Die gottgewollte Unterwerfung – Eine Andacht aus dem Weißen Haus

VonRainer Hofmann

Juni 27, 2025

Manchmal beginnt der Rückfall in die Finsternis nicht mit einem Donnerschlag, sondern mit einem Mikrofon und einem Satz, der klingt wie aus dem Katechismus des Jahres 1425. „Gott hat eine Ordnung“, verkündete kürzlich Paula White-Cain, die Leiterin von Donald Trumps Glaubensbüro – und erklärte dabei mit heiligem Ernst, Frauen müssten sich Männern „unterordnen“. Die Szene wirkt wie ein Kabarettstück für eine Welt, die längst keines mehr sehen will: Im Hintergrund Stars and Stripes, im Vordergrund eine Frau, die das Hohe Amt ihrer eigenen Unterlegenheit verwaltet. Man könnte lachen, wenn es nicht so ernst wäre. Man könnte weinen, wenn es nicht so erwartbar wäre. Denn dies ist kein Irrtum. Es ist Programm. Der Himmel als Verfassungsorgan. Die Berufung auf göttliche Ordnung ist in Trumps zweitem Amerika zur säkularen Gesetzesgrundlage geworden. Wo früher die Verfassung sprach, spricht nun die Bibel. Genauer: eine Interpretation jener Passagen, die sich besonders gut zur Disziplinierung eignen. Die Frau als Fußnote des Mannes – so steht es geschrieben, so wird es nun verkündet. Dass diese Botschaft von einer Frau kommt – von Paula White-Cain, evangelikale Fernsehpredigerin und langjährige spirituelle Beraterin Donald Trumps – ist kein Zufall, sondern Teil der Choreografie. Die freiwillige Unterwerfung wird zum moralischen Sieg verklärt. Nicht der Patriarch ist das Problem – sondern jene, die sich nicht in seine Ordnung fügen wollen. Man nennt das geistige Kriegsführung. Mit einem Lächeln.

Die neue Moralpolizei heißt Glaubensbüro – Das Glaubensbüro ist keine Behörde im klassischen Sinne. Es ist ein Resonanzraum für die moralische Rückabwicklung. Hier wird definiert, was Sünde ist und was Substanz hat. Und die Frau? Sie hat sich unterzuordnen. Punkt. Wer glaubt, dies sei ein Zufallsprodukt religiösen Eifers, irrt: White-Cain, die sich in Fernsehpredigten regelmäßig als Sprachrohr göttlicher Botschaft inszeniert, agiert längst als ideologische Statthalterin jener Ordnung, die Frauen nicht schützt, sondern einhegt – ins Private, ins Schweigen, ins Gebet. Das patriarchale Theater als nationale Erweckung. Dass ein solcher Satz heute wieder öffentlich ausgesprochen wird – und nicht etwa in einem Hinterzimmer fundamentalistischer Zirkel, sondern unter der Flagge des Weißen Hauses –, sagt mehr über den Zustand Amerikas als jede Umfrage. Trump, der sich gern als Messias des „gesunden Menschenverstands“ inszeniert, überlässt das Feine den Frommen. Während er Zölle predigt, predigen andere die Wiederherstellung der Hierarchie. Es ist eine Arbeitsteilung aus dem Lehrbuch autoritärer Gesellschaftsmodelle: der Mann regiert, der Glaube legitimiert, die Frau gehorcht. So entsteht eine Ordnung, in der alles seinen Platz hat – solange es der von gestern ist. Amen heißt jetzt: Schweig.

Es ist kein Zufall, dass solche Aussagen von Raw Story kommen, einer Plattform, die sich dem Fortschritt verschrieben hat. Denn dort, wo die öffentlichen Medien schweigen oder relativieren, bleiben es oft nur noch die unbequemen Beobachter, die den Finger auf das legen, was sich wiederholt: die sanfte Rückkehr in eine Welt, in der Gehorsam als Tugend gilt und Widerspruch als Krankheit. White-Cain, deren Einfluss im „Office of Faith and Opportunity Initiatives“ stetig gewachsen ist, fungiert dabei nicht nur als Predigerin, sondern als politische Architektin eines neuen amerikanischen Puritanismus. Ihre Theologie der Unterordnung ist keine Privatmeinung – sie ist Regierungspraxis. „Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, den Leuten zu sagen, was sie nicht hören wollen.“ Vielleicht sollte dieser Satz über dem Eingang des Glaubensbüros stehen. Gleich neben dem Schild: „Frauen bitte hinten anstellen.“ Denn in Trumps Amerika regiert der Himmel wieder mit. Und wie jeder weiß: Der liebe Gott ist dort oben – aber der Mann sitzt ganz sicher im Sessel darunter.

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Nils Sturman
Nils Sturman
4 Monate zuvor

As with all things Trump, not one degree, not one qualification, not one hint of actual experience or expertise. These demagogues wouldn’t stand a chance in the presence of an academic expert, be it RFK and medicine, Hegseth and the military, Trump and the economy, or White-Cain (what a revealing name?!) and matters of religion. The only upside I can see at the moment with regards to the spiritual landscape of America is that there is a massive revival in moderate, progressive and deconstructionist Christianity. White Protestant-evangelicalism is dying. Good riddance. I wonder how long the rotting corpse of MAGA-Christ will be left untouched, in its Stalinesque glass coffin and mausoleum.

Katharina Hofmann
Administrator
4 Monate zuvor
Antwort auf  Nils Sturman

That’s an astute observation — and painfully accurate. What we’re witnessing isn’t leadership, it’s performance art for the aggrieved. These figures thrive not despite their ignorance, but because of it. Their entire appeal rests on anti-intellectualism, on the illusion that “common sense” and loud certainty can replace study, nuance, and experience. And yet, beneath the noise, something hopeful is stirring. You’re right: a quiet revolution is taking place in American spirituality. Progressive, justice-oriented, and theologically honest movements are gaining ground. Deconstruction isn’t destruction — it’s healing. The old idols are crumbling, even as their worshipers cling harder than ever. Let them have their glass coffins. The rest of us are moving on.

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