„Kein großartiger Tag für euch“ – Wie Donald Trump das Erbe des D-Day verhöhnt und die Würde des Amtes verspielt

VonRainer Hofmann

Juni 5, 2025

Es war ein Satz, so kalt und zynisch, dass er die Temperatur im Oval Office spürbar sinken ließ: „Das war kein großartiger Tag für euch.“ Gesagt von einem Präsidenten der Vereinigten Staaten – gerichtet an den deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz – ausgerechnet am Vorabend des 6. Juni, jenes historischen Datums, an dem vor 81 Jahren die Alliierten Europa von der NS-Diktatur zu befreien begannen. Doch Donald Trump, der sich einst als Heilsbringer inszenierte, scheint nur noch ein Echo seiner selbst zu sein: laut, taktlos, und ohne jedes Gespür für Geschichte.

Was sich in diesem bilateralen Gespräch zutrug, war mehr als eine diplomatische Entgleisung. Es war ein Blick in den inneren Zustand eines Mannes, der die Weltordnung nicht mehr verstehen will – oder nicht mehr kann. Friedrich Merz, bemüht um Haltung und historischen Takt, versuchte, an die transatlantische Verantwortung zu erinnern, an die Rolle Amerikas als Garant der Freiheit. Doch Trump konterte nicht mit Argumenten – sondern mit Spott. Es ist bezeichnend, wie leichtfertig Trump historische Tatsachen umdeutet, wie mühelos er Erinnerungspolitik mit einem einzigen Satz demontiert. Denn was bleibt, wenn ein amerikanischer Präsident den D-Day nicht als Befreiung anerkennt, sondern als nationale Demütigung des damaligen Gegners? Was sagt das über sein Geschichtsverständnis – und was über die ideologischen Linien, die seine zweite Amtszeit prägen?

Auch inhaltlich driftete das Gespräch bald ab in eine Mischung aus Eitelkeit und Abrechnung. Trump nutzte die Gelegenheit, um gegen Elon Musk auszuteilen – einst sein Aushängeschild für technologische Erneuerung, nun zur persona non grata erklärt, weil er sich gegen Trumps „Big, Beautiful Bill“ gestellt hat. Die politische Bühne wird zur Showbühne, das Kanzleramt zum Nebendarsteller in einem persönlichen Rachefeldzug.

Und doch wirft dieser Moment im Oval Office eine grundsätzliche Frage auf: Was ist aus Donald Trump geworden? Ein Mann, der einst behauptete, „nur er allein“ könne Amerika retten – steht nun da wie ein Alleinunterhalter, gefangen in seinem eigenen Spiegelkabinett aus Kränkung, Rechthaberei und Machtsucht. Die großen Linien globaler Verantwortung schrumpfen unter ihm zu privaten Schaukämpfen. Wo andere Führer reden, poltert er. Wo andere erinnern, beleidigt er. Wo Geschichte mahnt, verspottet er sie.

Der D-Day war kein „großartiger Tag für euch“ – so spricht niemand, der verstanden hat, was am 6. Juni 1944 geschah. So spricht jemand, der die Geschichte nicht ehrt, sondern sie als Requisit für seine Launen benutzt. Es ist diese Haltung, die den heutigen Moment so gefährlich macht. Denn wenn historische Wahrheit zur rhetorischen Munition wird, ist kein Raum mehr für Diplomatie. Nur noch für Eskalation.

Trump führt kein Land. Er inszeniert eine Vorstellung. Doch die Welt ist kein Theater – und Geschichte kein Skript, das man nach Belieben umschreibt. Wer das Amt des US-Präsidenten innehat, trägt Verantwortung. Und wer sie so fahrlässig verspielt, wie Trump es am 5. Juni tat, verspielt mehr als Ansehen – er verspielt das Vertrauen in eine globale Ordnung, die auf Anstand, Respekt und Erinnerung fußt. Man fragt sich unweigerlich: Wenn selbst der D-Day zur Pointe verkommt – was bleibt dann noch unantastbar?

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ClaraSieger
ClaraSieger
1 Monat zuvor

Trump ist nichts heilig, es ist alles nur eine große Show für ihn.
Ich danke dir übrigens sehr für die Formulierung “… an dem vor 81 Jahren die Alliierten Europa von der NS-Diktatur zu befreien begannen”. Ich habe heute schon so oft gelesen, dass wir Deutschen ja befreit wurden. Auch wenn ich verstehe, was damit ausgesagt werden soll, ist es doch wichtig sich dessen bewusst zu bleiben, dass Deutschland nicht auf der Opferseite stand, nicht befreit werden musste, sondern dass Europa (wie du es ja auch schreibst) vom deutschen Nationalsozialismus, die Lagerinsass:innen aus den KZs, die Zwangsarbeiter:innen und die Kriegsgefangenen befreit wurden.

Katharina Hofmann
Admin
1 Monat zuvor
Reply to  ClaraSieger

Nein, dieser Mensch ist einfach nur krank und einfach ein sehr schlechter mensch – danke für deine netten worte

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