Der Präsident der Luftnummern – Wie Trump im Handelskrieg verliert und selbst Toyota ihm widerspricht

VonRainer Hofmann

Oktober 30, 2025

Donald Trump wollte diese Woche Geschichte schreiben. Ein neues Kapitel der Stärke, der „Rückkehr Amerikas“. Stattdessen erlebt die Welt, wie ein Präsident, der sich für den größten Dealmaker hält, an der Realität seiner eigenen Übertreibungen scheitert – ökonomisch, diplomatisch und persönlich. Heute soll Trump in der südkoreanischen Hafenstadt Busan im Rahmen des Asia‑Pacific Economic Cooperation Summit auf Chinas Präsidenten Xi Jinping treffen – das erste große Gipfeltreffen seit Beginn des sogenannten „Liberation Day“-Zollkriegs, den Trump im April entfesselte. Er hatte damals versprochen, China in die Knie zu zwingen, die amerikanische Industrie zu schützen und eine neue Ära der Fairness im Welthandel einzuleiten. Doch was folgte, war kein Triumph, sondern ein wirtschaftlicher Bumerang.

Präsident Trump ist zu seinem Treffen mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping in Südkorea eingetroffen. Er stieg aus der Limousine „The Beast“ und betrat das Gebäude.

China, klüger und geduldiger, reagierte, wie es strategische Mächte tun: Es nutzte seine Macht über die seltenen Erden – jene 17 Elemente, ohne die moderne Technologie schlicht nicht funktioniert. Ohne sie gibt es keine Drohnen, keine Windräder, keine Smartphones, keine Kampfjets. Peking kontrolliert über 90 Prozent des globalen Marktes und ist der einzige Lieferant für sechs schwere Seltene Erden. Schon zwei Tage nach Trumps Zolldrohung verhängte China Exportkontrollen, später weitreichende Beschränkungen.

Präsident Xi ist in Südkorea eingetroffen, um Präsident Trump zu treffen.

Während Washington im eigenen Stolz badete, zog Xi still und methodisch die Hebel der Abhängigkeit. Ein einziger chinesischer U-Boot-Auftrag benötigt vier Tonnen dieser Metalle – und die Vereinigten Staaten haben keine nennenswerten Lagerbestände. Die ökonomische Waffe, die Trump entfesselt hatte, richtete sich gegen ihn selbst. Nun, kurz vor dem Treffen in Peking, verhandeln beide Seiten über einen Waffenstillstand – doch selbst US-Regierungsvertreter sprechen hinter vorgehaltener Hand von einem „Gesichtsverlust in diplomatischer Verpackung“. Laut Finanzminister Scott Bessent sieht das neue Rahmenabkommen vor, dass die USA Zölle senken oder streichen und China im Gegenzug seine Exportbeschränkungen nur vorübergehend aufhebt. Ein Jahr Aufschub – ein Jahr Abhängigkeit auf Raten. Xi hätte es nicht besser aus „Die Kunst des Krieges“ abschreiben können.

Präsident Donald Trump und Chinas Staatspräsident Xi Jinping geben sich am 30. Oktober 2025 vor ihrem Treffen am Flughafen Gimhae in Busan, Südkorea, die Hand.

Der chinesische Stratege Sun Tzu schrieb vor 2.500 Jahren: „Den Feind ohne Kampf zu besiegen, ist die höchste Kunst.“ Genau das tut Xi nun. Er muss keine Rakete abfeuern, um Amerikas Einfluss in Asien zu schwächen – Trumps Ungeduld erledigt das für ihn. Der Präsident, der Stärke verspricht, knickt vor Peking ein und gefährdet dabei nicht nur Amerikas Glaubwürdigkeit, sondern seine sicherheitspolitischen Zusagen an Taiwan und seine Verbündeten im Pazifik.

Doch die Woche brachte noch eine zweite Blamage – diesmal aus Japan. Am Dienstag hatte Trump in Tokio erklärt, Toyota werde „rund zehn Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten investieren“. Eine Ankündigung, die perfekt ins Bild eines Präsidenten passt, der Wirtschaftserfolge erfindet, wenn sie ausbleiben.

