Was wir gestern in unserem Artikel „Weihnachten in der Hölle – Wenn ICE die Feiertage für Massenverhaftungen nutzt“, ist nun Realität geworden. Greg Bovino ist wieder mit seiner Truppe in Chicago. Der leitende Grenzschutzbeamte, der wie kaum ein anderer für die harte und brutale Einwanderungspolitik der Trump-Regierung steht, ist mit zusätzlichen Einheiten in die Stadt zurückgekehrt – pünktlich zur Weihnachtszeit. Damit verdichten sich die Hinweise, dass die Einsätze nicht nur fortgesetzt, sondern besonders zur Weihnachtszeit ausgeweitet werden.
Bovino gilt als das Gesicht jener Strategie, die auf Präsenz, Druck und Abschreckung setzt. Bereits im Herbst hatte seine Operation in Chicago tausende Festnahmen ausgelöst und ganze Stadtteile in Alarmbereitschaft versetzt. Anwohner reagierten damals mit Trillerpfeifen, spontanen Protesten und Warnketten, um Nachbarn zu informieren. Diese Bilder kehren jetzt zurück. In überwiegend mexikanisch geprägten Vierteln wurde Bovino erneut gesichtet, begleitet von schwer ausgestatteten Einsatzkräften. Die Botschaft ist eindeutig: Die Operationen gehen weiter, unabhängig von Feiertagen oder sozialer Lage. Siehe auch unseren Artikel: „Trumps Feldzug gegen Chicago“
„Also gut, Leute. Frohe Weihnachten, falls wir uns nicht wiedersehen“, sagte Bovino und ging davon (Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen – Anmerkung der Redaktion)
Der Gouverneur von Illinois, JB Pritzker, reagierte scharf. Er erklärte, weder über die Rückkehr Bovinos noch über den Umfang der neuen Einsätze vorab informiert worden zu sein. Wie lange die Grenzschutzbeamten bleiben sollen, wisse er ebenfalls nicht. Pritzker forderte Bovino zudem auf, vor einer im Oktober eingesetzten Untersuchungskommission des Bundesstaates auszusagen, die mutmaßliches Fehlverhalten föderaler Einsatzkräfte dokumentieren soll. Seine Kritik richtet sich nicht nur gegen fehlende Transparenz, sondern gegen eine Praxis, die er als aggressiv und einschüchternd beschreibt.
Auch für uns werden die kommenden Wochen hart. Schon jetzt sind unsere Schreibtische voll mit Fällen, Anrufen, Dokumentationen, Hilfegesuchen. Menschen, die festgenommen wurden. Familien, die plötzlich ohne Kontakt dastehen. Anwälte, die gesucht werden. Die Weihnachtszeit wird das voraussichtlich noch übertreffen. Dass wir weiter berichten, dokumentieren und konkret helfen können, hängt davon ab, ob diese Arbeit getragen wird. Viele werden Hilfe brauchen. Und wir werden da sein.
Gleichzeitig stellte sich Pritzker demonstrativ hinter die Bevölkerung seines Bundesstaates. Er sagte, er sei stolz auf die Menschen in Illinois, die ihre Nachbarschaften schützten, füreinander einträten und das Richtige täten. Diese Worte sind mehr als politische Floskeln. Sie sind ein Kontrast zur Linie aus Washington, wo der Einsatz als notwendig und alternativlos dargestellt wird. Für viele Gemeinden sind sie ein Signal, dass der Widerstand gegen diese Form der Durchsetzung nicht isoliert ist.
Das Heimatschutzministerium machte derweil unmissverständlich klar, dass mit einem Rückzug nicht zu rechnen ist. Eine Sprecherin erklärte, man habe bereits vor einem Monat gesagt, dass man Chicago nicht verlasse und die Operationen andauerten. Diese Aussage lässt wenig Spielraum für Deeskalation. Sie bedeutet, dass Unsicherheit zum Dauerzustand wird – für Familien, für Arbeiterinnen und Arbeiter, für Kinder, die nicht wissen, ob ein Elternteil am Abend zurückkehrt.

Die Rückkehr Bovinos kurz vor Weihnachten ist kein Zufall. Feiertage bedeuten, dass Familien zusammenkommen, dass Wege vorhersehbarer sind, dass Menschen erreichbar sind. Für die Einsatzlogik erhöht das die Effizienz. Für die Betroffenen erhöht es die Angst. Chicago erlebt damit erneut, was es heißt, wenn Einwanderungspolitik nicht als Verwaltungsakt, sondern als Machtdemonstration betrieben wird. Die Stadt ist wieder Einsatzgebiet. Und für viele beginnt eine Zeit des Wartens, der Vorsicht und der ständigen Alarmbereitschaft.
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