Es war ein Tag der juristischen Zäsuren, diplomatischen Spannungen und gesellschaftspolitischen Rückschritte – und ein Tag, der deutlich machte, wie tiefgreifend sich die zweite Amtszeit von Donald Trump auf die USA und ihre Stellung in der Welt auswirkt. In New Hampshire setzte ein Bundesrichter am Donnerstag eine folgenschwere Entscheidung außer Kraft: Trumps umstrittenes Dekret zur Beendigung des Geburtsortsprinzips – der automatischen Staatsbürgerschaft für in den USA geborene Kinder – wurde vorläufig gestoppt. Gleichzeitig geraten andere Säulen der Regierung ins Wanken: Die humanitäre Kritik an US-Sanktionen gegen UN-Beamte wächst, LGBTQ+-Rechte werden weiter abgebaut, und im Hintergrund wirft der Iran-Angriff neue Schatten auf Trumps außenpolitische Strategie. Die Vereinigten Staaten taumeln zwischen Gerichtsbeschlüssen, moralischen Grenzüberschreitungen und einem Präsidenten, der nach wie vor keinen Zweifel daran lässt, dass seine Politik vor allem eins ist: kompromisslos. Der Bundesrichter Joseph LaPlante aus New Hampshire kündigte an, eine Sammelklage zuzulassen, die sich gegen Trumps Präsidialerlass zur Abschaffung des „birthright citizenship“ richtet – ein fundamentaler Pfeiler der amerikanischen Verfassung seit 1868. Die Klage umfasst alle Kinder, die durch das Dekret betroffen wären, und wird begleitet von einer einstweiligen Verfügung, die das Inkrafttreten der Regelung vorerst blockiert. Die Maßnahme – mit einer siebentägigen Aussetzung zur Berufung – markiert einen wichtigen juristischen Zwischenschritt auf dem Weg zum Supreme Court, der bereits in einem Urteil im Juni die Möglichkeiten bundesweiter einstweiliger Verfügungen eingeschränkt hatte. Doch der aktuelle Fall könnte nun zur ersten großen Bewährungsprobe dieser neuen Rechtsprechung werden. Die Trump-Regierung dürfte die Berufung schnell anstoßen – zunächst vor dem Bundesberufungsgericht in Boston, bevor der Supreme Court das letzte Wort haben wird. Gleichzeitig spitzt sich der Ton in Washington weiter zu. Während Trump öffentlich auf den Rücktritt von Fed-Chef Jerome Powell drängt – diesmal wegen angeblich überzogener Renovierungspläne mit Marmorböden und Dachterrassen im Hauptquartier der Zentralbank – kommen schwere Vorwürfe aus der UNO. Dort bezeichnete Sprecher Stéphane Dujarric die US-Sanktionen gegen die UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese, die Menschenrechtsverletzungen in Gaza untersucht, als „inakzeptabel“ und warnte vor einem „gefährlichen Präzedenzfall“. Es sei nicht hinnehmbar, dass ein Mitgliedsstaat durch einseitige Strafmaßnahmen unabhängige UN-Experten mundtot mache.
Auch innenpolitisch schreitet der institutionelle Umbau weiter voran. Der Senat bestätigte Bryan Bedford als neuen Chef der Luftfahrtbehörde FAA, während Verkehrsminister Sean Duffy übergangsweise auch die Leitung der NASA übernimmt – nach Trumps Rückzug der Nominierung des umstrittenen Tech-Milliardärs Jared Isaacman. Die Nominierung von Susan Monarez zur Leiterin der CDC passierte am Donnerstag das Gesundheitskomitee des Senats – ein seltener Lichtblick für die wissenschaftliche Expertise im Trump-Kabinett. Währenddessen schlagen die Vereinten Nationen Alarm: Der abrupte Rückzug der USA aus der globalen AIDS-Bekämpfung habe einen „systemischen Schock“ ausgelöst, so die zuständigen UN-Behörden. Sollten die entfallenen Mittel nicht ersetzt werden, drohen laut Prognosen bis 2029 über vier Millionen AIDS-bedingte Todesfälle und sechs Millionen neue HIV-Infektionen weltweit. Der Rückzug ist Teil einer breiteren Linie: Nur Stunden später wurde bekannt, dass die Trump-Regierung auch die Vorschriften zum Schutz von LGBTQ+-Schüler:innen in Schulverpflegungsprogrammen gestrichen hat – ein weiterer Schritt im gezielten Rückbau sozialer und menschenrechtlicher Fortschritte der vergangenen Jahre. Gleichzeitig ist es um die Wirksamkeit von Trumps Angriff auf Irans Atomanlagen überraschend still geworden. Die Defence Threat Reduction Agency, die für die Entwicklung der GBU-57 „Bunker Buster“-Bomben verantwortlich ist, erklärte am Donnerstag, man warte noch immer auf verlässliche Daten darüber, ob die Bomben tatsächlich die Tiefe erreicht haben, für die sie konstruiert wurden. Während Präsident Trump in öffentlichen Statements behauptete, die iranischen Atomanlagen seien „ausgelöscht“ worden, kam ein früher Bericht der Defense Intelligence Agency zu einem ganz anderen Ergebnis: Die Programme seien lediglich um einige Monate zurückgeworfen worden. Zwei hochrangige Behördenmitarbeiter, die anonym bleiben wollten, bestätigten, dass eine Bewertung der Wirkung bislang schlicht nicht möglich sei – was Fragen aufwirft zu Trumps voreiliger Siegesrhetorik. Israels Premierminister Benjamin Netanyahu, der während seiner USA-Reise unter anderem Präsident Trump getroffen hatte, beendete am Donnerstag seinen Aufenthalt – begleitet von einem Memorial für zwei ermordete Botschaftsmitarbeiter und ohne greifbaren Durchbruch bei der Waffenruhe mit der Hamas. In einer Videoerklärung kündigte er an, man wolle ein „temporäres“ 60-Tage-Abkommen mit US-Unterstützung abschließen, das Raum für Verhandlungen schaffen solle. Bedingung für einen dauerhaften Frieden sei jedoch die vollständige Entwaffnung der Hamas – ein Ziel, das derzeit kaum realistisch erscheint. So unterschiedlich die Themen auch erscheinen mögen – sie eint ein Grundgefühl: dass unter Trump nicht nur Gesetze, sondern auch demokratische Standards systematisch verschoben werden. Während Gerichte versuchen, den letzten Damm gegen willkürliche Dekrete zu halten, geraten internationale Beziehungen, Institutionen und Menschenrechte zunehmend unter Druck. Der 10. Juli 2025 war nicht der Tag eines Umsturzes – aber ein Tag, an dem die Zerreißprobe dieser Präsidentschaft in all ihren Facetten sichtbar wurde. Und der gezeigt hat, dass selbst im Sturm noch jemand versucht, das Steuer herumzureißen – sei es ein Bundesrichter in New Hampshire oder eine UN-Stimme in New York. Doch wie lange diese Widerstände noch halten, ist offen.
