Jens Spahn hat einen Satz geprägt, den man sich für diese Republik auf eine Plakatwand drucken könnte: „Wir haben Deutschland gut durch diese schwere Zeit geführt.“ Das war 2025. Da war er längst Fraktionschef der CDU/CSU, verantwortlich für nichts, zuständig für alles, umgeben von Ja-Sagern mit Karrieresehnsucht. Es war derselbe Jens Spahn, der 2020 mit schäumender Dringlichkeit 5,8 Milliarden Masken kaufte – für ein Land, das gerade mal 275 Millionen brauchte. Macht nix. Wenn der Staat bestellt, darf es ruhig das Siebenfache sein. Hauptsache, keiner merkt’s sofort. Doch der Steuerzahler merkte es irgendwann – nämlich dann, als Spahns Masken in Lagerhallen vergammelten, zu warm gelagert, zu schlecht verarbeitet, zu teuer eingekauft. Manche FFP2-Masken kosteten bis zu 6,35 Euro pro Stück – obwohl intern maximal 3 Euro empfohlen waren. Der Mehraufwand? Rund 470 Millionen Euro – die man mit etwas Glück gerade noch unter „Spahns Freizeitbudget“ verbuchen kann. Und bezahlt wurden die Luxusmasken nicht etwa vom Markt, sondern bevorzugt über Spahns privates Netzwerk: Emix Trading, Fiege Logistik – Firmen, deren einzige Qualifikation zu sein schien, den richtigen Vornamen zu kennen. Fachliche Einwände? Gab’s viele. Das Innenministerium warnte, das Beschaffungsamt zuckte, die Sachverständigen protestierten. Doch Spahn hatte längst auf Durchzug gestellt. Fiege bekam den Zuschlag trotzdem – ohne Ausschreibung, ohne Prüfung, ohne Scham. Das Ganze ließ sich treffend mit dem Satz zusammenfassen, den Spahn tatsächlich gesagt haben soll: „Verträge mit jemandem, den man kennt, sind oft effizienter.“ Mafia, aufgepasst: Hier spricht der Staat.
Und dann kam das große Schweigen. Als die Sonderermittlerin Margaretha Sudhof einen Bericht zur Maskenaffäre vorlegte, war dieser erst einmal geschwärzt wie ein NSA-Dokument. Die unzensierte Version wurde später publik – und sprach eine klare Sprache: Lüge, Verantwortungsverweigerung, Ignoranz, Selbstschutz statt Amtsverständnis. Spahn tat, was er am besten kann: aussitzen. Und CDU/CSU? Verhinderten lieber einen Untersuchungsausschuss – zugunsten einer Enquete-Kommission, der parlamentarischen Entsprechung von „Lass uns da mal ganz in Ruhe drüber reden, wenn Gras drüber gewachsen ist“. Dabei war die Liste der Peinlichkeiten lang: Eine Villa in Berlin-Dahlem für 4,125 Millionen Euro, finanziert durch eine Sparkasse, in deren Verwaltungsrat Spahn selbst saß. Ein geplatzter Österreich-Kredit über eine Raiffeisenbank. Eine gerichtliche Klage gegen Journalisten, die es gewagt hatten, den Grundbuchauszug zu lesen. Und am Ende der schnelle Weiterverkauf mit Verlust – weil selbst Spahn irgendwann einsehen musste, dass sich Korruption nicht als Kapitalanlage eignet. Und als ob das nicht reichte, kam noch der Burda-Deal. Eine halbe Million Masken vom Arbeitgeber seines Ehemanns – geliefert ohne Ausschreibung, direkt ins Ministerium. Nein, Funke habe damit „nichts zu tun“ gehabt, sagte man später. Genauso wie Emix, Fiege, Drägerwerk und der Papst. Apropos Dräger: Laut inoffizieller Quellen sollen 90 Millionen Euro Optionsprämie gezahlt worden sein – für Beatmungsgeräte, die nie geliefert wurden. Offiziell? Kein Wort. Aber der Bundesrechnungshof nennt eine andere Zahl: 2,3 Milliarden Euro Rechtsrisiken aus Spahns Amtszeit. In Worten: Zwei Komma Drei Milliarden für Fehler, die niemand gemacht haben will.
