Was, wenn die schönste Nebensache der Welt nicht mehr als Einladung zur globalen Begegnung, sondern als Sicherheitsrisiko empfunden wird? Genau dieses Szenario zeichnet sich ein Jahr vor Beginn der FIFA-Weltmeisterschaft 2026 ab. Mehr als 90 zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter Human Rights Watch, Amnesty International, NAACP und die American Civil Liberties Union, warnen eindringlich vor den Folgen der US-Migrationspolitik unter Präsident Donald Trump. In einem offenen Brief an FIFA-Präsident Gianni Infantino fordern sie nicht weniger als ein Menschenrechtsbekenntnis – und ein klares Wort gegen politische Verhärtung. Wir hatten Einblicke in die Briefe und einige liegen uns vor, die wir hier veröffentlicht haben. Der Hintergrund: Am 14. Mai 2025 war Infantino in Doha an der Seite von Trump zu sehen, beim Staatsdinner im Lusail Palace. Offiziell ging es um Investitionen, inoffiziell um Symbolik. Die Bilder der beiden, vertraut und kamerafreundlich, riefen bei vielen Beobachtern Erinnerungen an die FIFA-Kontroversen früherer Turniere wach – insbesondere Katar und Russland. Doch diesmal steht der Gastgeber nicht am Golf oder in Osteuropa, sondern in Nordamerika. Und die Kritik kommt aus dem eigenen Lager: aus demokratischen Staaten, von etablierten Institutionen, aus der Mitte der Gesellschaft.
Der offene Brief an Infantino ist präzise. Er benennt nicht nur das Problem, sondern nennt auch Namen: die Homeland-Security-Ministerin Kristi Noem, die mit DNA-Tests und Nachtabschiebungen für Schlagzeilen sorgt; Vizepräsident J.D. Vance, der bereits im Mai sagte: „Jeder ist willkommen, das Turnier zu sehen. Aber wenn es vorbei ist, sollen sie wieder gehen – oder mit Ministerin Noem reden.“ Der Ton ist klar, die Drohung unverhohlen. Und genau diese Atmosphäre sei es, so die Unterzeichnenden, die den Geist eines globalen Turniers untergrabe. Besonders kritisch: Trumps Einreisesperren gegen insgesamt 12 Länder, darunter Iran und Venezuela, sowie die Ankündigung, weitere 36 Länder – vorwiegend afrikanische Staaten – auf eine schwarze Liste zu setzen. Diese Politik könnte Hunderttausenden Fans, Spielerfamilien und Funktionären die Einreise verwehren – obwohl ihre Teams regulär qualifiziert sind. Die daraus resultierenden Klagen über Diskriminierung, Willkür und rechtswidrige Behandlung würden, so befürchten die NGOs, das Turnier dauerhaft beschädigen.
Die USA sind nicht irgendein Gastgeber. Sie sind ein Land mit tiefer fußballerischer Infrastruktur, globaler Anziehungskraft und über 2,6 Millionen erwarteten internationalen Gästen zur WM. Doch anstatt als offenes Haus zu fungieren, schließt sich das Land politisch zunehmend. ICE-Razzien, willkürliche Inhaftierungen, Reiseverbote aus religiösen Gründen, abschreckende Facebook-Posts der Grenzschutzbehörde CBP – all das gehört inzwischen zur Realität. In einem bemerkenswerten Schritt hatte CBP sogar angekündigt, zur Club-WM 2025 „suited and booted“ in den Stadien für Sicherheit zu sorgen – eine Formulierung, die eher an Militarisierung erinnert als an Willkommenskultur. Erst nach Intervention seitens der FIFA wurde der Post gelöscht. Doch wie groß das Unbehagen inzwischen ist, zeigen Berichte über leergebliebene Ränge und sinkende Touristenzahlen – insbesondere aus Kanada, wo die Reisebuchungen in die USA laut Kongressabgeordneten um bis zu 40 Prozent eingebrochen sind. Die zentrale Botschaft des Briefs: Eine WM ist nicht nur ein logistisches, sondern vor allem ein menschenrechtliches Ereignis. Wer Menschen den Zugang erschwert, sie unter Generalverdacht stellt oder ihnen ihre Bewegungsfreiheit verwehrt, verletzt nicht nur ethische Grundprinzipien – er verletzt auch die eigene Glaubwürdigkeit. Genau das werfen die Unterzeichner der FIFA vor, wenn sie von der Gefahr sprechen, zur „PR-Hülle eines autoritären Regimes“ zu werden. Infantino selbst hatte auf dem FIFA-Kongress im Mai in Paraguay erklärt: „Die Welt ist in Amerika willkommen.“ Ein Satz, der nun auf dem Prüfstand steht. Denn so willkommen sich Spieler, Funktionäre und Sponsoren fühlen mögen – für Millionen Fans aus Afrika, Asien oder Lateinamerika gilt das nicht. Wer auf politische Willkür trifft, statt auf Offenheit, wer nach der Einreise Angst vor Deportation hat, statt Vorfreude auf das Spiel, der erlebt nicht die FIFA-Vision, sondern ihre Karikatur. Die FIFA ist also gefordert. Nicht nur in Sonntagsreden, sondern in klarer Praxis. Die Berufung eines neuen Menschenrechtsverantwortlichen für 2026 ist ein Anfang – doch der Jobtitel allein wird nichts ändern, solange die Organisation nicht handelt. Denn Menschenrechte sind keine Nebensache. Sie sind das Spielfeld, auf dem sich entscheidet, ob die WM ein Fest für alle wird – oder ein exklusives Schaufenster für die, die bleiben dürfen.
Infantino wird das genau so wenig Jucken, wie die bisherige Kritik.
Der ist genau so Dealgeil, wie Tru***.
Und Fussballfans schmeißen offensichtlich gerne jegliche Moral über Bord, wenn es um ihren heiligen Ball geht.
Das müsste hier ständig in den Medien sein.
Was mit Menschen in den USA passiert.
Aber Nein, da gibt es vielleicht mal einen kleinen Artikel, sonst wird ellenlang über die großartige (Ironie) Club WM berichtet.
Auch über die Problematik bei Einreisen in die USA hört man kaum mal was.
Wo bleibt eine längst überfälluge und deutliche Reisewarnung?
Das gehört abgesagt. Es geht doch nicht in so einem Land eine WM auszurichten. Da dürfen nicht alle Teams hin, das stelle man sich bitte einmal vor. Ich werde die WM mir nicht anschauen.