Staatsanwälte in West Virginia verfolgen Frauen nun wegen Fehlgeburten – eine dystopische Realität

VonRainer Hofmann

Juni 3, 2025

Es klingt wie eine Szene aus einem dystopischen Roman, doch ist es Realität geworden: In West Virginia droht Frauen künftig die strafrechtliche Verfolgung wegen Fehlgeburten – und das bereits ab der neunten Schwangerschaftswoche. Die Behörden nennen es „Strafverfolgung einer unfreiwilligen Abtreibung“, eine groteske und zutiefst verstörende Methode, etwas zu kriminalisieren, das bei etwa 20 % aller Schwangerschaften völlig natürlich vorkommt. Doch das wahrhaft erschreckende Detail: Ob Anklage erhoben wird, hängt künftig von der emotionalen Haltung der betroffenen Frau gegenüber ihrer Schwangerschaft ab. Laut Tom Truman, dem Staatsanwalt von Raleigh County, könnten selbst beiläufige Bemerkungen wie „Ich lasse mich lieber von einem Bus überfahren, als dieses Baby zu bekommen“ vor Gericht als Beweis einer kriminellen Absicht ausgelegt werden. Es entsteht so ein juristischer Raum, in dem ambivalente Gefühle zu einer ungeplanten Schwangerschaft als krimineller Vorsatz gewertet werden könnten.

Entscheidend für eine Anklage ist künftig die subjektive Interpretation des emotionalen Zustands der Frau durch die Staatsanwaltschaft. Auch der Umgang mit fetalen Überresten nach einer Fehlgeburt, wie etwa das Wegspülen oder Vergraben, könnte juristische Konsequenzen nach sich ziehen. Truman erklärte, dass strafrechtliche Maßnahmen von Faktoren wie der Absicht der Frau, ihrem Verhalten während und nach der Fehlgeburt sowie davon abhängen, ob sie „emotional verstört“ genug gewirkt habe oder ob es den Anschein erweckt, sie habe etwas verbergen wollen. Besonders perfide ist, dass das Landesgesetz Frauen nicht einmal vorschreibt, Fehlgeburten den Behörden zu melden. Damit entsteht eine perfide juristische Falle: Frauen müssen nichts melden, doch wenn sie „falsch“ mit der Situation umgehen oder „zur falschen Zeit“ das „Falsche“ sagen, könnten sie plötzlich vor Gericht landen und vorbestraft werden. Truman rät Frauen daher vorsorglich, Fehlgeburten den örtlichen Strafverfolgungsbehörden oder medizinischem Personal zu melden, obwohl dazu rechtlich keinerlei Verpflichtung besteht.

Diese Vorgänge haben bereits eine intensive gesellschaftliche Debatte entfacht. Kritiker äußern die Sorge, dass hier Frauen in Situationen kriminalisiert werden, die ohnehin von tiefer Trauer und großem Trauma geprägt sind. Sie warnen eindringlich vor der Vermischung medizinischer Komplikationen mit strafrechtlicher Verantwortung. Obwohl aktuell noch keine konkreten Fälle dokumentiert wurden, werfen die jüngsten Entwicklungen beunruhigende Fragen hinsichtlich der reproduktiven Rechte, der medizinischen Privatsphäre und der emotionalen Integrität betroffener Frauen auf. Es entsteht so ein bedrückendes Szenario, in dem Frauen, die eine gewünschte Schwangerschaft verlieren, künftig nicht nur mit ihrer Trauer fertig werden müssen, sondern auch Angst haben müssen, ob ihre emotionale Reaktion einem willkürlichen „Reinheitstest“ eines Staatsanwalts genügt. Dies stellt eine gravierende Zäsur dar – und könnte ein düsteres Kapitel in der Geschichte der Frauenrechte eröffnen.

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Ela Gatto
Ela Gatto
3 Monate zuvor

Gilead lässt grüßen. Als Frau sollte man in blue Staaten abwandern.
Es sei denn man steht auf diese vollkommene Entrechtung.
Warum gibt es da landesweit keinen Aufschrei?
Es können doch nicht alle republikanisch wählende Frauen auf ihre Rechte verzichten wollen.

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