Es ist ein Schauspiel auf offener Bühne, ein Schlagabtausch, der in der Geschichte der föderalen Vereinigten Staaten seinesgleichen sucht. Kalifornien steht in Flammen – nicht nur im wörtlichen, sondern im politischen Sinne. Die Hauptdarsteller: Präsident Donald Trump, der sich als Retter eines angeblich „gefallenen“ Los Angeles inszeniert, und Gouverneur Gavin Newsom, der sich der autoritären Machtübernahme aus Washington entgegenstellt. Zwischen martialischer Sprache, juristischen Klagen und persönlichen Beleidigungen verschwimmen die Grenzen von Demokratie und Diktat.
Am Sonntag beginnt die Eskalation mit Trumps Entscheidung, mehr als 4.000 Nationalgardisten und 700 Marines nach Los Angeles zu entsenden – gegen den ausdrücklichen Willen des kalifornischen Gouverneurs. Trump rechtfertigt diesen Schritt mit Verweis auf „gewalttätige Leute“, die nicht davonkommen dürften. „Wir werden sie nicht davonkommen lassen“, sagt er in Morristown, New Jersey. Newsom reagiert noch am selben Abend auf X: „Trump will Chaos, er hat Gewalt provoziert … Bleibt friedlich, bleibt fokussiert. Gebt ihm nicht den Vorwand, den er sucht.“
Was folgt, ist ein erbitterter Streit über Kompetenzen, Verfassungsrechte und die Zukunft des Föderalismus in Amerika. Während Trump sich auf eine Klausel beruft, die Bundesmilitäreinsätze bei Rebellion erlaubt, warnt Newsom vor einem „ernsten Bruch der Staatssouveränität“. In einem Brief an den Präsidenten fordert er den Abzug der Truppen – ohne Erfolg. Stattdessen zieht Newsom vor Gericht und beantragt, die Zusammenarbeit zwischen Militär und Bundesimmigrationsbehörden zu stoppen.
Ein weiteres Kapitel in dieser politischen Fehde ist ein Telefonat zwischen beiden. Newsom beschreibt es als „sehr anständig“, ein Gespräch, in dem der Truppeneinsatz „praktisch gar nicht zur Sprache kam“. Trump hingegen behauptet, der Zweck des Anrufs sei genau das gewesen – ein Warnruf: „Deine Stadt brennt, dein Staat ist in ernsten Schwierigkeiten.“ Die Wahrheit? Wohl irgendwo zwischen Protokoll und Propaganda. Newsom nennt Trump daraufhin einen „eiskalten Lügner“.
Am Montag eskaliert der Konflikt weiter. Newsom reicht offiziell Klage gegen die Bundesregierung ein: „Wir verklagen Donald Trump. Das ist eine künstlich erzeugte Krise. Er schürt Angst und Terror, um die Kontrolle über die Staatsmiliz zu übernehmen und die Verfassung zu verletzen.“ Trump kommentiert lakonisch: „Ich bin sehr froh, dass ich mich eingemischt habe … Ich glaube, Gavin ist auf seine Art auch froh darüber.“
In Fort Bragg schließlich kulminiert die Inszenierung des Präsidenten: „Wir werden nicht zulassen, dass eine amerikanische Stadt von einem ausländischen Feind überrannt und erobert wird.“ Die Demonstrierenden nennt er „Tiere“ und „ausländische Feinde“. Er verspricht, Los Angeles zu „befreien“.
Newsom antwortet in scharfem Ton: „Autoritäre Regime fangen immer bei den Schwächsten an. Aber sie hören dort nicht auf. Trump und seine Gefolgsleute leben von Spaltung – denn Spaltung gibt ihnen mehr Macht.“ Für ihn ist klar: Kalifornien ist nur der Anfang. „Die Demokratie ist das nächste. Und sie wird gerade vor unseren Augen angegriffen.“ Selbst eine persönliche Verhaftung steht kurzzeitig im Raum. Trumps Grenzchef Tom Homan hatte öffentlich davor gewarnt, dass selbst Gouverneure verhaftet würden, wenn sie sich Bundesgesetzen widersetzten. Newsom entgegnet spöttisch: „Dann kommt und verhaftet mich. Lasst uns das durchziehen, harter Kerl.“ Trump reagiert prompt: „Ich würde es tun, wenn ich Tom wäre. Ich finde das großartig.“ Am Montag erklärt Newsom fassungslos: „Der Präsident der Vereinigten Staaten fordert die Verhaftung eines amtierenden Gouverneurs. Das ist ein Tag, von dem ich gehofft hatte, ihn nie in Amerika zu erleben.“
In einem Podcast mit der New York Post deutet Trump später an, Newsoms „Verbrechen“ bestehe darin, dass er überhaupt kandidiere – „weil er so einen schlechten Job gemacht hat.“ Ob er ihn wirklich verhaften wolle? „In der Theorie, ja … es ist fast wie eine Pflichtverletzung.“
Und dann ist da noch der symbolische Höhepunkt: Trumps Militärparade zum 250. Geburtstag der US-Armee – exakt an seinem 79. Geburtstag. Newsom verurteilt das Spektakel als „vulgäre Show“ und vergleicht es mit den Selbstdarstellungen gescheiterter Diktatoren. Trump hingegen sagt schlicht: „Ich denke, es wird großartig.“
Am Mittwoch endet die Eskalationswoche mit einer letzten Kampfansage auf Truth Social: „Der INKOMPETENTE Gouverneur von Kalifornien konnte nicht rechtzeitig für den Schutz sorgen, als unsere ICE-Beamten – GROSSARTIGE Patrioten – von einem außer Kontrolle geratenen Mob aus Randalierern, Unruhestiftern oder Aufständischen angegriffen wurden. MAKE AMERICA GREAT AGAIN!“
Was bleibt, ist ein Land im Streit mit sich selbst – und ein Bundesstaat, der sich weigert, vor dem Präsidenten zu kapitulieren.