“ Ach ja, und dann wäre da noch das US-Wirtschaftsgefühl – gesunken auf den niedrigsten Stand seit COVID-19. Verbrauchervertrauen im freien Fall, obwohl Trump gerade Milliarden in Krypto pumpt und die Trump Organization fast zur Hälfte aus Blockchain besteht. Wenn das kein Vertrauen schafft.
Während NATO-Staaten 5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung locker machen und Europa sich fragt, wie man diesen Mann wieder loswird, demonstriert Donald Trump, dass man in einem Anzug, mit einem Telefon voller Geheimnachrichten und einem Twitter-ähnlichen Netzwerk namens „Truth Social“ noch immer die Weltbühne in ein absurdes Theater verwandeln kann. Die Welt brennt. Aber wenigstens gibt es einen Screenshot davon.