Amerikas neuer Kurs und die Köpfe dahinter – Europas Warnung vor einer Gefahr von innen

VonRainer Hofmann

Dezember 8, 2025

Wir haben vor wenigen Tagen über Trumps neues Strategiepapier geschrieben und die vollständigen Dokumente veröffentlicht. Seit Monaten warnen wir vor der politischen Stoßrichtung aus Washington und den Rollen von Russell Vought und E. J. Antoni, deren große Einflüsse in diesem Papier unverkennbar sind. Für uns waren beide nie Namen am Rand, sondern die zentralen Ideologen hinter einem Kurs, der Europa offen herausfordert. In Europa hatte man das auf die leichte Schulter genommen, die Medien schwiegen, Recherche kostet ja Geld. Den ausführlichen Artikel „Amerikas neuer Angriff auf Europa – Trumps Strategiepapier ist eine Kriegserklärung für einen ganzen Kontinent“ finden Sie unter dem Link: https://kaizen-blog.org/amerikas-neuer-angriff-auf-europa-trumps-strategiepapier-ist-eine-kriegserklaerung-fuer-einen-ganzen-kontinent/ – und unsere Artikel: „Der „Project2025 – Mann“, der den Staat und die Welt demontiert – Eine investigative Recherche“ – unter dem Link: https://kaizen-blog.org/der-project2025-mann-der-den-staat-und-die-welt-demontiert-eine-investigative-recherche/ sowie unseren Artikel: „Unsere Recherchen zeigen: Der Project 2025-Architekt mit der Nazi-Kunst soll Amerikas Zahlen kontrollieren“ – unter dem Link: https://kaizen-blog.org/unsere-recherchen-zeigen-der-project-2025-architekt-mit-der-nazi-kunst-soll-amerikas-zahlen-kontrollieren/

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António Costa wählte seine Worte mit Bedacht, und doch war in jedem Satz ein Alarmton zu hören. Der Präsident des Europäischen Rates stellte klar, dass Europa sich nicht von Washington diktieren lässt, welche politischen Kräfte künftig den Kontinent prägen sollen. Die neue Sicherheitsstrategie der Trump-Regierung, ein Papier, das Russland ausdrücklich begrüßt, versucht den Spagat zwischen vermeintlicher Partnerschaft und politischer Einflussnahme – und Europa merkt genau, was da passiert. Costa sagte es ohne Umweg: „Verbündete drohen einander nicht mit Einmischung in die innenpolitischen Entscheidungen.“ Doch genau das ist der rote Faden dieses Dokuments. Es zeichnet europäische Staaten als wankend, als unfähig zum Selbstschutz, als Projekt, das nur noch mit US-Korrektur überleben könne. Und zwischen den Zeilen findet sich das, was man in Brüssel nur mit Vorsicht ausspricht: ein unterschwelliger Schulterschluss mit Europas extremen Rechten.

Die Strategie, die Russland sofort als „völlig in Einklang mit unserer Sicht“ lobte, ist kein technisches Papier. Sie ist ein politisches Signal. Sie kritisiert Europas Freiheitsrechte, stichelt gegen Migrationspolitik und behauptet, der Kontinent stehe vor „zivilisatorischer Auslöschung“. Es ist genau jene Wortwahl, die nationalistische Parteien in Europa seit Jahren nutzen, um Zweifel zu säen, Gesellschaften zu spalten und demokratische Institutionen anzugreifen. Costa warnte deshalb, dass die USA nicht das Recht hätten, europäischen Wählern vorzuschreiben, welche Parteien „gut oder schlecht“ seien. Die Geschichte Europas kenne die Folgen solcher Einmischung. Wer Freiheit schützen will, muss sich gegen den Versuch wehren, politische Entscheidungen aus Washington heraus zu beeinflussen.

Fabian Zuleeg vom European Policy Centre brachte es noch deutlicher auf den Punkt: Die Strategie werde Europas Nationalisten stärken – und zwar genau jene Kräfte, die die EU von innen heraus schwächen wollen. Seine Einschätzung ist nicht überzogen. Wenn Washington demokratische Institutionen infrage stellt und gleichzeitig politische Gruppen stützt, die in Europa gegen Rechtsstaatlichkeit arbeiten, dann verschiebt sich das transatlantische Gleichgewicht. Und Zuleeg formulierte es in einem Satz, der in Brüssel hängen bleiben wird: „Trumps Amerika ist kein Verbündeter Europas, sondern ein Gegner seiner Freiheiten.“ Für viele mag das wie eine Übertreibung klingen. Doch wer die Strategie liest, erkennt, warum dieser Satz fällt.

Auch die Reaktion aus Berlin ließ keinen Zweifel: Der Sprecher der Bundesregierung stellte klar, dass man die scharfen Töne gegen Europa zurückweist. Die Rede von fehlender Meinungsfreiheit sei Ideologie, keine Analyse. Deutschland betonte, dass politische Freiheiten Grundwerte seien und dass Europas Schutzmechanismen nicht von Washington beurteilt werden. Und doch bleibt der Eindruck bestehen, dass die Trump-Regierung ein Europa bevorzugt, das schwächer ist – und abhängiger.

Gleichzeitig läuft der Krieg in der Ukraine weiter. Fast vier Jahre nach der Invasion sucht Washington nach einem Weg, den Konflikt zu beenden. Doch im Strategiepapier steht etwas anderes im Vordergrund: Die USA wollen die Beziehungen zu Russland verbessern, um „strategische Stabilität“ wiederherzustellen. Für Moskau ist das ein Geschenk. Für Kyjiw ein Warnsignal. Costa brachte es klar zum Ausdruck: Diese Strategie zielt nicht auf einen gerechten Frieden ab, sondern auf ein Ende der Kampfhandlungen – und auf Ruhe im Verhältnis zu Russland. Das Problem ist nur: Russland bleibt eine Gefahr, egal wie freundlich man das Papier formuliert. Europäische Geheimdienste warnen, dass Moskau in wenigen Jahren bereit sein könnte, ein weiteres europäisches Land ins Visier zu nehmen, wenn die Ukraine fällt. Das Papier nennt Russland nicht einmal mehr eine Bedrohung – eine Sichtweise, die in Berlin auf klare Ablehnung stößt. Deutschland verweist stattdessen auf die gemeinsame Bewertung der NATO, die Russland nach wie vor als langfristige Gefahr einstuft.

Damit bleibt der Befund eindeutig: Europa sieht eine Verschiebung in der amerikanischen Außenpolitik, die Risiken schafft, statt sie zu mindern. Während die USA von „Stabilität“ sprechen, sieht Europa ein Machtvakuum, das Russland gerne füllen würde. Während Washington über „Freiheitsbedrohungen“ durch Europa spricht, erleben europäische Staaten eine reale Gefahr – in Form eines Krieges, der vor ihrer Haustür stattfindet. Und während Trump in seiner Strategie vorgibt, Verbündete stärken zu wollen, stärkt er vor allem jene Kräfte, die Europas Zusammenhalt untergraben wollen.

Die politische Lage ist kompliziert. Doch eines ist klar: Europa hat der Einmischung aus Washington Grenzen gesetzt. Und dieser Schritt war notwendig. Denn der Kampf um die Zukunft des Kontinents wird nicht nur in Kyjiw entschieden – sondern auch in den politischen Räumen, in denen Europa bestimmt, wer für es spricht und wer nicht. Gesprächsbereitschaft ja – aber nicht um den Preis der eigenen Souveränität. Europa hat es heute deutlich gesagt. Und Washington sollte gut zuhören.

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