Kananaskis, ein Ort der Stille, hoch in den kanadischen Rockies gelegen, wird an diesem Wochenende zur Bühne eines weltpolitischen Dramas. Hier, wo der Wind zwischen den Gipfeln pfeift und das Echo vergangener G8-Gipfel noch spürbar ist, treffen sich die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen – unter ihnen ein US-Präsident, der nicht gekommen ist, um zu einen, sondern um zu spalten. Donald Trump, der Mann, der Kanada öffentlich zur 51. Bundesstaat der Vereinigten Staaten erklären wollte, reist in ein Land, das sich unter Premierminister Mark Carney längst zur diplomatischen Gegenkraft formiert hat. Und Carney, der ehemalige Zentralbankchef mit intellektueller Klarheit und politischer Entschlossenheit, empfängt diesen Präsidenten nicht mit devotem Protokoll, sondern mit einer Agenda der Abgrenzung.

Trump führt Krieg – wirtschaftlich, rhetorisch, strategisch – gegen genau jene Länder, die ihn nun am Verhandlungstisch erwarten. Zölle, Drohungen, Nationalismus. Was einst als G7 das Versprechen globaler Koordination war, ist unter Trump zur geopolitischen Zerreißprobe geworden. Carney hat aus diesen Vorzeichen Konsequenzen gezogen: Kein gemeinsames Abschlussdokument, kein künstlich erzeugter Konsens. Wie schon Macron 2019 in Biarritz verweigert er sich dem diplomatischen Ritual und ersetzt es durch eine nüchterne Zusammenfassung – ein „Chair’s Summary“, das nichts vorgaukelt, was nicht vorhanden ist. Denn die Einheit ist brüchig, das Vertrauen geschwächt, die Erwartung an diesen Gipfel: gedämpft bis alarmiert. Die Risse in der globalen Architektur werden deutlich, sobald Trump das Gelände betritt. Auf dem Papier geht es um Wachstum, Klima, Sicherheit – in Wahrheit geht es um das Verhältnis zu einem Präsidenten, der Regeln nur kennt, um sie zu durchbrechen. Volodymyr Selenskyj wird erwartet, ein weiteres Mal gezwungen, sich dem erratischen Auftreten jenes Mannes auszusetzen, der einst die US-Unterstützung für sein Land an Bedingungen knüpfte. Auch Claudia Sheinbaum, Mexikos neue Präsidentin, wagt ihr erstes persönliches Treffen mit Trump – wohlwissend, dass jeder Händedruck auf diplomatischem Porzellan stattfindet.
Und während Macron demonstrativ über Grönland reist – jenes arktische Gebiet, dessen Annexion Trump einst forderte –, wird in Kanada überlegt, wie man dem politischen Theater begegnet, das Trump so virtuos beherrscht. Robert Bothwell, Historiker aus Toronto, bringt es auf den Punkt: „Es hängt ganz davon ab, welches Theater er diesmal spielen will.“ Denn es ist nicht vorhersehbar, wie Trump agieren wird – nur, dass er inszenieren wird. Carneys Kanada tritt selbstbewusst auf. Er hat nicht nur Premierminister Starmer, Kanzler Merz und Premierminister Ishiba empfangen – er lädt auch Narendra Modi ein, obwohl gegen dessen Regierung schwere Vorwürfe wegen Gewaltverstrickung in Kanada im Raum stehen. Nicht aus Naivität, sondern aus diplomatischem Kalkül: Wer auslädt, verliert Einfluss. Wer einlädt, setzt Rahmen. Saudi-Arabiens Kronprinz bleibt fern – ein Signal, das mehr sagt als Worte.
Doch der eigentliche Sprengsatz liegt im ökonomischen Unterbau. Trump hat Zölle gegen fast jedes Land verhängt, darunter alle G7-Staaten außer Großbritannien. Mit 10 % Einfuhrsteuern und der Drohung, weitere massive Handelshemmnisse einzuführen, attackiert er nicht nur die Partner, sondern das Prinzip multilateralen Wirtschaftens an sich. Die Weltbank hat ihre Wachstumsprognose bereits gesenkt – mit Hinweis auf „einen drastischen Anstieg von Handelsbarrieren“. Die Vereinigten Staaten, einst Garant wirtschaftlicher Stabilität, erscheinen nun als Brandstifter im Zentrum des Systems. Und auch die Erinnerung an Québec 2018 ist lebendig. Damals nannte Trump den kanadischen Premier „schwach“ und „unehrlich“, verweigerte in letzter Minute seine Zustimmung zum G7-Kommuniqué und forderte Russlands Rückkehr in den Kreis der Demokratien – obwohl britische Bürger gerade von russischen Agenten mit Nervengift ermordet worden waren. Der Gipfel endete im politischen Trümmerfeld. In diesem Jahr hofft Carney, solche Bilder zu vermeiden – nicht durch Annäherung, sondern durch kluge Begrenzung.
Doch es ist nicht nur die G7, die in Kananaskis zur Disposition steht. Es ist auch ein geopolitischer Übergangsmoment. NATO-Generalsekretär Mark Rutte wird teilnehmen – im Vorfeld des Brüsseler Gipfels, bei dem Trump auf eine Verteidigungsausgabenquote von 5 % drängt. Carney, so lässt er durchblicken, hält das für illusionär. Kanada werde die 2 %-Marke erreichen, aber nicht die Selbstverpflichtung in den Abgrund treiben. Sicherheit sei nicht Zahlenspiel, sondern Verantwortung. Und während Demonstrationszonen in Calgary und Banff eingerichtet werden, Video-Feeds in den Gipfelsaal übertragen werden sollen, bleibt Kananaskis selbst unberührt. Die Zufahrten sind gesperrt, die Öffentlichkeit bleibt außen vor – und vielleicht ist genau das Symbol und Schutzmechanismus zugleich. Denn was sich dort abspielen wird, ist keine offene Debatte, sondern ein diplomatischer Hochseilakt über einem brennenden Fundament.
Trump reist in ein Land, das er nie als souveränen Partner akzeptiert hat. Die Frage ist nicht, ob er den Gipfel sprengen wird – sondern nur, wann und wie. Und ob es inmitten dieses politischen Sturms noch einen Ort gibt, an dem die Idee des Westens – Kooperation statt Konfrontation – nicht nur erinnert, sondern gelebt wird. Vielleicht, für einen Moment, hoch oben in den Bergen. Doch der Atem ist flach. Die Welt hält den Atem an. Und niemand weiß, was kommt.

Alles ist möglich bei Trump. Ich hoffe die anderen Teilnehmer halten zusammen gegen diesen verabscheungswürdigen Machtmenschen.
..ja bei dem verrückten ist alles möglich, aber zusammenhalt und organisation ist sehr gut…wichtig ist, dass es friedlich bleibt, die goldene regel für diesen tag