Eine Bundesrichterin hat der großen Inszenierung ein Ende gesetzt: Karin Immergut, Az. 3:25-cv-01756, U.S. District Court for the District of Oregon, blockierte vorläufig die von der Trump-Regierung angekündigte Bundesfederalisierung der Oregon National Guard in Portland. Ihre Begründung ist entwaffnend schlicht: Die Proteste waren klein und weitgehend ereignisarm, ein Militäreinsatz würde die Souveränität Oregons beschädigen. Amerika, schreibt sie, sei „eine Nation des Verfassungsrechts, nicht des Kriegsrechts“. Mit anderen Worten: Rhetorik ersetzt keine Tatsachenlage.

Beschluss:
Aus den oben genannten Gründen gibt dieses Gericht dem Antrag der Kläger auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (TRO), ECF 6, statt und untersagt vorläufig das Memorandum der Beklagten vom 28. September 2025, mit dem die Bundesunterstellung und Entsendung von Angehörigen der Oregon National Guard nach Portland angeordnet wurde. Die TRO endet in vierzehn Tagen, am 18. Oktober 2025, und die Parteien werden angewiesen, der beigefügten TRO nachzukommen. Der Antrag der Beklagten, die einstweilige Verfügung auszusetzen oder verwaltungsrechtlich auszusetzen, vgl. die Gegenschrift der Beklagten zum Antrag der Kläger auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, ECF 35, S. 41, wird abgelehnt.
SO ANGEORDNET
Datiert auf den 4. Oktober 2025 um 15:40 Uhr Pacific Daylight Time.
Karin J. Immergut
United States District Judge
Geklagt hatten Bundesstaat und Stadt – und sie lieferten, was zählte: Belege, dass die Demonstrationen an der ICE-Anlage zuletzt mehr als nur überschaubar waren. Gerade deshalb wirkte die Ankündigung, 200 Guard-Soldaten zu „federalisieren“, wie ein Lautsprecher, der das Rauschen hochdreht. Tatsächlich wuchsen die Proteste erst nach der Einsatzankündigung an. Die Polizei meldete zwei Festnahmen wegen Körperverletzung, ein großer Marsch blieb ohne Festnahmen. Vor der ICE-Einfahrt setzten Bundeskräfte Reizgas und Pepperballs ein, mindestens sechs Menschen wurden festgenommen, davon zwei aus dem MAGA-Lager. Eskalation durch Ankündigung – nicht durch Lage. Aus dem Weißen Haus kam das erwartbare Echo: Man werde in der Berufung siegen, der Einsatz sei rechtmäßig und zum Schutz von Personal und Gebäuden notwendig. Oregons Attorney General Dan Rayfield konterte trocken: Portland sei nicht die „kriegszerstörte Fantasie“ des Präsidenten – und die Nationalgarde kein Requisit für politisches Theater.

Das Muster ist bekannt. Schon 2020 schickte die Trump-Regierung gegen den Willen lokaler Verantwortlicher Hunderte Bundesbeamte nach Portland – offiziell zum Schutz des Bundesgerichts. Das Ergebnis: nächtliche Zusammenstöße, Tränengas, Gummigeschosse, unmarkierte Vans. Später stellte der DHS-Inspekteur fest: Rechtsgrundlage grundsätzlich vorhanden, aber vielen Einsatzkräften fehlten Ausbildung und Ausrüstung. In diesem Jahr zahlte der Bund nach einer ACLU-Klage Entschädigungen wegen übermäßiger Gewalt. Parallel das größere Tableau: Drohungen oder Entsendungen auch nach Los Angeles, Washington, Chicago, Memphis; in L.A. erklärte ein Gericht den Masseneinsatz rechtswidrig, ließ aber einen kleinen Resttrupp ohne zivilpolizeiliche Befugnisse vorerst stehen – die Berufung läuft. Im Kern dreht sich alles um eine simple Frage: Wann darf die Exekutive Militärlogik in zivile Räume tragen? Immerguts Antwort ist ein Stoppschild: Nicht bei kleinen, überwiegend friedlichen Kundgebungen. Nicht, wenn die Tatsachen die Erzählung nicht tragen. Nicht, wenn föderale Macht über die staatliche Souveränität rollt, nur um eine Schlagzeile zu bedienen.
Für Portland bedeutet der Beschluss vor allem eines: Abrüsten der Sprache. Kein „Krieg“, kein „Chaos“, kein „Tod und Zerstörung“ – sondern ein Stadtblock, Streit über Migrationspolitik und die Pflicht, Maß zu halten. Für Washington heißt es: Echte Beweise liefern oder umdrehen. Bis dahin gilt der Satz, der sich heute so leicht schreibt und politisch so schwer wiegt: Jungs, ihr könnt wieder umdrehen. Doch eine Frage wird bleiben wie ein Donnerhall: „Wer macht jetzt die Parkanlagen sauber?“
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