Die Vereinigten Staaten sind seit Mitternacht im Stillstand. Ein Land, das sich selbst als Hort von Stabilität und Verlässlichkeit versteht, beginnt den Oktober mit geschlossenen Ämtern, leeren Schaltern und 750.000 Bundesangestellten, die nicht wissen, ob sie jemals wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Es ist der dritte Shutdown unter Donald Trump – und der erste seiner zweiten Amtszeit. Und wie immer inszeniert er ihn nicht als Unfall, sondern als Drohgebärde. „Wir können Dinge tun, die unumkehrbar sind, die schlecht sind“, erklärte er mit kaum verhüllter Lust an der Zerstörung. Worte, die kaum verschleiern, dass es diesmal nicht um einen taktischen Schlagabtausch geht, sondern um den Versuch, den Staatsapparat umzubauen.

Auslöser der Blockade ist ein Streit, der eigentlich keiner sein müsste. Die Demokraten pochen auf die Verlängerung von Subventionen für Krankenversicherungen, die 24 Millionen Amerikanern erschwingliche Beiträge sichern. Ohne diese Unterstützung explodieren die Prämien zum Jahresende. Doch die Republikaner verweigern jede Verhandlung und bestärken den Präsidenten darin, Gespräche zu boykottieren. Statt Kompromiss gibt es Spott: Nach einem Treffen mit der Kongressführung veröffentlichte Trump ein manipuliertes Video, das demokratische Politiker in rassistischem Tonfall verhöhnte – eine Karikatur von Politik anstelle verantwortlicher Führung. Die Folgen des Shutdowns sind gravierend: Behörden schließen ihre Türen, Forschungsprojekte an den National Institutes of Health drohen zu verfallen, Hilfsprogramme für Bildung und Umwelt laufen ins Leere. FEMA kann kaum noch Flutversicherungen genehmigen, neue Hypotheken stocken, Millionen Bürger geraten in Unsicherheit. Nur Trumps Abschiebeapparat läuft ungebremst weiter, als wäre er das einzig unverrückbare Programm dieser Regierung.
Es ist ein Shutdown, der mehr als eine technische Lücke im Haushalt offenbart. Er ist ein Symbol dafür, wie die Politik der Vereinigten Staaten von Empörung lebt und Kompromissfähigkeit zur Schwäche erklärt. „Shutdowns fügen nur Kosten, Angst und Verwirrung zu“, sagt Rachel Snyderman vom Bipartisan Policy Center. Doch Trump lebt von genau diesen drei Zutaten – Kosten, Angst, Verwirrung. Es ist der Treibstoff seines zweiten Mandats. Die USA beginnen also einen neuen politischen Zyklus – nicht mit Aufbruch, nicht mit Reform, sondern mit einem Präsidenten, der die Lähmung zum Prinzip erhebt. Ein Land im Stillstand, das spürt, wie Stillstand zur Waffe wird.
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