Der Präsident der LuftnummernDonald Trump hat wieder einmal Geschichte geschrieben – diesmal als erster Präsident, der sich selbst Investitionen zuspricht, die es gar nicht gibt. 10 Milliarden Dollar, sagt er, werde Toyota in die USA pumpen. Toyota sagt: „Davon wissen wir nichts.“ Man könnte es als Kommunikationspanne abtun – oder als Versuch, den Aktienmarkt mit heißer Luft zu beatmen.

Wenige Stunden später folgte die Korrektur – öffentlich, höflich, aber eindeutig. „Wir haben kein solches Versprechen gegeben“, sagte Toyota-Manager Hiroyuki Ueda am Mittwoch am Rande der Japan Mobility Show. Es habe weder in Gesprächen mit der japanischen Regierung noch mit der US-Botschaft irgendeine Zusage in dieser Größenordnung gegeben. Man investiere natürlich weiterhin, wie bisher, in amerikanische Standorte, doch die Summe von zehn Milliarden sei offenbar ein Missverständnis – oder, wie es zwischen den Zeilen klang: eine Erfindung.

„Während der ersten Trump-Regierung lag die Summe ungefähr bei zehn Milliarden Dollar“, erklärte Ueda. „Wir haben diesmal zwar nicht von demselben Umfang gesprochen, aber wir haben gesagt, dass wir weiter investieren. Wahrscheinlich kam dadurch diese Zahl ins Spiel.“ Toyota-Chef Akio Toyoda selbst, so Ueda, habe Trump am Abend zuvor nur flüchtig bei einer Veranstaltung in der US-Botschaft getroffen. Von Investitionen sei dabei keine Rede gewesen.

Damit platzte eine weitere Seifenblase aus Trumps propagandistischer Industriepolitik. Der Präsident wollte Stärke zeigen, doch stattdessen steht er da wie ein Mann, der seine eigenen Zahlen erfindet, um Schwäche zu kaschieren. Der Kontrast könnte kaum größer sein: Während Xi mit kühler Präzision Amerikas strukturelle Abhängigkeiten ausnutzt, klammert sich Trump an die Illusion wirtschaftlicher Größe. Er redet von Rekordinvestitionen, die es nicht gibt, und von Deals, die niemand geschlossen hat. Das ist kein Wirtschaftswunder, das ist eine Simulation von Macht.

Und selbst jene, die ihn einst stützten, beginnen zu zweifeln. Hinter den Kulissen der Republikanischen Partei wächst die Unruhe, weil Trumps Handelskrieg nicht nur der Landwirtschaft und der Industrie, sondern auch der internationalen Glaubwürdigkeit der USA geschadet hat. Die Industrieverbände warnen, die Investitionen stocken, und internationale Partner halten Distanz.

Xi Jinping

Xi hingegen versteht das Spiel der Geduld: Ein einjähriges Aussetzen der Exportbeschränkungen für Seltene Erden gibt der Welt die Illusion von Entspannung – während China seine Kontrolle zementiert. Wenn die USA künftig Kampfjets, Panzer oder Elektronik bauen wollen, werden sie weiter auf chinesische Lieferungen angewiesen sein. Das ist kein Waffenstillstand, das ist Erpressung auf Zeit.

Was bleibt, ist ein Präsident, der den Krieg der Worte gewinnt und den Krieg der Realitäten verliert. Trump hat Amerikas Farmer gegen sich aufgebracht, die Autoindustrie vorgeführt und China die strategische Oberhand überlassen. Die Welt wird am Donnerstag in Peking wieder Bilder von Händedrücken sehen, von roten Teppichen und großen Worten. Doch unter der Oberfläche steht das Urteil längst fest: Donald Trump hat den Handelskrieg verloren, noch bevor die Gespräche beginnen – und mit ihm das Vertrauen, dass Amerika noch weiß, wie man Stärke definiert.

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