Und Spahn? Blieb. Blieb als Fraktionschef, blieb als Gesicht einer Partei, die sich gern technokratisch gibt, wenn’s gerade passt, und populistisch, wenn’s besser klingt. In einer Rede 2024 forderte er, AfD-Politiker könnten ruhig Ausschussvorsitzende sein – wenn sie nur „moderat genug“ aufträten. Derselbe Spahn, der eine SPD-Politikerin öffentlich mit Hermann Göring verglich. Der Mann hat Geschmack. Und Kontakte. Zum Beispiel nach Amerika. Zu Richard Grenell, Trumps diplomatischem Knüppelträger in Berlin. Oder zu Thinktanks, die eng an Project 2025 angelehnt sind – dem ultrarechten Umbauplan für die USA. In Berlin war Spahn gern gesehener Gast bei „The Republic“, einem Netzwerk aus CDU-Hoffnungsträgern und US-Konservativen, wo man über eine Welt sinniert, in der Regierung wieder ein autoritärer Männertraum ist. Selbst rhetorisch hat Jens Spahn Maßstäbe gesetzt. Nicht im Sinne von Klarheit oder Aufrichtigkeit – sondern im Sinn einer politischen Dialektik, in der jedes Wort ein Schleier ist. Man muss es ihm lassen: Der Mann beherrscht die Kunst, sich selbst zu inszenieren – mit Phrasen, die zugleich banal und beunruhigend sind.
„Wir haben Deutschland gut durch diese schwere Zeit geführt“, sagt er – als hätte man nicht gerade die größte Maskenverschwendung der Bundesrepublik aufgearbeitet. „Die AfD ist auch nur eine Partei“, lässt er verlauten – als gäbe es keinen Verfassungsschutzbericht, keine rechtsextremen Netzwerke, keine offenen Drohungen gegen die Demokratie. Verträge mit „Leuten, die man kennt, funktionieren besser“ – ein Satz wie aus der Betriebsanleitung für Vetternwirtschaft. Er sieht „keinen Grund für einen Untersuchungsausschuss“, während die Beweislage sich turmhoch vor ihm stapelt. Er sagt: „Ich habe nichts zu verbergen“, während er Journalisten verklagt, die über seinen Immobilienkauf berichten. „Ich war nicht verantwortlich“, behauptet er – obwohl seine Unterschrift auf den Milliardenverträgen prangt. Die CDU, so findet er, müsse „wieder klarer werden“ – gemeint ist: noch weiter nach rechts, noch näher an die politische Wetterwand, hinter der längst die AfD sitzt. „Ich bin für Ehrlichkeit in der Politik“, sagt er – und tut es exakt in der Woche, in der der ungeschwärzte Sudhof-Bericht veröffentlicht wird. Und dann: „Corona hat gezeigt, wie leistungsfähig unser System ist.“ Gemeint ist wohl das System Spahn. Ein System, in dem 7 Milliarden Euro in einer Mischung aus Selbstüberschätzung, Günstlingswirtschaft und Nichtverantwortung verdampfen. „Wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen“, sagt der Mann, der der AfD die Hand reicht – und der Verfassung ins Gesicht schlägt.
Spahn kann – nichts!
Nein. Jens Spahn kann alles, was man in einer Demokratie nicht brauchen kann. Er kann verteilen, was ihm nicht gehört. Vernebeln, was ihm nicht gefällt. Verklagen, was ihn entlarvt. Und verdrängen, was ihn überführen würde. Er ist nicht der Unfall – er ist das System.
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Die ganze Führungsriege der CDU hängt da mit drin, anders kann ich mir nicht vorstellen, warum man an ihm festhält.
Ja wie geil ist der Artikel geschrieben. Klasse
😡