Die Nachrichten dieses Tages könnten kaum eindringlicher sein. Während Präsident Donald Trump seine Beine hochlegt – angeschwollen, wie sein Arzt beiläufig mitteilt –, schwillt das politische Fieber in Washington weiter an. Der Kongress steht kurz davor, Trumps Forderung zu erfüllen, mehr als neun Milliarden Dollar an bereits genehmigten Mitteln für Auslandsentwicklungshilfe und öffentlich-rechtliche Medien zurückzuziehen. Es ist ein Schnitt mit System – und ein Dammbruch in der amerikanischen Haushaltsgeschichte. Seit Jahrzehnten hat kein Präsident mehr eine derartige Rückholaktion erfolgreich durch den Kongress gedrückt. Doch am Abend des 17. Juli 2025 ist alles anders. Der Senat segnete das Vorhaben mit 51 zu 48 Stimmen durch, unter dem Applaus der republikanischen Mehrheit und ohne eine einzige demokratische Zustimmung. Zwei Republikaner verweigerten aus Prinzip ebenfalls ihre Stimme – es half nichts. Die Kürzungen kommen. Und mit ihnen ein beispielloser Verlust parlamentarischer Kontrolle: Denn nun ist es die Exekutive, die nach Belieben bereits gebundene Mittel neu verteilt – oder annulliert.
Doch der Tag bleibt nicht beim Geld stehen. Während das Repräsentantenhaus die Rückzüge verhandelt, tobt im ganzen Land eine Protestwelle unter dem Banner „Good Trouble Lives On“. In mehr als 1.600 Städten demonstrieren Menschen gegen Trumps Deportationspolitik, gegen Kürzungen bei Medicaid, gegen die Demontage des Sozialstaats. Es ist ein Aufstand im Namen von John Lewis, dem verstorbenen Kongressabgeordneten und Bürgerrechtler, und ein Versuch, einer Regierung zu trotzen, die mittlerweile ganze Bevölkerungsgruppen wie Verwaltungsschatten behandelt, ein Modell, das auch in Europa und Deutschland sich in ersten Ansätzen wiederfindet. Hierbei liegt das Augenmerk auf die Justiz gerichtet, nur wer richtig richtet ist willkommen im System der fehlenden Transparenz. Befeuert wird das Ganze, wie kann es auch anders sein, von Rechtskonservativen. Menschenrechtsorganisationen und investigative Journalisten, Rechtsanwälte schließen sich noch enger zusammen, um fast als die letzte Bastion dagegenzuhalten. Denn fast gleichzeitig wird bekannt: ICE erhält Zugriff auf die vollständigen Medicaid-Daten von über 79 Millionen Menschen – inklusive ihrer Adressen und ethnischen Zugehörigkeit. Grundlage ist ein Abkommen zwischen den Gesundheitsbehörden und dem Heimatschutzministerium. Öffentlich wurde es nie verkündet, aber das Dokument liegt der einigen Journalisten vor. Es bedeutet nichts weniger als die vollständige Durchleuchtung der ärmsten Bevölkerungsschichten, um mutmaßlich „illegale“ Migranten aufzuspüren. Kein Gericht, kein Datenschutz – nur Zugriff. Es ist die neue Normalität der Trump-Regierung: Deportation durch Datensatz, als Weltprojekt.

Gleichzeitig brennt es auch außenpolitisch. Trumps Regierung stellt die Hilfen für ausländische Partner ein, aber verschenkt sensible Informationen an ICE – und prüft zugleich eine Neuordnung der Geheimdienstbeziehungen. Senator Tom Cotton und Abgeordneter Rick Crawford fordern eine Untersuchung der US-Spionagedienste wegen angeblicher Zusammenarbeit Spaniens mit Huawei. Das Unternehmen, eng verbunden mit der chinesischen Regierung, soll laut Berichten Dienstleistungen für spanische Abhörsysteme liefern. Cotton und Crawford verlangen, dass künftig sämtliche Informationen an Spanien so geschwärzt werden, dass sie nicht mehr von Peking ausgenutzt werden können. Direkte Adressatin des Schreibens: Tulsi Gabbard, inzwischen Direktorin der Nationalen Nachrichtendienste. Die geopolitische Achse verschiebt sich – und die USA schieben ihre Verbündeten vor sich her wie Kontrahenten.

