Im fahlen Licht eines Gerichtssaals in San Francisco, zwischen Papierstapeln und Neonröhren, sprach Richterin Susan Illston einen Satz, der wie ein Echo aus einer anderen politischen Zeit klang. Die massenhaften Entlassungen Tausender Bundesangestellter, erklärte sie, seien kein Verwaltungsakt, sondern eine politische Säuberung. In diesem nüchternen Moment stoppte sie, vorerst, das, was im Weißen Haus längst als Triumph galt – den planmäßigen Umbau der amerikanischen Bürokratie in ein System aus Angst und Loyalität. Das Verfahren trägt den Titel American Federation of Government Employees, AFL-CIO et al. v. Trump et al., Aktenzeichen 3:25-cv-03698 (Illston, J.), verhandelt vor dem U.S. District Court for the Northern District of California. Die einstweilige Verfügung kam in letzter Minute, nur Stunden nachdem das Office of Management and Budget eine zweite Welle von Kündigungsschreiben vorbereitet hatte. Offiziell hieß es, man wolle „den Staat verschlanken“. In Wahrheit war es eine Loyalitätsprüfung in Verwaltungsform.
Interne Memos sprachen von Operation Clean Slate – einem angeblichen „Neuanfang“, der Behörden nicht erneuern, sondern leeren sollte. Wer blieb, musste unterschreiben, dass er keine Verbindungen zu oppositionellen Gruppen unterhält. Wer nicht unterschrieb, verlor den Job. Illstons Urteil war scharf, präzise, politisch brisant. Es erinnerte daran, dass Verwaltung kein Werkzeug der Macht, sondern ihre Grenze ist. Währenddessen fließt das Geld weiter dorthin, wo es dem Präsidenten nützt. Soldzahlungen werden ohne Unterbrechung geleistet; gestrichen wird stattdessen bei Schulen, Sozialprogrammen, Sonderpädagogik. „Wir schützen Dinge, nicht Menschen“, sagte ein entlassener Mitarbeiter aus dem Bildungsministerium. Ein Satz, der die Lage der Nation auf den Punkt brachte – klar, bitter, unüberhörbar.
Trump selbst deutete das Chaos als Beweis seiner Kontrolle. Im Oval Office sprach er von „Disziplin“ und „Haushaltstreue“, während er Sonderermittler Jack Smith als „Staatsfeind“ bezeichnete. Drei Jahre nach der FBI-Durchsuchung von Mar-a-Lago am 8. August 2022 sind die Ermittlungen noch immer nicht abgeschlossen. 33 Kisten mit klassifizierten Dokumenten, darunter Unterlagen zu nuklearen Kapazitäten befreundeter Staaten, wurden damals sichergestellt. Der Fall läuft unter dem Aktenzeichen United States v. Donald J. Trump, 22-cr-80101 (S.D. Fla.) – für Trump selbst ist er längst Mythos: ein Beweis, dass Macht und Märtyrertum sich nicht ausschließen. Jetzt will der Präsident persönlich vor dem Supreme Court erscheinen, wenn die Richter über seine umstrittenen Zölle verhandeln (Trump et al. v. United States et al., Docket No. 25-421). „Einer der wichtigsten Fälle in der Geschichte der USA“, nannte er das Verfahren. Ein Urteil gegen ihn, sagte er, „würde das Land ruinieren“. Ein Sieg hingegen würde Amerika zur „mächtigsten Wirtschaftsnation der Welt“ machen. Es war die Sprache eines Mannes, der Politik längst als Eigentum versteht.
Doch während die Exekutive nach außen Stärke demonstriert, formiert sich an den Rändern der Institutionen stiller Widerstand. Die Brown University und das MIT lehnten im Oktober ein Regierungsabkommen ab, das finanzielle Vorteile im Austausch gegen politische Kooperation vorsah. „Akademische Freiheit ist kein Vertragsgegenstand“, schrieb Browns Präsidentin Christina Paxson – eine selten klare Antwort in einer Zeit, in der Anpassung oft bequemer ist als Haltung. In New York wandte sich der demokratische Bürgermeisterkandidat Zohran Mamdani während eines Live-Interviews auf Fox News direkt an den Präsidenten: „Ich werde mit Ihnen reden, Mr. President – nicht, weil ich Sie bewundere, sondern weil Schweigen teurer wäre.“ Trumps Reaktion kam prompt: Er nannte ihn einen „Kommunisten“ und drohte, ihn im Falle eines Wahlsiegs verhaften zu lassen.
Amerika wirkt in diesen Tagen wie eine fallende Republik, die zwar weiterläuft, weil ihre Mechanik noch funktioniert, während ihr Bewusstsein längst trübt. Die Richterin in San Francisco hat für einen Moment die Bremse gezogen, doch das System, das sie verteidigt, taumelt weiter – ein Körper, dessen Reflexe noch arbeiten, während sein Geist erlischt. Was sich in Washington vollzieht, ist kein Putsch, keine Explosion. Es ist die schleichende Verwandlung eines Staates in eine Diktatur, das nach unten entlässt und nach oben gehorcht. Und die gefährlichste Form des Autoritarismus ist nicht der laute, sondern der verwaltete – der, der seine Macht in Aktenzeichen gießt, während er das Fundament der Demokratie neu schreibt.
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Wieder eine sehr mutige Richterin, ein Dank an sie.
Sicher wurden all diese Dokumente der politischen Säuberung gesichert um sie, wenn der Zeitpunkt gekommen ist (ich hoffe, dass er boch kommt), gegen all die willigen Schergen zu ermitteln und sie nach dem Gesetz zu bestrafen.
…viele richterinnen und richter sind gut in usa, der supreme ist „noch“ das problem