Ein Minister unter Druck – ein Video, das keine Ausreden mehr erlaubt und ein Admiral, der jegliche Glaubwürdigkeit verliert

VonRainer Hofmann

Dezember 4, 2025

Der Tag brachte eine Reihe von Aussagen, die das Bild eines Verteidigungsministers vertiefen, der Grenzen überschritten hat – politisch, militärisch und sicherheitstechnisch. Während die Ausschüsse im Senat und im Repräsentantenhaus Hegseths Rolle untersuchen, zeigt sich, wie weit die Bewertungen auseinanderliegen. Der republikanische Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Roger Wicker, erklärte, Hegseth habe „innerhalb seiner Befugnisse“ gehandelt, als er Einsatzdetails über Signal verschickte. Sein demokratischer Gegenpart Jack Reed sah das Gegenteil: Er sprach von einem klaren Verstoß gegen Vorschriften und einer „rücksichtslosen Missachtung der Sicherheit amerikanischer Soldaten“. Jeder andere, so Reed, hätte dafür „schwere Konsequenzen, bis hin zur möglichen Strafverfolgung“ zu erwarten.

Admiral Bradley und General Caine erschienen um 8:33 Uhr auf dem Capitol Hill, ein stiller Moment, der dennoch die Dringlichkeit widerspiegelt, die über diesem Tag liegt. Zwei Spitzenmilitärs, deren Entscheidungen in der Karibik nun das Zentrum eines politischen Bebens sind, betreten das Gebäude ohne ein Wort, begleitet nur vom Klicken der Kameras. Für den Geheimdienstausschuss zählt heute jedes Detail, jede Erklärung, jede Ausrede weniger. Hinter verschlossenen Türen wird es um Verantwortung gehen, um Befehlsketten, um das Schweigen eines Apparats, der sich zu gern selbst überlässt. Der frühe Auftritt zeigt, wie groß der Druck geworden ist – und wie viele in Washington wissen, dass die Antworten nicht länger warten können.

Während diese Debatte im Senat tobt, saß Jim Himes im Geheimdienstraum des Repräsentantenhauses und sah ein Video, das sich kaum relativieren lässt. Zwei Männer, erschöpft, verletzt, ohne jede Möglichkeit, sich zu bewegen, harren in einem zerstörten Boot aus. „Admiral Bradley hat eine bemerkenswerte Karriere und er hat meinen Respekt“, sagte Himes. Doch was dann kam, ließ den Raum verstummen:

„Aber was ich dort gesehen habe, war eines der beunruhigendsten Dinge meiner gesamten Zeit im öffentlichen Dienst. Zwei Menschen, klar erkennbar in Not, ohne irgendeine Möglichkeit der Fortbewegung, in einem zerstörten Boot – wurden von den Vereinigten Staaten getötet.“

„Das Video wird, so denke ich, alle Fragen beantworten, die derzeit im Raum stehen, und das Rechtsgutachten wird die Grundlage für die gesamte Operation darlegen“, sagte Reed.

Diese Sätze spiegeln nicht nur Entsetzen wider, sondern die ernüchternde Erkenntnis, dass ein Einsatz außer Kontrolle geraten sein könnte.

FOX: „Kongressabgeordneter Jim Himes (D) sagte, ihnen sei das ungeschnittene Video des zweiten Angriffs gezeigt worden – und er erklärte: ‚Was ich in diesem Raum gesehen habe, gehört zu den beunruhigendsten Szenen, die ich in meiner gesamten öffentlichen Laufbahn gesehen habe.‘“ (Selbst FOX NEWS übernahm das Zitat, ein nicht alltäglicher Vorgang bei diesem Sender)

