Tränengas, Kameras, Chaos – Wie Reporter:innen bei den Protesten in Los Angeles ins Visier geraten

VonRainer Hofmann

Juni 12, 2025

Während in Los Angeles am Sonntag erneut Tausende Menschen auf die Straßen gingen, kam es nicht nur zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Sicherheitskräften – auch mehrere Journalist:innen gerieten zwischen die Fronten. Besonders drastisch traf es die australische Fernsehreporterin Lauren Tomasi, die während einer Live-Schalte von einem sogenannten „nicht-tödlichen Projektil“ der Polizei getroffen wurde. Tomasi, Reporterin des Senders 9News Australia – einem CNN-Partner –, berichtete gerade live aus der Innenstadt von Los Angeles, als sich die Situation im Hintergrund zuspitzte. Polizisten in Schutzkleidung, einige zu Pferd, formierten sich gegenüber einer Gruppe Demonstrierender. Es krachte, Rauch zog über die Straße. Plötzlich traf ein Geschoss die Reporterin – direkt während der Übertragung.

Aufnahmen des Vorfalls zeigen Tomasi am Rand einer Kreuzung, hinter ihr eine unübersichtliche Szenerie aus Protest und Polizeipräsenz. Sekunden später wird sie getroffen. Was bleibt, ist ein scharfer Schnitt im Livestream – und die bedrückende Frage: Wie sicher ist journalistische Arbeit in einem Land, das sich als Bastion der Pressefreiheit versteht? Tomasi wurde nach dem Vorfall medizinisch versorgt, blieb aber ansprechbar. Ihr Sender bestätigte später, dass sie nicht lebensgefährlich verletzt wurde, der Schock allerdings tief sitzt. Es ist nicht der erste Angriff auf Medienvertreter:innen in diesen Tagen – doch der Moment ihrer Verletzung, live auf Sendung, ging viral und wurde zum Sinnbild einer Eskalation, in der selbst Presseausweise keinen Schutz mehr bieten.

Die New York Times berichtete am Montag über weitere Zwischenfälle mit verletzten Reporter:innen in Los Angeles. Der Hintergrund: Präsident Donald Trumps umstrittener Einsatz von mehr als 4.000 Nationalgardisten und hunderten Marines zur Unterstützung von Einwanderungsrazzien hatte eine Protestwelle ausgelöst – vor allem in den hispanischen Vierteln der Stadt. Die Reaktion der Polizei: Tränengas, Gummigeschosse, nächtliche Festnahmen. Und ein zunehmend härteres Vorgehen gegen jede Form der Beobachtung – auch durch Medien. In sozialen Netzwerken mehren sich inzwischen Berichte von Journalist:innen, die bei der Arbeit behindert, bedroht oder angegriffen wurden – trotz Pressekennzeichnung. Für viele stellt sich die Frage, ob mit den aktuellen Einsätzen ein Kurswechsel markiert ist: Weg von der Deeskalation, hin zu gezielter Abschreckung – auch gegenüber der Öffentlichkeit.

Lauren Tomasi ist zurück im Studio, aber ihre Bilder gehen um die Welt. Sie zeigen nicht nur das Aufeinandertreffen von Protest und Polizei. Sie zeigen auch, was passiert, wenn das freie Wort selbst ins Fadenkreuz gerät.

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