„Eine Klimaaktivistin ist zu gefährlich für das Klassenzimmer, und Rechte sind jetzt die neuen Kuschelbären“

VonRainer Hofmann

Februar 13, 2025

Es gibt Momente, da fragt man sich, ob in diesem Land überhaupt noch jemand hinschaut.

Während eine Klimaaktivistin in Bayern nicht Lehrerin werden darf, weil ihr Engagement angeblich nicht mit der Verfassung vereinbar sei, unterrichtet ein Björn Höcke einst als Lehrer Geschichte und darf heute ungehindert in der Politik den Rechtsradikalismus vorantreiben. Ein Stephan Maninger bildet fröhlich Polizisten aus, obwohl seine Vorstellungen von einem autoritären Staat kaum noch mit demokratischen Werten vereinbar sind.

Und in Österreich? Da sieht es nicht viel anders aus, wenn ein Karl-Heinz Klement aus der FPÖ ungestört im Bildungssektor tätig war. Der Rechtsruck scheint also längst in den Strukturen angekommen zu sein.

Wenn Hannibal mitentscheiden und auftischen darf !

Haik Jäger, ein ehemaliger Kriminaloberkommissar aus Ludwigslust, geriet aufgrund seiner tiefen Verstrickungen in rechtsextreme Netzwerke und seiner aktiven Rolle in der Alternative für Deutschland (AfD) in den Fokus der Öffentlichkeit. Als führendes Mitglied der Prepper-Gruppe „Nordkreuz“ plante er gemeinsam mit Gleichgesinnten rechtsextreme Aktionen für den sogenannten „Tag X“.

Die Gruppe legte Feindeslisten an, hortete Leichensäcke und führte Schießübungen durch, um sich auf einen Umsturz vorzubereiten.

„Hannibal“ war der Online-Benutzername des Bundeswehr -Unteroffiziers André S., der seit etwa Herbst 2015 als Administrator ein Netzwerk von Prepper-Gruppen bildete und koordinierte.

Im August 2017 durchsuchte das Bundeskriminalamt Jägers Wohnung und fand dabei 3.000 Schuss Munition sowie eine illegale Waffenlampe. Trotz dieser Funde wurde das Ermittlungsverfahren gegen ihn im Winter 2021 eingestellt.

Dennoch erhielt Jäger im Frühjahr 2023 einen Strafbefehl wegen des unerlaubten Besitzes von Munition und Waffenbestandteilen.

Politisch engagierte sich Jäger in der AfD und wurde 2018 zum stellvertretenden Vorsitzenden des Landesfachausschusses für „Innere Sicherheit, Justiz und Datenschutz“ in Mecklenburg-Vorpommern gewählt.

Trotz der gegen ihn erhobenen Vorwürfe kandidierte er 2024 erfolgreich für den Kreistag Nordwestmecklenburg.

Seit Jahren ist offenkundig, dass er schwerwiegende Verstöße gegen seine Dienstpflichten begangen hat. Dadurch hat er das Vertrauen in die Polizei massiv erschüttert. Es darf nicht sein, dass Verfassungsfeindinnen wie Jaeger weiterhin Beamt*innenbezüge erhalten.“ (Stand 12/24)

Die Klimaaktivistin, die zu gefährlich für das Klassenzimmer ist

Lisa Poettinger wollte Lehrerin werden, aber das bayerische Kultusministerium entschied: Nein, zu gefährlich. Warum? Weil sie sich für das Klima einsetzt, weil sie protestiert, weil sie in Gruppen aktiv ist, die als „linksextrem“ eingestuft werden. Aber was hat sie getan? Hat sie Hass gesät? Hat sie Gewalt befürwortet? Nein, sie hat für eine lebenswerte Zukunft gekämpft. Ein Berufsverbot als Lehrerin – wegen Klimaschutz? In Bayern offenbar kein Problem.

Aber das ist ja kein Einzelfall. Bayern hat eine lange Tradition darin, Menschen mit „zu viel“ Engagement aus dem öffentlichen Dienst zu drängen. Verfassungstreue wird plötzlich ganz eng ausgelegt, wenn es um Menschen geht, die sich für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz oder Antifaschismus einsetzen. Aber wehe, es geht um Menschen aus dem rechten Spektrum – da wird plötzlich ganz großzügig über alles hinweg gesehen.

Stephan Maninger: Polizeiausbilder mit zweifelhaften Ansichten

Und hier kommen wir zu Stephan Maninger. Der Mann, der in Lübeck an der Bundespolizeiakademie junge Polizeibeamte ausbildet. Was ist sein Problem? Nun, Maninger hat ein Weltbild, das sich gefährlich nah an einem autoritären Staat bewegt. 2009 schrieb er: „Es bleiben daher für Entscheidungsträger zunehmend weniger Handlungsoptionen außer dem Einsatz von gezielter Gewalt.“ Gezielte Gewalt? Gegen wen? Gegen Menschen, die protestieren? Gegen all jene, die nicht ins Weltbild passen? So jemand bildet also Polizisten aus, während eine Klimaaktivistin nicht unterrichten darf.

