Zum ersten Mal in der Geschichte werden sie gemeinsam auf einer Bühne stehen: Kim Jong Un, Wladimir Putin und Xi Jinping. Der nordkoreanische Machthaber traf am Dienstag in Peking ein, nachdem er die 1.300 Kilometer lange Reise in seinem gepanzerten Sonderzug zurückgelegt hatte. Was als Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs am kommenden Mittwoch inszeniert wird, markiert einen Wendepunkt in der globalen Machtarchitektur. Drei Staatschefs, die zusammen über gewaltige militärische Kapazitäten und Atomwaffenarsenale verfügen, senden ein koordiniertes Signal an die Welt.

Es ist Kims erste Reise nach China seit 2019, sein erster bedeutender internationaler Auftritt seit dem Treffen mit Putin an einem russischen Weltraumbahnhof im September 2023. Dass der notorisch zurückgezogene Diktator, der in seiner 14-jährigen Herrschaft nur zehn Auslandsreisen unternahm, ausgerechnet jetzt nach Peking kommt, ist kein Zufall. Die geopolitischen Verschiebungen der vergangenen Jahre haben eine neue Konstellation geschaffen, die in dieser Parade ihre öffentliche Manifestation findet. Putin war bereits am Sonntag in China eingetroffen, um am Gipfel der Shanghai Cooperation Organization teilzunehmen und nun die Parade zu begleiten. Der Kreml ließ wissen, ein Treffen mit Kim werde „in Erwägung gezogen“. Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass Xi und Kim auch bilateral sprechen – zu groß ist der beiderseitige Bedarf an einer Wiederannäherung. China bleibt Nordkoreas wichtigster Handelspartner und Lebensader; Kim weiß, dass er nach dem Krieg in der Ukraine neue Partner braucht, wenn er nicht völlig von Moskau abhängig sein will.
Die Geometrie der neuen Weltordnung
Was sich in Peking abzeichnet, ist mehr als symbolische Politik. Die vertiefte Kooperation zwischen Moskau, Peking und Pjöngjang hat konkrete Auswirkungen auf die globale Sicherheitsarchitektur. Nordkoreas massive Munitionslieferungen an Russland – Experten sprechen von Millionen Artilleriegeschossen und zehntausenden Soldaten – haben den Verlauf des Ukraine-Krieges beeinflusst. Im Gegenzug erhält Pjöngjang nicht nur wirtschaftliche Unterstützung, sondern möglicherweise auch fortgeschrittene Militärtechnologie, die das nordkoreanische Raketenprogramm auf eine neue Stufe heben könnte.

China, das 98 Prozent von Nordkoreas Außenhandel kontrolliert und Russlands wichtigster Wirtschaftspartner geblieben ist, spielt in dieser Konstellation eine Schlüsselrolle. Pekings Strategie ist subtiler als die offene Konfrontation Moskaus oder die Provokationen Pjöngjangs, aber nicht weniger wirkungsvoll. Durch die Aufrechterhaltung wirtschaftlicher Verbindungen zu beiden Ländern unterläuft China faktisch westliche Sanktionsregime und schafft einen alternativen Wirtschaftsraum, der sich westlichem Einfluss zunehmend entzieht.

Die Unterzeichnung des Verteidigungspakts zwischen Putin und Kim im Juni dieses Jahres, der gegenseitigen militärischen Beistand vorsieht, hat die Sicherheitsgleichung in Ostasien fundamental verändert. Zwar hat China sich formal nicht diesem Pakt angeschlossen, doch die demonstrative Einheit bei der Militärparade sendet ein deutliches Signal: Diese drei Mächte sehen sich als Gegengewicht zur westlich dominierten internationalen Ordnung.
Herausforderungen für Washington und seine Verbündeten
Für die westliche Diplomatie stellt diese Konstellation eine komplexe Herausforderung dar. Donald Trumps jüngste Äußerungen über eine mögliche Wiederaufnahme des Dialogs mit Kim Jong Un wirken vor diesem Hintergrund zunehmend unrealistisch. Kim Yo Jong, die einflussreiche Schwester des nordkoreanischen Machthabers, hatte zwar von einer „speziellen persönlichen Beziehung“ zwischen Trump und ihrem Bruder gesprochen, aber gleichzeitig klargestellt: Gespräche sind nur möglich, wenn Washington seine „veraltete Denkweise“ – sprich: die Forderung nach Denuklearisierung – aufgibt.

