Der Fall gegen James Comey hat an diesem Montag eine neue, schwerwiegende Erschütterung erfahren. In Alexandria, Virginia, erklärte ein Bundesrichter, dass das Justizministerium womöglich Fehlverhalten begangen habe – ein Wort, das in diesem Kontext selten fällt und noch seltener so klar. Und doch steht es nun schwarz auf weiß in einer 24-seitigen Entscheidung, die nicht nur die Arbeit der Staatsanwaltschaft, sondern das gesamte Verfahren ins Wanken bringt.


Im Mittelpunkt steht Lindsey Halligan, jene unerfahrene Anwältin, die Präsident Trump erst vor wenigen Monaten zur Chefanklägerin im Eastern District of Virginia gemacht hat – obwohl sie noch nie zuvor ein Strafverfahren geführt hatte. Sie erschien allein vor der Grand Jury, ohne Unterstützung, ohne ein Team, und machte laut Richter William Fitzpatrick gleich mehrfach gravierende Fehler. Zwei davon bezeichnete er als „grundlegend und höchst nachteilig“. In seinen Worten spürt man nicht nur Kritik, sondern Zweifel an der Rechtmäßigkeit des gesamten Vorgehens. Siehe auch unsere Recherchen zu diesem gesamten Fall unter: „Die Schatten der Justiz – Wie Trumps Regierung das Ernennungsrecht der Verfassung aushebelte“, unter dem Link: https://kaizen-blog.org/die-schatten-der-justiz-wie-trumps-regierung-das-ernennungsrecht-der-verfassung-aushebelte/ – „Nach unseren Recherchen war die Amtszeit von Lindsey Halligan nach § 546 längst abgelaufen, als sie das Dokument unterschrieb. Die Verteidigung argumentiert ebenfalls, Halligan sei nicht rechtmäßig im Amt gewesen, weshalb die gesamte Anklage verfassungswidrig sei“.

Der Richter stellte zudem fest, dass die Unterlagen der Grand Jury, die Halligan herausgeben musste, unvollständig wirken – als fehlten entscheidende Teile. „Die Maßnahmen der Regierung werfen echte Fragen nach Fehlverhalten auf“, schrieb Fitzpatrick. Und er fügte hinzu, dass diese Fragen nun vollständig von der Verteidigung geprüft werden müssten. Dass ein Richter überhaupt anordnet, einem Angeklagten Einsicht in Teile der Grand-Jury-Protokolle zu gewähren, ist nahezu beispiellos. Grand-Jury-Verfahren sind normalerweise hermetisch verschlossen – aus gutem Grund. Doch hier, so Fitzpatrick, sei Transparenz der einzige Weg, um die Sache überhaupt noch fair zu behandeln.
Während das Verfahren an Stabilität verliert, wird auch Halligans Rolle immer fragwürdiger. Nur wenige Tage vor dieser Entscheidung stellte eine andere Richterin infrage, ob sie überhaupt rechtmäßig ernannt wurde. Die Frage, ob die Justizministerin Pam Bondi sie ordnungsgemäß eingesetzt hat, soll bis Thanksgiving geklärt werden. Wenn diese Ernennung unrechtmäßig war, könnte das Verfahren gegen Comey in sich zusammenfallen, noch bevor ein Gericht sich inhaltlich damit beschäftigt. Dabei war schon der Weg zur Anklage holprig. Erik Siebert, Halligans Vorgänger, hatte nach Aktenprüfung erklärt, dass die Beweise für ein Verfahren gegen Comey nicht ausreichen. Er wurde kurz darauf entlassen – ein Vorgang, der selbst unter Trump-Verhältnissen selten so offen mit einem einzelnen Verfahren verbunden wurde. Halligan hingegen reichte die Anklage zügig ein: Comey soll 2020 vor dem Justizausschuss des Senats die Wahrheit über anonyme Quellen im Umfeld des FBI verschwiegen und die Arbeit des Kongresses behindert haben.
Doch was jetzt im Raum steht, ist größer als eine einzelne Aussage aus einem alten Hearing. Es geht um das Vertrauen in die Strafverfolgung eines Landes, in dem politische Loyalität inzwischen oft schwerer wiegt als Erfahrung. Ein Richter, der öffentlich von „Fehlverhalten“ spricht, tut das nicht leichtfertig. Und er tut es nur, wenn er die Unabhängigkeit der Justiz bedroht sieht. Der Fall Comey sollte ein Prestigeprojekt werden – ein politisches Symbol, das zwei Welten beschäftigen sollte: die Anhänger Trumps, die Comey seit Jahren als Gegner betrachten, und jene, die befürchteten, dass die Justiz zur Waffe gegen Kritiker des Präsidenten wird. Nun steht das Verfahren an einem Punkt, an dem nicht Comey die größte Last zu tragen hat, sondern das Justizministerium selbst.
Wie es weitergeht, hängt nicht mehr nur von Fakten ab, sondern von der Frage, ob ein Verfahren, das so begonnen hat, überhaupt noch glaubwürdig zu Ende geführt werden kann. Und ob ein Land, das sich einst auf die Unabhängigkeit seiner Justiz verlassen konnte, diese Gewissheit nicht längst verloren hat.
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SUPER Artikel!
Ganz lieben Dank
Das ist so interessant, was da dran hängt.
Erstmal danke für die tolle Recherche.
Der Richter ist klasse und hat Moral und Anstand.
Er beruft sich auf Gesetze, nicht auf Loyalität zu Trump.
Sehr selten geworden.
Ich bin gespannt, wie es weiter geht.
Welche Winkelzüge sich Trump und Konsorten einfallen lassen.
Richtig klasse wäre es, wenn das mit so viel Medienrummel aufgebauschte Verfahren, in sich zusammenfallen würde und damit zeigt dass es eben nur ein einziger Rachefeldzug ohne Substanz war.