Die AFD und die Operation „Gebärstreik“

VonRainer Hofmann

Februar 17, 2025

Die Aufforderung der AfD zur Steigerung der Geburtenrate als Instrument des völkischen Denkens – So tickt die AFD auch weiterhin. Die Alternative für Deutschland (AfD) hat sich in ihrer politischen Ausrichtung immer wieder auf nationalistische und völkische Themen berufen. Ein besonders kontroverser Punkt ist die wiederholte Forderung, dass deutsche Frauen mehr Kinder bekommen sollten, um die „deutsche Identität“ zu bewahren. Diese Aufforderung steht nicht nur in einem fragwürdigen Zusammenhang mit völkischem Gedankengut, sondern wirft auch grundlegende ethische und gesellschaftspolitische Fragen auf. Im Folgenden werden die Hintergründe, die Wortführenden, sowie die Implikationen dieser Rhetorik beleuchtet.

Ursprung des Begriffs
Der Begriff wurde ursprünglich in feministischen und soziologischen Kontexten diskutiert, um auf strukturelle Probleme hinzuweisen, die Frauen davon abhalten, Kinder zu bekommen, wie z. B. fehlende Kinderbetreuung, unsichere Arbeitsverhältnisse oder mangelnde Gleichstellung. Später wurde er von konservativen und rechtspopulistischen Akteuren aufgegriffen und mit nationalistischen Forderungen verknüpft.

1. Historische und ideologische Wurzeln
Die Forderung nach einer Erhöhung der Geburtenrate unter einer spezifischen Bevölkerungsgruppe hat eine lange Geschichte und ist tief in nationalistischen Ideologien verwurzelt. Schon während der NS-Zeit wurde die Geburtenförderung als Mittel zur Stärkung des „Volkskörpers“ propagiert. Die AfD greift, bewusst oder unbewusst, auf diese Ideologien zurück, wenn sie das Narrativ eines „demographischen Niedergangs“ mit dem Verlust der deutschen Identität verknüpft.

Drohkulisse eines „Bevölkerungsschwunds – Die Nationalsozialisten verbreiteten die Angst vor einem „Volkstod“ durch sinkende Geburtenraten. Diese Idee wurde eng mit der Vorstellung eines „Bevölkerungskampfes“ gegen vermeintlich „fremde Rassen“ verknüpft. Joseph Goebbels, Propagandaminister, warnte vor einer „Verweichlichung“ der deutschen Gesellschaft, wenn Frauen ihre „natürliche Aufgabe“ als Mütter vernachlässigten. Dieser Druck auf Frauen, ihre Gebärfähigkeit der Nation zu widmen, wurde als patriotische Pflicht inszeniert.

2. Zentrale Akteure und Zitate
Besonders prägnant tritt Björn Höcke, der Fraktionsvorsitzende der AfD in Thüringen, mit ähnlichen Aussagen in Erscheinung. In seinem Buch „Nie zweimal in denselben Fluss“ und öffentlichen Reden fordert er eine „demographische Wende“. In einer Rede in Dresden sagte er: „Wir müssen die deutsche Frau wieder dazu ermutigen, mehr Kinder zu bekommen, um unser Volk vor dem Aussterben zu bewahren.“

Ebenso erklärte Alice Weidel, Co-Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, in einer Debatte: „Deutschland braucht eine familienfreundlichere Politik, die dafür sorgt, dass deutsche Familien wieder mehr Kinder bekommen.“ Die Formulierung „deutsche Familien“ ist hier bewusst gewählt, um zwischen autochthonen Deutschen und anderen Bevölkerungsgruppen zu unterscheiden.

3. Völkisches Gedankengut
Die Forderung nach einer steigenden Geburtenrate bei deutschen Frauen wird häufig mit der These eines „Bevölkerungsaustauschs“ verknüpft, die ebenfalls von der AfD propagiert wird. Diese Verschwörungstheorie suggeriert, dass Migrant*innen gezielt eingesetzt würden, um die einheimische Bevölkerung zu verdrängen. Höcke sprach in diesem Zusammenhang von einem „lebensgefährlichen Schrumpfen des deutschen Volkes“. Frauenpolitik im NS-Regime: Gebären als Pflicht

Im Dritten Reich wurde die Gebärfähigkeit von Frauen politisiert und instrumentalisiert. Die nationalsozialistische Ideologie sah Frauen primär als Mütter des „arischen Volkskörpers“. Adolf Hitler erklärte in „Mein Kampf“ (1925), dass der Fortbestand des Volkes durch die Geburtenrate gesichert werden müsse. Mit der Einführung des Mutterkreuzes (1938) wurde die Anzahl der Kinder direkt ausgezeichnet: Frauen mit vier, sechs oder acht Kindern erhielten staatliche Ehren als „Verdienst für das Vaterland“. Propagandistische Schlagworte wie „Kinder statt Inder“ (ähnlich der heutigen Rhetorik) unterstrichen die rassistische und völkische Ausrichtung dieser Politik. Ziel war es, die „arische Rasse“ zahlenmäßig zu stärken, während „unwertes Leben“ durch Zwangssterilisationen und Vernichtungsprogramme dezimiert wurde

4. Gesellschaftliche Kritik
Die Aufforderung der AfD stieß auf breite Kritik, sowohl in der Wissenschaft als auch in der Gesellschaft. Kritiker*innen verweisen darauf, dass solche Aussagen Frauen auf ihre Rolle als Gebärerinnen reduzieren und grundlegende Prinzipien der Gleichberechtigung verletzen. Zudem wird die Forderung als Ausdruck einer Biopolitik interpretiert, die versucht, Bevölkerungspolitik entlang ethnischer Linien zu steuern. Der Demograph Reiner Klingholz betonte: „Die Geburtenrate in Deutschland ist nicht das Problem. Vielmehr müssen wir uns fragen, wie wir Migration und Integration gestalten, um den Herausforderungen des demographischen Wandels zu begegnen.“

5. Politische Instrumentalisierung
Die Rhetorik der AfD zielt darauf ab, Angst vor einem Verlust der nationalen Identität zu schüren. Indem sie die Demographie als zentrales Problem darstellt, lenkt sie von anderen Herausforderungen ab und schafft ein Narrativ, das Migrant*innen als Bedrohung stilisiert. Gleichzeitig werden Frauen politisch instrumentalisiert, um völkische Ideale zu befördern. Die Forderung der AfD, deutsche Frauen sollten mehr Kinder bekommen, ist ein Ausdruck von völkischem Denken und nationalistischer Ideologie. Sie reduziert Frauen auf ihre Rolle als Gebärerinnen und ignoriert die Vielschichtigkeit der demographischen und gesellschaftlichen Realitäten. Statt konstruktive Lösungen für Herausforderungen wie Migration, Integration und soziale Gerechtigkeit anzubieten, schürt die AfD Angst und greift auf diskriminierende Narrative zurück. Die gesellschaftliche und politische Debatte muss darauf abzielen, solche Ideologien kritisch zu hinterfragen und demokratische Werte zu verteidigen.

Im NS-Regime wurde die Frau auf ihre Rolle als Mutter reduziert, die dem „Führer und Vaterland“ Kinder zu schenken habe. Arbeitsverbote für verheiratete Frauen und Kampagnen wie „Die deutsche Frau und ihr Lebensraum ist die Familie“ unterstrichen dies. Die AfD schlägt in dieselbe Kerbe, wenn sie in ihrem Familienpolitischen Programm fordert, Frauen stärker zur Familienarbeit zu bewegen und ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der „traditionellen Mutterrolle“ einzuschränken. Das gilt es mit aller Macht zu bekämpfen.

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