Die Hungerrepublik – und ihr Präsident im Marmorbadezimmer

VonRainer Hofmann

November 1, 2025

Es gibt politische Symbole, die Geschichte schreiben – und dann gibt es die Toiletten des Donald Trump. Während im Land Millionen Menschen nicht wissen, wie sie ihre nächste Mahlzeit bezahlen sollen, hat der Präsident beschlossen, das Weiße Haus an der Stelle zu erneuern, die seiner Amtszeit am nächsten kommt: dem Badezimmer. Am Freitag trat Karoline Leavitt, Trumps Pressesprecherin, virtuell ans Rednerpult – und twitterte, als habe sie eine Offenbarung erlebt. „„Als ich zum ersten Mal erfuhr, dass es eine solche Toilette im Weißen Haus gibt, war ich entsetzt. “ schrieb sie. Entsetzt, ja traumatisiert, offenbar von der Vorstellung, dass im Lincoln Bathroom einst grüne Fliesen existierten. Die junge Sprecherin, die sonst den Kollaps der Demokratie mit dem Lächeln eines Homecoming-Queens begleitet, jubelte weiter: „Präsident Trump macht das Haus des Volkes eleganter und schöner – für kommende Generationen von Amerikanern!“

Unter ihrem Post prangte ein weiterer: Donald Trump persönlich verkündete, er habe das „Lincoln Bathroom“ im Weißen Haus „renoviert“ – um die „Art-Deco-Grün-Kacheln“ der 1940er Jahre zu tilgen. Diese seien, so der Präsident, „völlig unangemessen für die Lincoln-Ära“ gewesen. Nun habe er das Bad „in schwarz-weiß poliertem Statuary-Marmor“ gestalten lassen – „passend für die Zeit Abraham Lincolns“ und womöglich aus „dem Marmor, der ursprünglich dort war“.
Dazu zwei Fotos: links die angeblich entweihte grüne Fliesenhölle, rechts das neue, glänzende Marmorheiligtum – golden akzentuiert, wie eine Mischung aus Caesars Palast und einer Las-Vegas-Luxus-Suite.

Die Szene entbehrt nicht der Tragikomik: Ein Präsident, der Toiletten restauriert, um Geschichte zu retten. Ein Kabinett, das über Marmor spricht, während die Sozialhilfe eingestellt wird. Alle Gerichtsurteile dazu waren mehr als bloße juristische Niederlagen – sie waren eine moralische Ohrfeige. Sie zwangen eine Regierung, ihren eigenen Bürgern zu geben, was längst bezahlt war. Dass es dazu Richter brauchte, ist der eigentliche Skandal. Und eine Pressesprecherin, die auf einer Social-Media-Plattform in religiöser Verzückung die Ästhetik eines Spülbeckens verteidigt. Das „Haus des Volkes“, heißt es, werde „eleganter und schöner“ – als ginge es um die Rettung der Nation durch Sanitärdesign. Leavitts „Horrified“-Moment ist längst zu einem Symbol geworden. Nicht etwa für moralischen Schrecken, sondern für eine Regierung, die die Fassung verliert, wenn eine Wand zu grün ist, aber keine bei Hunger, Krieg oder Zensur. Während Trump den Marmor auf Hochglanz polieren lässt, explodiert die Demokratie darunter.

Amerika 2025 – Donald Trump spricht von „Betrug“, von „Illegalen“, von „Systemmissbrauch“. Er behauptet, der Staat werde ausgeraubt, die Hilfe ginge an „Fremde“. Doch die Zahlen lügen nicht. Laut den offiziellen Daten der Food and Nutrition Service des Landwirtschaftsministeriums sind 89,4 Prozent der SNAP-Empfänger in den USA geboren, weitere 6,2 Prozent eingebürgert. Nur 3,3 Prozent sind keine Staatsbürger. Selbst wenn man Flüchtlinge hinzurechnet, bleibt der Anteil nicht-amerikanischer Bezieher unter vier Prozent. Mit anderen Worten: Fast 95 Prozent derer, die Lebensmittelhilfe erhalten, sie sind keine Fremden – sie sind Amerika.

Doch der Tonfall, mit dem das alles präsentiert wird, verrät die eigentliche Ideologie: Schönheit als Macht, Oberfläche als Wahrheit, Ästhetik als Moral. Das Bad des Präsidenten wird zum Symbol einer Herrschaft, die alles Unangenehme abwäscht – bis nur noch das eigene Spiegelbild bleibt.
Leavitt sagt, sie sei „entsetzt“ gewesen. Wir wissen nun, wovor: nicht vor der Geschichte, sondern vor der Normalität. Denn wenn sich eine Regierung über die Farbe von Fliesen schockiert, während sie Millionen die Lebensmittelhilfe entzieht, dann ist das kein Witz mehr, sondern die vollkommene Satire. Ein Präsident, der seine Toiletten nach Lincoln benennt und seine Politik nach Versailles formt, steht nicht auf einem Thron – er sitzt darauf.

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Anna-Maria Wetzel
Anna-Maria Wetzel
8 Stunden zuvor

Es ist schockierend, mit welchen Bildern die Maßlosigkeit dieses alten, unfähigen Menschen, den Bürgern verkauft wird. Trump sind die Bürger der USA total egal. Er baut sich lieber sein Versailles mit Triumphbogen. Dieser korrupte Mann gehört hinter Gitter, denn er ist eine Gefahr für die ganze Welt. Europa sollte sich endlich emanzipieren und nicht als Spielball fungieren. Wer weiß denn, was in diesem Hirn noch alles schlummert?

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