Es begann mit einer Vision – einer Vision, die in der Höhe schwebte wie eine Pizza-Lieferdrohne und stach wie ein sibirisches Kampfdrohnenmodell. Was einst als harmlose Idee verkauft wurde, als ziviles Projekt, das Pakete ausliefert und Felder überwacht, hat sich in den blutigen Schlachten der Ukraine als tödliche Wahrheit entpuppt. Russlands Drohnenindustrie, die sich als Leuchtturm technologischen Fortschritts inszeniert, ist in Wahrheit ein Schattenreich des Krieges. Ein Milliardenmarkt, der auf Lügen, Täuschung und dem Blut anderer beruht.
Im Jahr 2023 versprach das „Zentrum für Urban Air Mobility Management“ (UAMOC) – eine von Moskau gegründete Tech-Initiative – eine Zukunft, in der Drohnen Lebensmittel und Pakete an die Haustüren der Menschen liefern würden. Andrey Anikin, der stellvertretende CEO, prahlte mit Partnerschaften mit Supermärkten wie VkusVill und der russischen Post. Doch während Anikin Investoren mit diesen Cyberpunk-Visionen lockte, wuchs UAMOC zu einem Titan der russischen Drohnenindustrie heran – und zwar nicht auf den Straßen Moskaus, sondern über den Schlachtfeldern der Ukraine.
Hinter der zivilen Fassade, hinter den Marketing-Versprechen und den Hochglanzbroschüren des „Moscow Innovation Cluster“ (MIC), verbirgt sich eine Armee der Lüfte. UAMOC investierte massiv in Unternehmen wie Harpyia, Sibiryachok und Bumerang – Firmen, die Drohnen für das russische Militär herstellen. Fabriken in besetzten Gebieten wie Luhansk wurden zu Trainingslagern für Drohnenpiloten, die sich auf den Kampf vorbereiteten.
Russlands Drohnenindustrie hat seit dem Einmarsch in die Ukraine 2022 einen Boom erlebt. Was als Garagen-Start-ups begann, hat sich zu einem Imperium mit jährlichen Umsätzen von mindestens 130 Milliarden Rubel (1,6 Milliarden US-Dollar) entwickelt. Über 200 Milliarden Rubel (2,4 Milliarden US-Dollar) wurden in die Produktion investiert. Unternehmen wie Omnitreid und UAMOC, die vor weniger als drei Jahren gegründet wurden, zählen heute zu den umsatzstärksten Drohnenherstellern des Landes.
Doch das Geheimnis ihres Erfolgs ist ein dreckiges. Diese Firmen, die sich als „Zentren für urbane Mobilität“ und „Technologie-Start-ups“ präsentieren, sind nichts anderes als militärische Waffenhersteller, die tödliche Technologien entwickeln. UAMOC und seine Partner produzieren Drohnen, die gezielt gegen ukrainische Truppen eingesetzt werden – und die sich aus chinesischen Komponenten zusammensetzen.
China: Die unsichtbare Lebensader der russischen Drohnen
Während Russland den Import fertiger Drohnen aus China fast vollständig eingestellt hat, sind die Importe von Drohnenkomponenten wie Motoren, Batterien und Steuerungssystemen explodiert. Der Gesamtwert der importierten UAV-Teile hat sich auf 500 Millionen US-Dollar verdreifacht. Rustakt, ein führender Hersteller, importierte zwischen 2023 und 2025 fast 40 Milliarden Rubel (494 Millionen US-Dollar) an chinesischen Drohnenkomponenten – ein Rekord.
Ohne China würde Russlands Drohnenindustrie sofort zusammenbrechen. Der Großteil der Drohnen, die heute über den Schlachtfeldern der Ukraine kreist, fliegt dank chinesischer Technologie. Und das ist kein Zufall. Russland nutzt Schlupflöcher und Drittländer wie Kasachstan, um die Sanktionen zu umgehen und weiterhin Zugang zu chinesischen Komponenten zu haben.
