Wenn die Gläubigen fallen – Laura Loomers Wut und der Zerfall des Trump-Lagers

VonRainer Hofmann

Oktober 11, 2025

Es gibt Momente, in denen Loyalität nicht zerbricht, sondern verbrennt. Der Ausbruch von Laura Loomer, einer der lautesten Stimmen der Trump-Bewegung, markiert genau einen solchen Moment. Jahrelang war sie die fanatische Verteidigerin eines Präsidenten, der ihre Radikalität nie bremste, sondern instrumentalisierte. Nun richtet sich diese Radikalität gegen ihn – mit einer Wucht, die selbst im unruhigen Kosmos der amerikanischen Rechten überrascht.

Laura Loomer und Steve Bannon stehen für eine gefährliche Allianz aus radikaler Zuspitzung und strategischer Berechnung. Loomer hat mit gezielten digitalen Kampagnen, persönlichen Angriffen und öffentlicher Hetze mehrfach dazu beigetragen, dass Journalistinnen, Beamte und politische Gegner massiven Druck erlebten oder ihre Positionen verloren. Ihre Methode beruht auf systematischer Denunziation und der Inszenierung öffentlicher Feindbilder – eine Dynamik, die längst in die politischen Institutionen selbst hineinwirkt. Sie gilt heute als eine der gefährlichsten Frauen der Vereinigten Staaten, weil sie Wut und Desinformation nicht nur befeuert, sondern erfolgreich in Macht und Einschüchterung umwandelt.

Laura Loomer

Steve Bannon steht ihr in diesem System nicht gegenüber, sondern gefährlich nahe. Er operiert auf derselben Radikalnische, in der jede Form von Kompromiss oder Selbstreflexion als Verrat gilt. Während Loomer die Emotionen liefert, strukturiert Bannon den Apparat, der daraus Einfluss gewinnt. Er gilt als einer der gefährlichsten Strategen der USA, weil er versteht, wie man diese Zonen der Erregung in politische Energie übersetzt – wie man Misstrauen, Angst und ideologische Härte in Organisation und Kampagnenform gießt. Gemeinsam bilden sie ein Netzwerk, das weit über Trumps Bewegung hinausreicht: ein Geflecht aus Agitation und Strategie, in dem das Extreme zur neuen Norm gemacht wird.

Steve Bannon

Am Freitag veröffentlichte Loomer auf X, der Plattform, die sie längst als Bühne ihrer politischen Exorzismen begreift, eine Serie von Posts, die an Raserei grenzen. Auslöser war eine Entscheidung des Weißen Hauses, die selbst Trumps treueste Anhänger fassungslos zurückließ: Die Regierung hat Katar die Errichtung eines Luftwaffenstützpunkts im US-Bundesstaat Idaho erlaubt.

„Heißt das, dass in Idaho jetzt fünfmal täglich der Gebetsruf ertönt?“, schrieb Loomer sarkastisch. „Müssen wir jetzt Arabischunterricht bezahlen – oder übernimmt das der Emir? Müssen wir uns auch noch die Schwänze abschneiden, um Mohammed zu gefallen, während wir in schwarzen Müllsäcken herumlaufen?“ Die Worte sind brutal, ihre Wut ist echt. Loomer, 32 Jahre alt, wurde einst von Trump persönlich gelobt, mehrfach zu Wahlkampfterminen eingeladen, und galt als Sprachrohr jener Online-Gemeinde, die den „Krieg gegen die Eliten“ zu einem identitären Lebensgefühl erhoben hat. Nun nennt sie den Präsidenten einen Verräter – und beschuldigt die Republikanische Partei, „von Katar gekauft“ worden zu sein.

Ein Geschenk, das die Bewegung spaltet

Was im Kern wie ein diplomatischer Fehler aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als politischer Sprengsatz. Katar hatte Trump im Mai eine Boeing 747 überlassen, nur Wochen nachdem die Trump Organization ein Golfresort im Emirat erworben hatte. Nun folgt das Gegenstück: eine militärische Kooperation auf amerikanischem Boden. Verteidigungsminister Pete Hegseth, Trumps alter Fox-News-Weggefährte, nannte das Abkommen im Pentagon eine „weitere Stärkung unserer strategischen Partnerschaft“.

Für Loomer und viele aus dem inneren Zirkel der MAGA-Bewegung ist das ein Sakrileg. „Wenn die Republikaner weiter zulassen, dass Geldgeber des islamischen Terrorismus in unser Land kommen und hier sogar Militärbasen errichten dürfen, dann ist Wählen 2026 reine Zeitverschwendung“, schrieb sie.

Doch ihr Zorn blieb nicht bei Trump stehen. In den Stunden nach ihrer ersten Attacke weitete sich ihre Tirade zu einem Scherbengericht über die gesamte Parteiführung aus. Sie beschimpfte die GOP als „feige“, „gekauft“, „durchsetzt von islamischen Spionen“ und kündigte an, sie zu verlassen. „Was hat die GOP je für mich getan?“, fragte sie ihren einstigen Mentor Roger Stone. „Nichts. Sie haben dich im Stich gelassen, als du überfallen wurdest. Und sie haben mich im Stich gelassen. Mein Fokus liegt jetzt auf den Menschen, nicht auf dieser Partei.“

Die Radikalisierung im eigenen Haus

Was sich hier entlädt, ist mehr als eine persönliche Kränkung. Loomers Ausbrüche zeigen die Verwandlung der amerikanischen Rechten in ein Sammelbecken konkurrierender Fundamentalismen. Während Trump versucht, seine Macht mit autoritärem Pragmatismus zu sichern, treiben Teile seiner Basis in ein Weltbild ab, das selbst den Präsidenten als Verräter brandmarkt. In einem ihrer Tweets veröffentlichte Loomer Fotos eines arabischstämmigen Mitarbeiters im Stab der republikanischen Abgeordneten Lisa McClain, den sie beschuldigte, ein „falscher Christ“ zu sein, der die Partei „von innen infiltriert“. Sie schrieb: „Muslime tun so, als wären sie Christen, um die GOP zu unterwandern. Ich habe es aufgedeckt.“

