Thanksgiving im Ausnahmezustand – ein Präsident, der von Bildern lebt, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben

VonRainer Hofmann

November 25, 2025

Donald Trump lächelt in die Kameras, zwei Truthähne an seiner Seite, doch kaum jemand lässt sich davon noch beeindrucken. Während Waddle und Gobble durchs Hotel getragen werden, laufen auf den Bildschirmen der Nachrichtensender Grafiken, die auf den ersten Blick dramatisch aussehen. Lebensmittel 85 Prozent, Strom 78 Prozent, Gesundheit 67 Prozent, Wohnen 66 Prozent, Benzin 54 Prozent. Wer nur die Zahlen sieht, hat sofort das Gefühl, die USA stünden kurz vor einem wirtschaftlichen Einsturz. Doch diese Prozentangaben sind keine Preissteigerungen, sondern reine Umfragewerte: Sie zeigen, wie viele Menschen sagen, dass ihre Kosten höher sind als vor einem Jahr – nicht, um wie viel sie tatsächlich gestiegen sind.

Das macht sie für alle attraktiv, die aus Bildern Schlagzeilen basteln, die anschließend im deutschsprachigen Raum für Klicks, Empörung und reichlich Einnahmen bei den Betreibern der jeweiligen, zum Beispiel Facebook sorgen. Wir können nur anraten, teilen sie diese Dinge nicht sofort mit den versehenen Texten und kontrollieren zumindest die Aussage solcher Artikel. Diese Art Fake News verbreiten ist auch für uns ein Problem und das Groteske am Ende ist noch, diese Leute verdienen damit nicht wenig Geld, während die Sparte, die ehrlich und ordentlich aufklärt, wortwörtlich um jeden Cent kämpfen muss. Es sind schon verrückte Zeiten.

Die offiziellen Daten erzählen eine andere Geschichte. Lebensmittel, Energie, Wohnen, Gesundheit – alles steigt an, aber im Bereich weniger Prozentpunkte von 3-5%. Die große Verunsicherung kommt nicht aus einem sprunghaften Anstieg, sondern aus der Summe der Jahre: Millionen Amerikaner leben seit 2022 mit Preisen, die sich anfühlen wie ein langsam enger werdender Ring. Das lässt sich nicht mit einem Foto von zwei Truthähnen wegfiltern.

Politisch bröckelt es genauso. Don Bacon, sonst keiner, der überzieht, nennt Trumps Ukraine-Plan ein Aufgeben, bevor man überhaupt verhandelt hat. Mitch McConnell sagt offen, Putin habe Trump „das ganze Jahr über vorgeführt“. Wenn zwei Republikaner dieser Größenordnung gleichzeitig aussprechen, was andere nur denken, dann hat das Gewicht. Es zeigt, wie tief die Unruhe in der eigenen Partei inzwischen sitzt – und wie wenig Rückhalt Trump dort noch hat, wenn die großen Fragen auf dem Tisch liegen. Dann kommt der G20-Gipfel, und Trump taucht nicht auf. Jeffrey Sachs erklärt den Grund so, wie ihn viele hinter vorgehaltener Hand beschreiben: „Weil er den Verstand eines Vierjährigen hat und gerade einen Wutanfall bekommt.“ Lula sagt, man brauche keinen Kaiser – und trifft damit den Punkt. Trump meidet Orte, an denen er nicht automatisch die größte Figur im Raum ist.

Einer der deutlichsten Bruchstellen verläuft durch Georgia. Marjorie Taylor Greene, jahrelang eine der verlässlichsten Stimmen an seiner Seite, wirft hin, und das nach einem öffentlichen Streit mit ihm. In ihrem Heimatstaat heißt es, sie hätte die Wahl auch ohne Trump gewonnen. Dass selbst sie sich abwendet, spricht Bände. Und während der Präsident Truthähne begnadigt, gleitet ihm das politische Umfeld weiter aus der Hand. Die Ukraine, Venezuela, die Preise, die eigene Partei – alles wird schwerer. Gleichzeitig verbreiten sich im Netz Grafiken, die für Empörung sorgen sollen, weil Empörung sich gut verkauft. Wer diese Bilder nutzt, verschiebt die Grenze zwischen Information und Stimmungsmache so, dass am Ende niemand mehr weiß, was noch stimmt.

Die Feiertage werden Trump nicht retten. Die Kulisse hält nicht mehr. Die Zahlen, die Politik, die internationale Bühne – alles schiebt sich unerbittlich in den Vordergrund. Und die große Frage wird sichtbarer: Wie lange kann ein Präsident auf Inszenierungen setzen, wenn selbst die Bilder nicht mehr das transportieren, was er braucht?

Updates – Kaizen Kurznachrichten

Alle aktuellen ausgesuchten Tagesmeldungen findet ihr in den Kaizen Kurznachrichten.

Zu den Kaizen Kurznachrichten In English
Abonnieren
Benachrichtigen bei
guest
1 Kommentar
Älteste
Neueste Meistbewertet
Inline-Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Martina Karpati
Martina Karpati
2 Stunden zuvor

Wir können nur inständig hoffen, dass seine Tage tatsächlich gezählt sind und dass danach ein Präsident kommt, der bodenständig, realistisch und stark ist gegen alle Autokraten und Antidemokraten. Einen, der würdig ist, der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu sein!

1
0
Deine Meinung würde uns sehr interessieren. Bitte kommentiere.x