Verzeihung für Verschwörer – Trumps gefährlicher Flirt mit dem Terror

VonRainer Hofmann

Mai 28, 2025

Es ist ein Satz, der nachhallt wie ein Donnerschlag in einer Demokratie, die längst an ihrer eigenen Erosion leidet: „Ich werde mir das ansehen.“ So kommentierte Donald Trump am Mittwoch die Frage, ob er jene Männer begnadigen wolle, die 2020 die demokratische Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, entführen wollten – ein terroristischer Akt, geplant im Herzen Amerikas. Und der Mann, der heute wieder Präsident ist, denkt ernsthaft über Gnade nach. Für Terroristen. Für Adam Fox und Barry Croft Jr.

Der Vorfall war kein Hirngespinst, keine Paranoia linker Medien. Er war Realität. Bewaffnete Männer, motiviert von rechtsextremer Staatsverachtung und ideologischer Verrohung, planten eine bewaffnete Entführung – mit dem Ziel, eine demokratisch gewählte Politikerin zu stürzen. Sie sprachen über das Sprengen von Brücken, über das Erschießen von Polizisten, über das „Exekutieren“ von Whitmer. Fox und Croft Jr. wurden 2022 rechtskräftig verurteilt. Und jetzt spricht Donald Trump davon, dass es sich „wie ein railroad job“ angefühlt habe – ein Schauprozess also?

Diese Rhetorik ist keine Nebelkerze. Sie ist ein ideologischer Dammbruch. Denn was Trump hier betreibt, ist mehr als ein Rückgriff auf altbekannte Reflexe gegen das FBI oder die Justiz. Es ist eine direkte Aufwertung von Extremismus – die Normalisierung politischer Gewalt.

Vom Trunkenbold zum „Missverstandenen“

„Die haben getrunken und dumme Sachen gesagt.“ So fasst Trump die monatelange Vorbereitung eines staatsfeindlichen Komplotts zusammen. Er reduziert den geplanten Terrorakt auf eine Art betrunkenen Männerabend mit ein bisschen zu viel Fantasie. Wer so spricht, spricht nicht nur gegen das Urteil eines Gerichts. Er spricht gegen den demokratischen Grundkonsens.

Denn es waren eben keine „dummen Sprüche“. Es war eine paramilitärische Zelle, bewaffnet, organisiert, im Geiste der Boogaloo-Bewegung, inspiriert von Trumps eigener Hetzsprache. Whitmer war nicht zufällig Ziel der Aktion – sie war Feindbild Nummer eins jener rechtsextremen Kreise, die Trump über Jahre hinweg genährt und bestätigt hat. In seinen Tweets, in seinen Auftritten, in seinem Schweigen.

Die Männer wollten Whitmer verschleppen und „vor Gericht“ stellen – ein Schauprozess gegen eine Gouverneurin der Vereinigten Staaten. Was ist das, wenn nicht faschistisches Denken in seiner reinsten Form?

Ein Präsident auf Seiten der Täter

Dass Trump sich nun auf die Seite dieser Täter stellt, ist kein Unfall. Es ist Methode. Er wiederholt damit das Muster, das sich durch seine gesamte politische Karriere zieht: Wer loyal zur Sache des Trumpismus steht – sei sie noch so radikal, gewalttätig oder verfassungswidrig – verdient Verständnis, Mitleid, vielleicht sogar einen Freifahrtschein.

Dass dieser Freifahrtschein jetzt auch mutmaßlichen Inlandsterroristen gelten könnte, markiert einen neuen Tiefpunkt. Es reiht sich ein in eine Liste von Verharmlosungen: Charlottesville, Proud Boys, der Sturm auf das Kapitol. Immer waren es die anderen, die Schuldigen – nie die Täter selbst. Nie die Radikalen. Und wenn doch, dann waren sie, wie jetzt, einfach „am Trinken“.

Demokratie als Kulisse

Trumps Worte sind kein Ausrutscher. Sie sind ein weiterer Beweis dafür, dass er die Demokratie nicht als System, sondern als Bühne begreift. Wer ihm dient, wird geschützt. Wer ihn kritisiert, wird diffamiert. Und wer Gewalt gegen politische Gegner vorbereitet – der kann auf seine Gunst hoffen.

Gretchen Whitmer hat überlebt. Doch die Botschaft, die von Trumps Äußerung ausgeht, ist tödlich. Sie sagt: Der Staat schützt euch nicht mehr, wenn ihr Demokrat:innen seid. Und er ehrt euch, wenn ihr euch gegen diesen Staat erhebt – solange ihr dabei dem richtigen Mann huldigt.

Wer das bagatellisiert, hat die Gefahr nicht verstanden. Und wer es verteidigt, macht sich mitschuldig.

Denn eine Republik, in der Entführer zu Opfern stilisiert werden und Präsidenten zu Schutzheiligen der Gewalt mutieren, ist keine Republik mehr. Sie ist ein Abgrund. Und Donald Trump ist dabei, sie erneut zu öffnen.

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