Die Klon-Kabale – Trumps neueste Verschwörung und der Tanz ums seelenlose Double

VonRainer Hofmann

Juni 1, 2025

Es klingt wie der Plot eines billigen Science-Fiction-Streifens, den selbst RTL2 nachts nicht mehr zeigen würde: Joe Biden, angeblich 2020 hingerichtet, ersetzt durch eine seelenlose Roboterattrappe, gesteuert von dunklen Mächten – und niemand hat’s gemerkt. Niemand, außer natürlich Donald Trump und seine treuesten Truth-Social-Prediger. Am Samstagabend griff der Präsident persönlich in die unterste Schublade der Verschwörungsmythen und teilte einen Beitrag, der selbst unter QAnon-Jüngern als „originell“ gelten dürfte. Wörtlich heißt es dort:

„Es gibt keinen Joe Biden mehr – hingerichtet 2020. Das, was ihr seht, sind Klone, Doubles und robotisch konstruierte seelenlose, gedankenlose Entitäten. Die Demokraten merken den Unterschied nicht.“

Man könnte lachen – wenn es nicht todernst gemeint wäre. Denn was hier gepostet wurde, ist nicht bloß Internet-Unfug. Es ist Teil eines gefährlichen Erzählmusters, das sich wie eine digitale Pandemie durch das politische Nervensystem der USA frisst.


Ein Roboter im Weißen Haus?

Natürlich ist das nicht neu. Seit Jahren wabern bizarre Biden-Legenden durchs Netz: Mal ist er computergeneriert, mal von Künstlicher Intelligenz ersetzt, mal eine tiefgefrorene Hologramm-Version mit angeblich schwarzen statt blauen Augen. In den Kommentarspalten wird fleißig Bildmaterial verglichen, Wangenknochen vermessen, Ohrläppchen analysiert – wie in einer postfaktischen Schönheitsklinik für Wahnsinnige. Es ist das immergleiche Drehbuch: Der legitime Präsident ist ein Fake, das eigene Lager hingegen der letzte Hort der „Wahrheit“. Dieses „Wahrheitsregime“ wird dabei nicht nur von halbanonymen Trollaccounts gefüttert – nein, der Präsident selbst ist Hauptakteur, Produzent und Werbefigur zugleich.


Deep State, Satan & Sonnenbrillen

Der Account, der den Roboter-Biden postulierte, gehört zu jenen treuen Aposteln, die nebenbei auch verbreiten, die Wahl 2020 sei ein „militärischer Coup“ gewesen – und dass Trump die Welt vor einer „satanischen Elite“ gerettet habe. Die Bibelstelle blieb bisher ungenannt, aber man darf wohl annehmen, dass in dieser Version Gott ein MAGA-Cap trägt. Trumps Fans feiern die Theorie wie ein Stück verlorener Wahrheit, posten Biden-Doppelbilder, streiten sich über Pupillendurchmesser und schreiben mit ernster Miene Dinge wie: „Seht ihr nicht? Die Augenfarbe hat sich verändert!“ Man fragt sich unwillkürlich, ob es dieselben Leute sind, die auch bei einem Lichtwechsel an einer Ampel den Weltuntergang wittern.


Trump, der Prophet des Absurden

Dass Trump mit solchen Mythen spielt, ist längst Teil seines Systems. Seit Jahren streut er Behauptungen wie Sporen in den Wind: Die Wahl 2020 sei manipuliert. Obama sei kein Amerikaner. Paul Pelosis Angriff sei inszeniert. Haitische Migranten würden Haustiere essen. Jede dieser Erzählungen wurde längst widerlegt – und doch bleibt sie im Umlauf, weil sie einem Zweck dient: der permanenten Zersetzung von Wahrheit. Je grotesker die Behauptung, desto fester scheint sie sich bei seinen Anhängern zu verankern. Es ist die Logik der Überwältigung: Wer sich einmal auf diese Welle gesetzt hat, verliert den Halt an jeder Form von Rationalität. Der Wahnsinn wird zur Welterklärung.


Die Minister des Mythos

Doch Trump steht nicht allein auf dieser Bühne aus Nebelmaschinen und wackelnden Kulissen. Mitglieder seiner Regierung befeuern das Spiel aktiv mit. Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. etwa verbreitete altbekannte Impfmythen, von Autismus über „vergiftete Kondensstreifen“ – Chemtrails sind nun offiziell wieder Teil des politischen Diskurses. In Louisiana hat das Parlament jüngst sogar für ein Verbot gestimmt. Und dann ist da noch Kash Patel, Trumps FBI-Direktor, der offen mit QAnon sympathisiert – jener absurden Theorie, laut der ein elitärer Pädophilenring aus dem „Deep State“ die USA kontrolliert. Früher hätte man so jemanden aus jeder Behörde entfernt. Heute darf er über nationale Sicherheit entscheiden.


Das wahre Double: Die Wahrheit selbst

Was wir hier erleben, ist keine schrullige Spinnerei mehr. Es ist ein orchestrierter Angriff auf das kollektive Gedächtnis eines Landes. Wenn der Präsident öffentlich behauptet, sein Vorgänger sei durch eine Maschine ersetzt worden – und gleichzeitig Gerichte, Parlamente und Behörden mit realen Problemen beschäftigt sind –, dann erleben wir keine Parodie, sondern eine Strategie. Trump klont nicht Biden. Er klont die Realität. Er ersetzt Fakten durch Behauptungen, Journalismus durch Meme, Vertrauen durch Verwirrung. Und wie in jeder schlechten Science-Fiction braucht es keine Laserkanone, sondern nur einen Bildschirm und einen Mann, der sich für unfehlbar hält.

Die Frage ist längst nicht mehr, ob Trump an das glaubt, was er teilt. Die Frage ist: Was glauben wir noch, wenn solche Dinge normal werden? In einer Welt, in der Präsidenten Klonmythen posten, ist nicht der Roboter das Problem – sondern der Mensch, der ihn glaubt

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Ela Gatto
Ela Gatto
3 Monate zuvor

Es wird wirklich immer absurder.
Ehrlich gesagt kann man eher Trump als, fehlerhafte, KI von Musk ansehen.

Katharina Hofmann
Admin
3 Monate zuvor
Reply to  Ela Gatto

…sehr fehlerhaft 🙂

ClaraSieger
ClaraSieger
3 Monate zuvor

“robotisch konstruierte seelenlose, gedankenlose Entität”? Welche KI hat das denn zusammenfabuliert? Tja, haltet (oder macht) die Leute dumm, dann glauben sie das. Idiocracy lässt grüßen. Oder lasst die Leute (zumindest gefühlt) davon profitieren – dann glauben sie das auch. Krass, wie schnell das alles geht.

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