Die europäischen Verbündeten beobachten mit Sorge, wie sich die globalen Kräfteverhältnisse verschieben. Die praktische Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea im Ukraine-Krieg demonstriert die Grenzen westlicher Sanktionsinstrumente. Während NATO-Staaten mit Lieferengpässen bei Munition kämpfen, kann Moskau auf nordkoreanische Arsenale zurückgreifen, die über Jahrzehnte aufgebaut wurden. Besonders beunruhigend ist die Entwicklung neuer Technologiekooperationen. Kim Jong Uns demonstrativer Besuch einer Raketenforschungsanlage vor seiner Abreise, wo er neue Triebwerke aus Carbonfaser-Verbundstoffen inspizierte, unterstreicht Nordkoreas technologische Ambitionen. Diese Materialien könnten Interkontinentalraketen leichter und schwerer abzufangen machen – eine Entwicklung, die direkte Auswirkungen auf die strategische Balance hat. Europa hat die großen Weckrufe der letzten Jahre verschlafen – von Putins Krim-Annexion über die Vollinvasion der Ukraine bis hin zur eigenen sicherheitspolitischen Aufrüstung. Statt entschlossen zu handeln, wurde lange gezögert, bis die Munitionslager leer und die Optionen eng wurden. Mit dem Abgang von Jens Stoltenberg verlor die NATO zudem eine Stimme, die Europa immer wieder zur Klarheit zwang. Sein Fehlen ist mehr als nur spürbar – just in dem Moment, in dem Trump die NATO immer wieder, je nach Tweet-Form, infrage stellt und Moskau, Peking und Pjöngjang demonstrativ gemeinsame Stärke zeigen.

Die Militärparade am Mittwoch wird nach Angaben des chinesischen Außenministeriums Delegationen aus 26 Ländern zusammenbringen. Doch die Abwesenheit westlicher Staatsführer ist bezeichnend. Während Xi, Putin und Kim Seite an Seite stehen werden, bleibt der Westen außen vor – ein Sinnbild für die zunehmende Polarisierung der Weltpolitik. Was sich in Peking manifestiert, ist keine kurzfristige Allianz aus Opportunismus, sondern eine strukturelle Neuordnung globaler Machtverhältnisse. Die drei Staatsführer eint mehr als nur die Opposition gegen westliche Hegemonie: Sie teilen ein Staatsverständnis, das autoritäre Kontrolle über liberale Freiheiten stellt, nationale Souveränität über internationale Normen.
Für westliche Strategen stellt sich die Frage, wie auf diese neue Realität zu reagieren ist. Die traditionellen Instrumente – Sanktionen, diplomatische Isolation, militärische Abschreckung – haben ihre Wirkung verfehlt oder zumindest nicht die erhofften Ergebnisse gebracht. Die Parade in Peking ist auch ein Triumph über diese Politik der Eindämmung. Während die drei Machthaber am Mittwoch die vorbei marschierenden Truppen abnehmen werden, wird die Welt Zeuge eines historischen Moments: Der öffentlichen Proklamation einer alternativen Weltordnung, die nicht in Washington, Brüssel oder New York definiert wird, sondern in Moskau, Peking und Pjöngjang. Die Frage ist nicht mehr, ob sich diese neue Machtarchitektur etabliert – sondern wie der Westen darauf reagieren wird. Moskau, Peking und Pjöngjang rücken zusammen, während der Westen zerstritten und kriegsmüde wirkt.
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Gut das es euch gibt, erfährt man wenigstens was in der Welt los ist. Danke
Das wäre nie so schnell und in der Form passiert, wenn Trump bzw Thiel und Konsorten nicht an die Macht gekommen werden.
Jeder einzelne Tag mit Krasnov als Präsident hat Russland und Nordkorea in die Hand gespielt.
Jetzt in der 2. Amtszeit ist das mehr wie deutlich.
Keine Sanktionen gegen Russland, teilweise Einstellung der Unterstützung für die Ukraine, Täter-Opfer-Umkehr.
Und als Krönung die Weltbühne für Putin in Alaska.
Auch darauf folgen keine Sanktionen gegen Russland. Nein, die Frist wurde wieder einmal verlängert.
Die Zölle gegen China?
Ausgehölt. Kristen immer wieder verlängert.
Der big deal für TikTok? Es wird nicht mal mehr darüber geredet.
Außenpolitisches Versagen zu 100%.
Dadurch bekommen die anderen Staaten Aufwind.
Die USA waren immer der Gegenpol zu Russland.
Nun ist die USA nur noch ein taumelndes Land, dass von faschistischen Autokraten regiert wird.
Weder China, Russland, Nord Korea oder Indien nehmen Trump ernst.
Sie haben sich längst entschieden.
Wir in Europa sind am Arsch, um es deutlich zu sagen.
Die EU hat sich Trump vor die Füße geworden.
NATO Generalsekretär Rutte schlimm um Trump, dass man 🤮 könnte.
Mir fehlt da der starke und geradliniege Stoltenberg. Ein Mannmig Rückgrat.
Ob Project 2025 die Macht Russlands und seiner Verbündeten unterschätzt hat?
Sieht so aus.
Denn die lassen sich nicht audience Tech-Autokraten aus dem Westen ein.
Der Schuß geht sehr wahrscheinlich weltpolitisch nach hinten los.
Aber in den USA konnen sie sich ja mit der Demontage der Demokratie noch austoben (ich glaube nicht, dass die Demonstrationen was ändern. Die im Mai hat gar nichts bewirkt)
Wir gehen zutiefst dunklen Zeiten entgegen