851.344 Dollar Schweigen – Wie das FBI fast tausend Agenten mobilisierte, um die Epstein-Akte zu schwärzen

VonRainer Hofmann

Dezember 2, 2025

Im März 2025 geschahen wundersame Dinge hinter den Türen des FBI: Eine Woche im März 2025, in der die Behörde 934 Mitarbeiter zusammentrommelte, um die Unterlagen zum Fall Jeffrey Epstein zu prüfen und zu schwärzen. Die Summe ist so präzise wie ungewöhnlich: 851.344 Dollar. So viel zahlte die Behörde allein an Überstunden, um die Dokumente für die Freigabe „vorzubereiten“. Die Arbeit dauerte nur wenige Tage, vom 17. bis zum 22. März, und sprengte alles, was man bei einer routinemäßigen Aktenfreigabe erwarten würde. Insgesamt fielen 14.278 Überstunden an, die mit entsprechenden Zuschlägen vergütet wurden. Fast tausend Menschen, die gleichzeitig an denselben Unterlagen saßen. Eine interne E-Mail sprach trocken davon, dass „Phase 1 der Redaktionen“ abgeschlossen sei und die Projektteams wieder freigegeben werden könnten. Phase 2 stand da noch aus.

Das Schreiben informiert darüber, dass das FBI seine Anfrage zu den Epstein-Unterlagen geprüft und abgeschlossen hat. Insgesamt wurden 220 Seiten ausgewertet, von denen 61 Seiten – teilweise geschwärzt – freigegeben werden. Der Rest bleibt aufgrund gesetzlicher Ausnahmen zurückgehalten. Das FBI erklärt, welche Paragrafen für die Schwärzungen angewendet wurden, und weist darauf hin, dass keine Gebührenerlassprüfung nötig war. Die Unterlagen wurden mit fortlaufenden Aktennummern versehen und doppelte Dokumente nicht erneut verarbeitet.

Die Unterlagen lassen kein großes Geheimnis über die Art der Arbeit zu: Es ging ums Schwärzen. Listen, Schulungsvideos, Hinweise zur Adobe-Nutzung, Tabellen mit Stundenzahlen, Berichte aus den Direktionen und Außendienststellen: Die Agenten sollten die Akten so bearbeiten, dass sie dem Gesetz genügen – und gleichzeitig alles herausnehmen, was nach Auffassung der Behörde nicht an die Öffentlichkeit gehört. Was genau verschwand, verraten die Dokumente nicht. Aber sie zeigen das Ausmaß der Anstrengung.

Die Seite erklärt, dass das FBI auch Audio- und Videomaterial geprüft hat, dieses jedoch vollständig zurückhält – gestützt auf mehrere gesetzliche Ausnahmen. Dem Schreiben liegen zusätzliche Hinweise zu Standardverfahren und eine Übersicht der angewendeten Ausnahmen bei. Außerdem informiert das FBI die Möglichkeiten, gegen die Entscheidung vorzugehen: Er kann einen Vermittlungsdienst beim FBI nutzen, den FOIA-Ombudsmann OGIS kontaktieren oder innerhalb von 90 Tagen eine formelle Beschwerde beim Justizministerium einreichen. Abschließend bittet das FBI darum, bei weiteren Anfragen stets die jeweilige Fallnummer anzugeben.

Auslöser war eine FOIA-Anfrage, von einigen Journalisten, wir machten unsere im Mai 2025, die das FBI zunächst ignorierte. FOIA steht für Freedom of Information Act, das amerikanische Gesetz zur Informationsfreiheit. Es erlaubt jeder Person – Journalistinnen, Bürgern oder Organisationen – von Behörden Akten, E-Mails, interne Dokumente, Videos oder Verwaltungsunterlagen anzufordern, sofern diese nicht aus rechtlichen Gründen wie laufenden Ermittlungen, nationaler Sicherheit oder Datenschutz zurückgehalten werden dürfen. Alle US-Behörden, vom FBI über das Justizministerium bis zum Pentagon, müssen solche Anfragen beantworten. Tun sie es nicht oder schwärzen zu viel, kann man sie verklagen. Eine FOIA-Anfrage ist damit eines der wichtigsten Werkzeuge, um die US-Regierung zu Transparenz zu verpflichten. Erst nach fünf Monaten ohne Antwort zogen dann aber Leopold und Bloomberg vor Gericht. Das Justizministerium musste reagieren und reichte schließlich eine 71-seitige Antwort ein. Diese enthielt nicht nur die Tabellen und E-Mails, sondern auch die Bestätigung, wie groß der Aufwand wirklich war. Die Behörde legte offen, wie viele Mitarbeiter auf Befehl der Leitung eingesetzt worden waren, wie viele Stunden sie leisteten und wie viel Geld dafür aufgebracht wurde.

Die Tabelle zeigt, wie viele Überstunden FBI-Mitarbeiter im Jahr 2025 jeweils in den einzelnen Abrechnungszeiträumen geleistet haben. Besonders auffällig ist der Zeitraum ab dem 9. März 2025, in dem über 3.000 Überstunden anfielen – genau jene Woche, in der die Epstein-Akte intensiv bearbeitet und geschwärzt wurde. Insgesamt summieren sich die Überstunden zwischen Januar und Juli 2025 auf 4.737 Stunden.

Die Gerüchte, die zugleich durchs Netz liefen, gingen weiter. Manche behaupteten, die Überstunden sei gezahlt worden, um den Namen Donald Trump zu entfernen. Andere sprachen von einer Million Dollar nur für „Redaktionsschulungen“. Dafür gibt es keinen Beleg. Die Unterlagen zeigen weder, welche Namen gestrichen wurden, noch welche Inhalte die Regierung besonders schützen wollte. Sie beweisen aber, dass das FBI eine enorme Operation aufbaute, die einzig das Ziel hatte, jede Zeile der Epstein-Akte zu prüfen. Bemerkenswert ist auch, was die Dokumente nicht enthalten: Hinweise darauf, dass die Behörde die Öffentlichkeit frühzeitig informieren wollte. Die Freigabe zeigt, wie schwer sich das FBI tut, wenn es um die Epstein-Akte geht. Der Aufwand, der in diesen wenigen Märztagen betrieben wurde, lässt vermuten, wie sensibel der Inhalt ist. Wenn fast tausend Menschen mobilisiert werden müssen, um Akten für die Veröffentlichung vorzubereiten, dann sagt das etwas über die politische Sprengkraft dieses Materials. Und darüber, wie sehr die Behörden versuchen, die Kontrolle über jede Zeile zu behalten, die an die Öffentlichkeit gelangt.

Es ist erst Phase 1. Phase 2 folgt. Wie viele Seiten dann noch sichtbar sind, steht auf einem anderen Blatt.

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