Vor diesem Hintergrund wirkt die Aussage, die aus dem Senat durchsickerte, kaum beruhigend. Admiral Frank Bradley erklärte in der vertraulichen Unterrichtung, es habe keinen so formulierten „Tötet sie alle“-Befehl von Verteidigungsminister Hegseth gegeben. Wie aber genau der Befehl lautete, ließ Bradley offen. Das wirft nicht nur Fragen über seine Glaubwürdigkeit auf, sondern ist ein Baustein für die nächste Frage: „Wie soll der Befehl sonst gelautet haben, wenn man sich die Bilder und den Verlauf anschaut? Und: „Was hätte Bradley sonst sagen sollen?“ – Senator Tom Cotton verteidigte den Einsatz und nannte die zweite Attacke gerechtfertigt. Doch die demokratischen Abgeordneten sehen das anders – vor allem, nachdem sie das Video gesehen haben, das die letzten Minuten der beiden Überlebenden zeigt. Dass ein militärischer Befehl angeblich nicht exakt so lautete, ändert aber nichts an der Tatsache, dass die USA zwei unbewaffnete Männer töteten, die nach dem ersten Angriff keinerlei Gefahr mehr darstellten.

Siehe auch unseren Artikel: „Die Operation, über die niemand sprechen darf – und der Mann, der sie ausgelöst hat – Eine investigative Recherche“ – unter dem Link: https://kaizen-blog.org/die-operation-ueber-die-niemand-sprechen-darf-und-der-mann-der-sie-ausgeloest-hat-eine-investigative-recherche/

Parallel dazu wurde der Bericht des Generalinspekteurs veröffentlicht – und er setzt ein weiteres Schlaglicht auf Hegseths Umgang mit Verantwortung. Der Bericht kritisiert die Nutzung nicht genehmigter Apps im gesamten Verteidigungsministerium. Besonders brisant: Hegseth verschickte Details über einen bevorstehenden Luftschlag im Jemen zwei bis vier Stunden vor dem Einsatz. Anzahl der Jets, genaue Flugzeiten, operative Abläufe – alles in einer Signal-Gruppe. Der Bericht stellt klar, dass diese Weitergabe das Risiko eines Fehlschlags und die Gefahr für amerikanische Pilotinnen und Piloten deutlich erhöhte. Es waren keine „harmlosen Informationen“, wie Hegseth später behauptete. Dass er anschließend schrieb: „Keine geheimen Informationen. Völlige Entlastung. Fall abgeschlossen. Houthis in die Knie gezwungen“, wirkte wie der Versuch, die eigenen Fehler hinter großen Worten zu verstecken. Siehe dazu auch unseren Artikel: „Aus Versehen im Kriegsrat – Wie die Trump-Regierung einem Journalisten ihre Militärschläge über Signal verriet“ – unter dem Link: https://kaizen-blog.org/aus-versehen-im-kriegsrat-wie-die-trump-regierung-einem-journalisten-ihre-militaerschlaege-ueber-signal-verriet/

Die Summe der Vorgänge ergibt ein Bild, das sich nicht mehr glätten lässt. Ein Video, das zwei hilflose Männer zeigt. Ein Minister, der sensible Einsatzdaten über private Kanäle verschickt. Ein Kongress, der zwischen Verharmlosung und Alarm pendelt. Und ein Admiral, der zugleich respektiert wird und dennoch im Zentrum eines Einsatzes steht, dessen Rechtmäßigkeit und seine Glaubwürdigkeit ernsthaft infrage steht. Die kommenden Tage werden entscheiden, ob Washington bereit ist, diese Fragen offen zu stellen – oder ob erneut die Türen schließen und die Öffentlichkeit mit Scheinwahrheiten abgespeist wird.

Fortsetzung folgt …

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Irene Monreal
Irene Monreal
19 Stunden zuvor

Da ist doch der ganze Laden auf Drogen und meint, sie sind die Akteure in einem Computerspiel 🤬. Der eine spielt Börse, der nächste Marktplatz, der andere jagt Leute in die Luft, zwischendurch treffen sie sich auf ein paar Whiskey und prahlen mit ihren „Punkten“.
Und niemand stoppt diesen Wahnsinn!

Muras R.
Muras R.
19 Stunden zuvor
Antwort auf  Irene Monreal

Das einzig „Lustige“ ist, dass ich genau die dieselben Bilder im Kopf hatte wie Sie😬

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