Währenddessen brodelt es auch im Weißen Haus selbst. Pressesprecherin Karoline Leavitt muss erklären, warum Präsident Trump blaue Flecken an der Hand hat und warum seine Beine geschwollen sind. Die Antwort: altersbedingt, kein Anzeichen für Thrombose oder Gefäßerkrankung. Nur etwas Blutstau in den Venen. Die blauen Flecken? Vom Händeschütteln, überdeckt mit Make-up. „Der Präsident ist bei bester Gesundheit“, sagt Leavitt – und liest dazu einen Arztbrief vor. Ob das beruhigt, darf bezweifelt werden, denn bereits wenige Stunden zuvor hatte dieselbe Sprecherin auf Nachfrage das Verhalten Trumps im Fall Epstein verteidigen müssen. Ein Sonderermittler für den Fall? Kommt nicht, sagt Leavitt. Der Präsident halte das nicht für notwendig. Zeitgleich wird Maurene Comey entlassen – die Tochter von Ex-FBI-Chef James Comey und federführende Staatsanwältin in den Epstein- und Diddy-Ermittlungen. Ihr Abschiedsbrief endet mit den Worten: „Angst ist das Werkzeug eines Tyrannen.“
Und es geht weiter. Columbia University verhandelt mit der Trump-Regierung über eingefrorene Mittel. Die Hochschule steht auf Trumps Abschussliste, nachdem sie sich kritisch gegenüber seiner Nahostpolitik äußerte. Parallel dazu wird ein neues Gesundheitsdekret bekannt, das über 20 Bundesstaaten sofort vor Gericht bringen: Die Trump-Regierung will Geschlechtsangleichungen aus der Pflichtversorgung des Affordable Care Act streichen und den Zugang zur Krankenversicherung drastisch erschweren. Die Klage kommt von Kalifornien, Massachusetts und New Jersey – unterstützt von 18 weiteren Bundesstaaten. Sie sehen Millionen Menschen in Gefahr, ihre Versicherung zu verlieren. Und dann ist da noch Israel. Nach der Bombardierung der Heilig-Familie-Kirche in Gaza ruft Trump bei Netanjahu an. Der Präsident sei „nicht positiv“ gestimmt gewesen, sagte seine Sprecherin. Netanjahu habe das Gespräch genutzt, um sich zu entschuldigen – es sei ein Fehler gewesen. Wenige Minuten später kündigt Leavitt an, dass der Präsident nach Schottland reisen wird – Turnberry und Aberdeen, zwei Orte mit persönlichen Golfplätzen. Und am 17. September steht ein Staatsbesuch in London an. Der zweite – eine historische Ausnahme. Zum Schluss noch ein technischer Ausrutscher: Leavitt verwechselt den Namen von Zohran Mamdani, dem demokratischen Bürgermeisterkandidaten von New York. „Zemdhani“, nennt sie ihn – ohne Korrektur, ohne Kommentar. Es war ein kurzer Moment, aber ein symbolischer. Denn in diesem neuen Staat unter Trump zählen Namen nur, wenn sie auf Listen stehen – entweder für Sanktionen, für Abschiebungen oder für Budgetkürzungen. Alles andere ist Streuverlust.
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Deutschland 1933.
Wann werden Orangensticker für „People of interest“ Pflicht?
Damit man sie schnell von den loyalen MAGA unterscheiden kann.
Wer kein MAGA ist und kann, sollte die USA verlassen.
Heute ist es Dein Nachbar, morgen Du
…das gefährliche ist nur, das Europa und auch Deutschland Dinge angekommen sind und das ist der Punkt, auch wenn man es in den USA im Keim ersticken muss.Man spricht viel über die USA, aber die Vorgehensweise pflanzt sich in Europa ein, das übersehen sehr viele noch, auch wenn der aktuelle Fall in Deutschland mit der Richterin eine Paradebeispiel ist, wie das Spiel läuft, und es läuft gut, nur für die falsche Seite. Und da möchte doch keiner stehen.das was so weit für viele wirkt, ist so nah mittlerweile.
Leider ja.
Sieht Ungarn, dort ist die Rechtsstaatlichkeit quasi verschwinden.
Wir müssen sehr aufpassen, was hier in Deutschland passiert