„Magic Seas“ versenkt – Huthi-Rebellen greifen Frachter im Roten Meer an

VonRainer Hofmann

Juli 9, 2025

Erstmals seit Monaten ist wieder ein ziviles Handelsschiff im Roten Meer Opfer eines gezielten Angriffs geworden. Nach übereinstimmenden Berichten internationaler Medien und Sicherheitsdienste wurde der unter liberianischer Flagge fahrende, griechisch besessene Massengutfrachter Magic Seas am Sonntag von bewaffneten Einheiten der jemenitischen Huthi-Miliz angegriffen, schwer beschädigt und schließlich versenkt. An Bord befanden sich Düngemittel und Stahlknüppel, bestimmt für den türkischen Markt. Die 22-köpfige Besatzung sah sich gezwungen, das Schiff auf offener See zu verlassen. Der Angriff erfolgte mit einer Vielzahl von Waffen: Drohnen, Raketen, Panzerfäusten und automatischen Schusswaffen. Videoaufnahmen, die inzwischen durch mehrere unabhängige Quellen bestätigt wurden – darum hatten auch wir mit der Veröffentlichung noch gewartet –, zeigen Kämpfer in Kampfausrüstung beim Entern des Schiffs, kurz darauf folgen massive Explosionen, die große Teile des Rumpfes zerreißen. Die Magic Seas sank innerhalb weniger Stunden. Über Verletzte oder Todesopfer lagen zunächst keine gesicherten Informationen vor, die Crew wurde laut ersten Angaben von einem nahegelegenen Handelsschiff gerettet.

Die Attacke stellt den ersten erfolgreichen Angriff der Huthis auf ein Handelsschiff seit Dezember 2024 dar und markiert eine deutliche Eskalation im seit Monaten schwelenden Schattenkrieg auf dem Seeweg. Die jemenitischen Rebellen hatten bereits im vergangenen Jahr mehrfach Frachter angegriffen, mit Raketen, Drohnen und maritimen Sprengsätzen – stets mit dem erklärten Ziel, Israel wirtschaftlich zu isolieren und „die Versorgungslinien der Zionisten“ zu unterbrechen. Die Magic Seas war laut Schiffsdatenbank zwar nicht direkt auf dem Weg nach Israel, durchquerte aber eine Route, die von den Huthis als Teil der „Feindlogistik“ eingestuft wird. Der Angriff wurde auf offiziellen Telegram-Kanälen der Huthi-Miliz inzwischen mit triumphalen Worten bestätigt und in den Kontext ihres sogenannten Gaza-Embargos gestellt. Die strategische Bedeutung des Roten Meeres, insbesondere der Meerenge Bab al-Mandab zwischen Jemen und Dschibuti, ist enorm: Rund 12 % des weltweiten Handels passieren diesen Korridor, darunter große Teile der Energieversorgung Europas und Asiens. Bereits in den vergangenen Monaten hatten zahlreiche Reedereien ihre Routen geändert und fuhren stattdessen den deutlich längeren Weg um das Kap der Guten Hoffnung – mit entsprechenden Auswirkungen auf Lieferketten, Kosten und Versicherungsprämien. Der Angriff auf die Magic Seas dürfte diesen Trend weiter verschärfen. Erste Analysen sprechen bereits von einer neuen Phase operativer Fähigkeiten der Huthis, die offenbar nicht mehr nur auf Drohnen setzen, sondern auch wieder verstärkt auf direkte Kommandoaktionen auf hoher See.

Westliche Militärbeobachter sehen in dem Vorfall nicht nur eine humanitäre und wirtschaftliche Bedrohung, sondern auch ein deutliches Signal an Israel und seine Verbündeten: Trotz massiver Bombardierungen und US-geführter Operationen im Jemen sind die Huthi-Strukturen offenbar weiterhin in der Lage, komplexe Angriffe durchzuführen – auch fernab ihrer Küstenstützpunkte. Die US-Regierung hat bislang nicht offiziell auf den Vorfall reagiert, doch Pentagon-nahe Kreise sprechen von „sorgfältiger Lagebewertung“ und einer möglichen Neuausrichtung der Schutzmissionen in der Region. In israelischen Medien hingegen wird der Angriff bereits als gezielte Provokation gewertet – und als Test, wie weit die USA bereit sind, ihre maritime Präsenz in einem zunehmend feindlichen Umfeld auszudehnen. Für die internationale Schifffahrt ist der Angriff ein alarmierender Weckruf. Der vermeintliche Rückgang der Angriffe im ersten Halbjahr 2025 hatte vielerorts zu einer vorsichtigen Rückkehr zur Normalität geführt. Diese Illusion ist nun beendet. Die Magic Seas ist gesunken – und mit ihr die Hoffnung auf ein halbwegs sicheres Rotes Meer.

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Ela Gatto
Ela Gatto
4 Monate zuvor

Es wird noch schlimmer werden.

Die Huthi haben sich offensichtlich nur neu organisiert und bewaffnet.

Wie wird die Welt auf diese neue Eskalation reagieren?

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