„Das ist eine Lüge. Und ich kann meinen Namen nicht unter ein solches Schreiben setzen“ – Der Fall Kilmar García

VonRainer Hofmann

Oktober 22, 2025

Es ist ein Satz, der in Washington nachhallt: „Das ist eine Lüge. Und ich kann meinen Namen nicht unter ein solches Schreiben setzen.“ Mit diesen Worten hat der ehemalige Regierungsanwalt Erez Reuveni in der CBS-Sendung 60 Minutes ausgesprochen, was viele seit Monaten eigentlich wussten – dass die Trump-Regierung ihn anwies, in einem Gerichtsverfahren über Kilmar Ábrego García falsche Angaben zu machen. Reuveni, der jahrelang im Justizministerium arbeitete, berichtet, er habe sich geweigert, eine Erklärung zu unterzeichnen, die Ábrego García als Mitglied der berüchtigten MS-13-Bande darstellen sollte. „Das ist weder sachlich richtig noch juristisch haltbar. Das ist eine Lüge“, sagte er. Kurz darauf verlor er seinen Posten. Bereits in einem der ersten Verfahren widersprach Reuveni im Gerichtssaal den Vorwürfen des Justizministeriums, was für Aufsehen sorgte. Siehe auch unseren Artikel: „Der Schatten des Staates – Wie eine Ehefrau gegen die Entmenschlichung ihres Mannes kämpft“ vom 17. April 2025 unter dem Link: https://kaizen-blog.org/der-schatten-des-staates-wie-eine-ehefrau-gegen-die-entmenschlichung-ihres-mannes-kaempft/

Whistleblower des US-Justizministeriums Erez Reuveni sagt, er erinnere sich daran, dass der damalige hochrangige Ministeriumsbeamte Emil Bove bei einer internen Besprechung zu den anwesenden Anwälten gesagt habe, sie müssten möglicherweise in Erwägung ziehen, einem Gericht zu sagen: „F* you.“**

Moderator Scott Pelley fragte in der Sendung: „Sie sagen also nicht, Ábrego García sei ein Chorknabe, sondern nur, dass niemand beweisen konnte, dass er ein Terrorist ist?“ Reuveni antwortete: „Darum geht es gar nicht. Entscheidend ist, dass alles, was sie mit ihm gemacht haben, gegen sein verfassungsmäßiges Recht auf ein faires Verfahren verstößt. Wenn eine Regierung entscheiden kann, dass sie dich nicht mehr mag, und dich dann einfach zum Verbrecher erklärt – was hindert sie daran, das morgen wieder zu tun?“ Der Fall Kilmar Ábrego García, 32, aus Maryland, ist zu einem Symbol geworden für die systematische Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze. Im März 2025 wurde er festgenommen und nach El Salvador abgeschoben – unter der falschen Behauptung, er sei ein Mitglied von MS-13. Wochen später musste die Regierung einräumen, dass keine Beweise dafür existieren.

Anstatt den Fehler einzugestehen, versuchte das Weiße Haus, den Fall mit neuen Anschuldigungen zu rechtfertigen. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt erklärte im April, Ábrego García sei nicht nur Teil der Bande gewesen, sondern auch in Menschenhandel verwickelt und ein „Anführer einer terroristischen Organisation“. Keine dieser Behauptungen ließ sich belegen. Wir hatten in vielen Artikeln darüber berichtet, weil wir in die Recherchen eingebunden sind, in Salvador waren. Inzwischen befindet sich Ábrego García wieder in den USA – in einem ICE-Haftzentrum in Pennsylvania. Nach monatelanger Prüfung seiner Akte und interner Ermittlungen steht er nun kurz vor seiner Entlassung. Selbst in Regierungskreisen gilt sein Fall inzwischen als juristisches Fiasko, das zum Symbol für den moralischen und institutionellen Verfall des Justizsystems geworden ist.

Für Trump war die Geschichte nützlich – ein weiterer Baustein seiner Kampagne, die Migranten pauschal zu Kriminellen erklärte. Für die Justiz war sie ein Verrat an den eigenen Grundsätzen. Und für das Land bleibt sie eine Warnung: Wenn Macht wichtiger wird als Recht, ist niemand mehr sicher. Erez Reuveni hat seinen Job verloren, weil er sich weigerte, zu lügen. Kilmar Ábrego García hat Monate seiner Freiheit verloren, weil er zum Feindbild gemacht wurde. Und Amerika hat einmal mehr gezeigt, dass es in den Händen der Falschen nicht nur seine Moral, sondern auch seine Seele verlieren kann.

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Ela Gatto
Ela Gatto
4 Stunden zuvor

Er spricht es mutig aus.
Erstaunlicherweise wird es sogar gesendet.

Es zeigt, wie sich Trump an einem Mann abarbeitet.
Das ist so armseelig.

Und Kilmar hat es einen großen Teil seines Lebens gekostet, Spuren hinterlassen.

Er wird in den USA, unter Trump, nie sicher sein.
Das ist das Traurige daran.

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