Am 19. Juni, dem Tag, an dem 1865 die letzten versklavten Menschen in den Vereinigten Staaten von ihrer Freiheit erfuhren, blieb es im Weißen Haus auffallend still. Präsident Donald Trump, der in seiner ersten Amtszeit Juneteenth jedes Jahr öffentlich gewürdigt hatte und einst sogar behauptete, er habe den Feiertag „sehr berühmt gemacht“, äußerte sich in diesem Jahr mit keinem Wort – weder mündlich, schriftlich noch über sein eigenes Netzwerk Truth Social. Stattdessen kommentierte er an diesem Tag Themen wie Iran, TikTok und Jerome Powell. Auf Nachfrage erklärte Pressesprecherin Karoline Leavitt lediglich, sie habe „keine Informationen über eine Proklamation“ und „der Präsident arbeite 24/7“. Weitere Nachfragen blockte sie ab.

Dabei hatte Trump in den Jahren 2017 bis 2020 Juneteenth noch mit Pathos begleitet – sprach von „seelischer Freude“ in Galveston, vom „unermesslichen Beitrag“ Schwarzer Amerikaner zur Geschichte der Vereinigten Staaten und vom „Triumph über die Dunkelheit“. Doch diese Erinnerung scheint unter Trump 2.0 keinen Platz mehr zu haben. 2020, auf dem Höhepunkt der Pandemie, wollte Trump am 19. Juni ausgerechnet in Tulsa einen Wahlkampfauftritt abhalten – dort, wo 1921 ein weißer Mob das florierende Black Wall Street in Schutt und Asche legte und Hunderte Schwarze Einwohner ermordete. Nach massiver Kritik verlegte er die Veranstaltung um einen Tag und behauptete anschließend, er habe Juneteenth damit erst „berühmt gemacht“. Dass Generationen von Schwarzen Amerikanern diesen Tag bereits lange zuvor gefeiert hatten, ignorierte er bewusst.
Heute steht Trumps Schweigen sinnbildlich für eine Regierung, die nicht nur historische Gedenktage ignoriert, sondern aktiv gegen Erinnerungskultur und Gleichberechtigung arbeitet. Kurz nach Beginn seiner zweiten Amtszeit unterzeichnete Trump eine Verfügung, die alle Diversity-, Gleichstellungs- und Inklusionsprogramme im Bundesdienst verbot – mit der Begründung, es handle sich um „illegale und unmoralische Diskriminierung“. Während Joe Biden als Präsident den Juneteenth-Feiertag mit offiziellen Proklamationen, Konzerten auf dem Südrasen des Weißen Hauses und Auftritten in Galveston ehrte, zeigt sich Trumps Schweigen nicht als Zufall – sondern als politische Botschaft. Ein weiteres Kapitel in einem Land, das sich immer deutlicher von den Idealen seiner Verfassung entfernt.