Die AfD Gauersheim lädt zum „Barbara-Kaffee“ ein und möchte über die Heilige Barbara informieren. Ausgerechnet eine Partei, deren Weltbild im direkten Widerspruch zu jener Figur steht, die sie nun feierlich präsentieren will. Denn Barbara ist nicht nur ein freundliches Adventssymbol, als das sie gelegentlich erscheint, sondern eine Gestalt, deren Geschichte eine klare Haltung zu Macht, Freiheit und Menschenwürde erkennen lässt.

Sie war eine junge Frau, die eine neue Religion kennenlernte – eine Lehre, die aus dem Ausland kam und sich langsam in ihrer Heimat ausbreitete. Ihr Vater und die selbsternannten Heimatschützer reagierten darauf mit Verachtung. Für sie war jede Veränderung eine Bedrohung, jede Öffnung ein Zeichen von Schwäche. Barbara jedoch sah in der neuen Botschaft etwas anderes: die unbedingte Würde jedes einzelnen Menschen, die Kraft der Nächstenliebe, die Aussicht auf einen Glauben, der nicht knechtet, sondern befreit. Trotz Drohungen ließ sie sich taufen, obwohl sie eingesperrt wurde und wusste, dass ihr Schritt gefährlich war. Ihr Vater und seine Gefolgsleute beantworteten ihren Mut mit Gewalt – am Ende mit dem Tod.

Gerade deshalb steht Barbara theologisch wie historisch für das Gegenteil jener Ideologie, die die AfD in Teilen vertritt. Sie verkörpert Gewissensstärke statt Unterordnung, Freiheit statt Abschottung, Menschenwürde statt Abwertung. Ihr Leben erzählt von einer Haltung, die Macht nicht als Mittel der Einschüchterung begreift, sondern als Verantwortung gegenüber dem Schwächeren. Barbara durchbrach Mauern – geistige wie tatsächliche –, während rechtsradikale Bewegungen politische Zäune errichten und Angst zur Leitlinie machen.

Wenn die AfD versucht, eine solche Figur für ihre Zwecke einzuspannen, entsteht ein Bild, das unfreiwillig entlarvend wirkt. Es ist, als würde ein Drache ein Seminar zur Brandbekämpfung anbieten. Die Rollen passen nicht zueinander, und wer sie dennoch zusammenführt, macht die Widersprüche nur sichtbarer.

Ein „Barbara-Abend“, der diesen Namen verdient, müsste diese Geschichte vollständig erzählen. Er müsste anerkennen, wofür Barbara steht, und welche Konsequenz das für eine Bewegung hätte, die Härte zum Prinzip erhebt. Würde man das ernst nehmen, wäre der einzig logische Schluss ein gemeinsamer Beschluss zur eigenen Auflösung. Zum Schluss bleibt ein Hinweis an die Menschen in der Region: Wer einen Barbarazweig ins Wasser stellt, setzt ein Zeichen für Hoffnung, für Erneuerung und für eine Demokratie, die offen, wach und widerstandsfähig bleibt. Barbara erinnert daran, dass Stärke aus Freiheit entsteht – nicht aus Angst.
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