Kilmar Abrego Garcia mit Ehefrau und Kind

Solche Aussagen wären früher als rechte Randerscheinungen behandelt worden. Heute stehen sie im Zentrum einer Bewegung, die jede Form der Realität in Misstrauen auflöst. Loomer kombinierte in ihrer nächtlichen Wut islamfeindliche und verschwörungsideologische Narrative: China habe „1,2 Millionen Amerikaner mit einem Biowaffenangriff ermordet“, 500.000 „Spione“ studierten an US-Universitäten, und Antifa sei „eine ungestrafte Terrororganisation“. Selbst der Fall Kilmar Abrego Garcia, über den amerikanische Medien im Zusammenhang mit Trumps Einwanderungspolitik berichten, wurde für sie zum Anlass, offen Gewaltphantasien zu formulieren. „Wie schwer kann es sein, einen illegalen, fetten Sozialversager einfach über Afrika aus dem Flugzeug zu werfen?“, schrieb sie.

Wenn die Rhetorik in sich zusammenfällt

Solche Entgleisungen machen sichtbar, wie weit die Trump-Bewegung in ihrem eigenen moralischen Vakuum treibt. Trump selbst hatte in seiner ersten Amtszeit Katar beschuldigt, „Terrorismus zu finanzieren“. Nun umarmt er das Emirat – und lässt Verteidigungsminister Hegseth Seite an Seite mit Scheich Saoud bin Abdulrahman Al Thani auftreten. Die Diskrepanz zwischen früheren Parolen und aktuellem Handeln ist für viele seiner Anhänger unüberbrückbar. Loomers Tiraden sind Ausdruck dieser Enttäuschung, aber auch ihrer ideologischen Radikalität. Was für sie Verrat ist, ist für Trump politische Nützlichkeit – ein Unterschied, den sie nicht akzeptieren kann.

„Die GOP ist schwach“, schrieb sie in einem ihrer letzten Posts. „Schwach, feige, und zu feige, um Katar oder die Islamisierung Amerikas beim Namen zu nennen.“ Sie forderte offen, „diese Schande“ zu beenden – und erklärte, sie werde lieber „mit reinem Gewissen schlafen, als Teil einer Partei zu sein, die mit Dschihadisten feiert“.

Das Beben im rechten Kosmos

Dass die Eskalation ausgerechnet von Laura Loomer ausgeht, ist mehr als symbolisch. Sie verkörpert das, was Trump über Jahre kultiviert hat: mediale Aggression als politische Währung. Ihre Sprache – roh, direkt, enthemmend – war immer der Soundtrack seiner Macht. Nun ist sie der Widerhall seines Kontrollverlusts. In Trumps zweiter Amtszeit hat sich ein Paradox verfestigt: Je stärker er seine Macht konzentriert, desto schwächer wird das Vertrauen der eigenen Bewegung. Die Loyalität, die ihn groß gemacht hat, beginnt, sich in Zorn zu verwandeln. Und dieser Zorn trifft nicht mehr nur die Gegner, sondern das System, das er selbst geschaffen hat.

Während die moderate Parteiführung in Schweigen verharrt, applaudieren kleinere Gruppen von Online-Aktivisten Loomers Ausbruch – nicht, weil sie ihr inhaltlich folgen, sondern weil sie in ihr das sehen, was Trump einst versprach: ungezähmte Opposition. Dass diese Opposition nun gegen ihn selbst gerichtet ist, ist das bittere Ende eines politischen Zirkels, der sich in seiner eigenen Hallraum der Macht gefangen hat.

Ein Land zwischen Macht und Mythos

In diesem Konflikt zwischen Realpolitik und ideologischer Reinheit zeigt sich das tiefere Drama der amerikanischen Rechten. Sie ist längst keine Bewegung mehr, sondern eine Vielzahl konkurrierender Glaubensgemeinschaften. Für Trump war das über Jahre kein Problem – im Gegenteil, er lebte von diesem Chaos. Doch jetzt, da selbst seine engsten Verbündeten ihn als Verräter brandmarken, wird klar: Der Mythos des unantastbaren Anführers bröckelt.

Laura Loomers Wut ist kein isolierter Zwischenfall. Sie ist ein Symptom einer politischen Psychose, die sich über Jahre angestaut hat – genährt von Desinformation, religiösem Eifer und einem toxischen Gefühl der Auserwähltheit. Was als Verteidigung des Westens begann, ist zu einer Religion des Zorns geworden. Trump kann sie nicht mehr kontrollieren. Er hat sie geschaffen. Und nun sieht er, wie sie sich gegen ihn erhebt – laut, hysterisch, gläubig. Der Moment, in dem die Gläubigen fallen, ist selten der, in dem sie zweifeln. Es ist der Moment, in dem sie begreifen, dass der Gott, dem sie folgten, ein Mensch war.

Fortsetzung folgt …

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Ela Gatto
Ela Gatto
3 Stunden zuvor

Die Revolution frisst ihre Kinder …

Wer hat mehr Macht?
Wer hat Project 2025 hinter sich… denn der wird gewinnen.

Wird Trump sich von Loomer und Bannon los sagen?
Versuchen seine Macht weiter über den MAGA Kult zu halten?

Oder verläuft auch das im Sande, wie der große Streit/Bruch mit Musk?
Wo nun Beide, Seite an Seite,fröhlich lachend bei Kirks Gedenkfeier beieinander saßen?

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