Vom Zivilen zum Militärischen – Die Tarnung der Drohnenhersteller
Viele der größten russischen Drohnenunternehmen präsentieren sich als zivile Technologieanbieter. Sie sprechen von landwirtschaftlichen Drohnen, von Drohnen für die Umweltüberwachung, von Paketzustellern und Telekom-Inspektoren. Doch diese Maskerade fällt schnell, wenn man einen Blick hinter die Kulissen wirft.
Sibir und Sibiryachok: Diese Unternehmen, die offiziell Drohnen für zivile Zwecke herstellen, liefern ihre Produkte in Wirklichkeit direkt an die russische Armee. Ihre Drohnen sind an vorderster Front im Einsatz.
UAMOC: Die einstige „Stadtmobilitätsinitiative“ ist heute ein Netzwerk militärischer Drohnenfabriken, das Drohnen entwickelt, produziert und für den Fronteinsatz schult.
Rustakt: Der größte Drohnenhersteller, dessen Modelle wie der „VT-40“ (auch „Sudoplatov“ genannt) regelmäßig auf den Schlachtfeldern der Ukraine eingesetzt werden.
Der Krieg als Geschäft – Russische Drohnenfirmen und ihre Profite
Die Unternehmen, die diese Kriegsdrohnen produzieren, sind keine Idealisten. Sie sind die Kriegstreiber der modernen Zeit, die ihr Blutgeschäft hinter einer Fassade der Innovation verstecken. Der Umsatz der führenden Firmen in der russischen Drohnenindustrie spricht eine deutliche Sprache: Omnitreid, ein auf Komponenten spezialisierter Hersteller, erzielte 2024 einen Umsatz von 514,2 Millionen US-Dollar – und das in weniger als zwei Jahren seit seiner Gründung. AG-Logistik, ein weiteres Unternehmen, das ebenfalls in den Drohnenmarkt eingestiegen ist, verzeichnete im gleichen Zeitraum Einnahmen von 167,29 Millionen US-Dollar. UAMOC, ein Unternehmen, das sich als „Hersteller und Managementgesellschaft“ präsentiert, erwirtschaftete in nur zweieinhalb Jahren einen Umsatz von 150,55 Millionen US-Dollar. Atlant Aero, ein Anbieter für unbemannte Luftfahrzeuge, erreichte in weniger als eineinhalb Jahren 74,67 Millionen US-Dollar. Es sind Namen, die auf den ersten Blick harmlos wirken. Doch hinter den Logos und Markennamen stecken tödliche Technologien, deren einzige Bestimmung der Krieg ist.
Russlands Drohnenindustrie ist ein Paradebeispiel für die Kreml-Strategie, zivile Technologien für militärische Zwecke zu nutzen. Das Moscow Innovation Cluster (MIC), das offiziell als Plattform für Start-ups und Technologieförderung fungiert, ist in Wahrheit ein militärischer Rüstungsarm. Unternehmen wie UAMOC nutzen diese Plattform, um sich als zivile Akteure zu tarnen, während sie in Wirklichkeit Drohnen für den Krieg produzieren.
Ein Imperium auf tönernen Füßen
Trotz des rasanten Wachstums und der Milliarden-Umsätze ist die russische Drohnenindustrie extrem verletzlich. Ihr Herzstück – die chinesischen Komponenten – ist ihre Achillesferse. Sollte China den Export von Miniatur-Elektromotoren oder anderen Schlüsselteilen einstellen, würde Russlands Drohnenproduktion zum Stillstand kommen. Die mächtige Kriegsmaschine, die Putin aufgebaut hat, würde ohne chinesische Unterstützung zusammenbrechen.
Doch solange China liefert, wird Russlands Drohnenindustrie weiter wachsen – und mit ihr die Liste der Opfer. Ein Netz der Täuschung und des Todes, getarnt als Zukunftstechnologie. Ein Milliardenmarkt, der vom Krieg lebt.