Eine interne Untersuchung der Bundespolizei? Ach, die hat natürlich „keinen Anlass für disziplinarische Konsequenzen“ gesehen. Na klar, warum auch? In Bayern reicht es, auf der Straße für Klimaschutz zu demonstrieren, um als radikal zu gelten, aber jemand, der von „gezielter Gewalt“ schwadroniert, darf weiterhin an den entscheidenden Hebeln sitzen.

Björn Höcke: Vom Geschichtslehrer zum Geschichtsverzerrer

Und dann haben wir Björn Höcke. Der Mann, der als Geschichtslehrer arbeitete, bevor er sich dazu entschied, die deutsche Erinnerungskultur um 180 Grad zu drehen. Seine Worte: „Wir brauchen eine 180-Grad-Wende in der Erinnerungspolitik.“ Er fand das Holocaust-Mahnmal ein „Denkmal der Schande“. Er spricht von einem „Bevölkerungsaustausch“, von einer „Umvolkung“, von „wohltemperierter Grausamkeit“, die er für notwendig hält.

Und trotzdem war dieser Mann über Jahre hinweg Lehrer. Ein Geschichtslehrer, wohlgemerkt. Man stelle sich einmal vor, welche Ideologien er in seine Schüler gepflanzt hat. Und während Poettinger nicht einmal den Beruf ergreifen darf, war Höcke jahrelang ein Teil des Bildungssystems. Ist das noch ein Zufall? Oder ist das ein Symptom eines viel größeren Problems?

AfD-Richter in Bayern: Ein weiteres Puzzlestück

Wenn man dachte, das wäre schon genug, kommt Bayern mit der nächsten Überraschung. Inzwischen sitzen AfD-nahe Richter in Bayerns Verfassungsgericht. Ja, richtig gelesen. Eine Partei, die selbst vom Verfassungsschutz beobachtet wird, bringt ihre Leute in die höchsten juristischen Positionen. Wie soll das denn funktionieren? Wer überprüft hier wen? Wer sorgt noch dafür, dass die Demokratie geschützt wird, wenn sich die Feinde der Demokratie in der Justiz breitmachen dürfen?

Was hier passiert, ist kein Zufall

Es entsteht ein klares Bild: Wer sich für Klimaschutz, Antirassismus oder soziale Gerechtigkeit einsetzt, muss mit Konsequenzen rechnen. Wer dagegen rechtsextreme Gedanken verbreitet, wer sich für eine autoritäre Gesellschaft starkmacht, der darf ungehindert weitermachen – oder wird sogar noch befördert.

Die Politik? Die scheint ihre Behörden nicht mehr im Griff zu haben. Entweder wird weggesehen oder es ist gar nicht mehr gewollt, dass etwas gegen diesen Rechtsruck unternommen wird. Der öffentliche Dienst, die Justiz, die Polizei – all das sind Institutionen, die eigentlich neutral sein sollten. Doch wenn wir uns ansehen, wer sanktioniert wird und wer nicht, dann kann man nur sagen: Deutschland hat ein Problem. Ein massives Problem. Und es wird höchste Zeit, dass es beim Namen genannt wird.

In Deutschland ist vieles möglich, das wissen wir aus eigener Erfahrung. Wer sich erinnert, kommt auch auf die Schotthof-Affäre, als LKA-Beamte und andere Ermittler zu Unrecht in Haft landeten. Auch damals zeigte sich: In Deutschland ist vieles möglich. Daher möchten wir diesen Bericht mit folgenden Originalzitaten enden lassen.

Robert Mahler (ehemaliger LKA Beamter)

„Mir wurde mal gesagt: In bestimmten
Bereichen sollte man’s nicht so eng sehen. Wenn es um den einfachen Bürger geht, dann ja, aber, da wo’s politisch wird, darf man nicht ganz so am Wort des Gesetzes kleben bleiben.“

Stefan Sattler (ehemaliger LKA Beamter)

„Da hab ich mich gefragt, ob ich noch auf dem richtigen Planeten stehe. Sie benennen Unrecht, und zum Dank ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Sie“

Rainer Hofmann

„Es gab keine Regeln mehr. Alle die mit dieser Sache zu tun hatten, wurden juristisch abgeheftet. Selbst der so integre Staatsanwalt A. H. geriet unter Druck, weil man es so wollte. Ich kenne A. H. sehr lange. Wir haben beide Vorträge gehalten, er in Computerkriminalität, ich in Wirtschaft- und Militärspionage. Ein Rechtsmann zu 100%. Ich hatte schon damals einen anderen Staatsanwalt wegen Korruption im Visier, was auch Jahre später zu einer zweifelhaften Verurteilung führte.“

Und so bleibt die Frage: Wie oft müssen wir noch zurückblicken, bevor aus der Geschichte gelernt wird?

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