Der Verdacht lag schon damals lange in der Luft – bei einigen Journalisten, bei Menschenrechtsbeobachtern, bei jenen, die sich auch in diesem Teil der Erde auskennen. Nur Trump selbst durchschaute ihn damals nicht, was Bukele tatsächlich plante. Und nun ist die Nummer brisant: Für jeden abgeschobenen Venezolaner zahlt das Trump-Regime Geld an El Salvador – Dollar, die direkt in Bukeles System fließen. Doch ein Großteil der Inhaftierten, größtenteils unbescholtene Menschen, dienten längst nicht mehr der öffentlichen Sicherheit, sondern nur noch einem politischen Kalkül. Sie waren Teil eines geplanten Tauschhandels, der letzten Monat bzw teils schon im Juli 2025 vollzogen wurde – was bedeutet: Bukele kassierte Geld für Menschen, die er jetzt freigelassen hat, da das Geschäft zustande kam. Es wäre fast komisch, wenn es nicht so eiskalt, so zynisch, so perfide wäre, Bukele hat richtig abgeräumt. Nayib Bukele bestätigte bereits im April mit einem Tweet, der mehr enthüllte als beabsichtigt. Es war kein diplomatisches Schreiben, keine vertrauliche Note zwischen Staatenlenkern. Es war ein öffentlicher Post auf X, wo der Präsident El Salvadors mit kalkulierter Kälte den moralischen Tauschhandel verkündete: 252 venezolanische Migranten, abgeschoben aus den USA und ohne Prozess in El Salvador inhaftiert, im Austausch gegen 252 politische Gefangene in Venezuela.

„Ich möchte Ihnen ein humanitäres Abkommen vorschlagen“, schrieb Bukele an Nicolás Maduro, „das die vollständige Rückführung der 252 abgeschobenen Venezolaner vorsieht – im Austausch gegen die Freilassung und Übergabe einer identischen Anzahl (252) der Tausenden politischen Gefangenen, die Sie inhaftiert halten.“ Was auf den ersten Blick wie ein Angebot aus Menschlichkeit erscheint, war bei näherer Betrachtung das Gegenteil: Es ist ein öffentlich zur Schau gestellter Beweis dafür, dass Menschenleben in der neuen Weltordnung längst zur politischen Währung geworden sind – verhandelbar, umrechenbar, eins zu eins tauschfähig Bukele nennt Namen. Nicht irgendwelche. Er nennt sie wie Spielsteine auf einem Schachbrett – sorgfältig platziert, hochsymbolisch:
Rafael Tudares, Schwiegersohn des venezolanischen Präsidentschaftskandidaten Edmundo González. Roland Carreño, Journalist, verhaftet unter dem Vorwurf der Terrorfinanzierung – in Wirklichkeit ein Kritiker des Regimes.
Rocío San Miguel, Anwältin, Sicherheitsexpertin, Präsidentin der NGO „Control Ciudadano“, verhaftet wegen angeblicher Beteiligung an einem Komplott.
Und Corina Parisca de Machado, die Mutter der führenden Oppositionspolitikerin María Corina Machado. Über sie schreibt Bukele: „Sie wird regelmäßig eingeschüchtert, ihr wird der Zugang zu Strom und Wasser sabotiert.“
Diese Nennungen waren kein Zufall. Es sind keine neutralen Zahlen, sondern gezielt gewählte Gesichter des Widerstands, in Worte gefasste Moral. Doch sie dienten nicht dem Schutz. Sie dienten der Dramaturgie. Bukele sprach hier nicht als Verbündeter der Demokratie, sondern als Architekt eines neuen Realismus, der Moral nur dann verwendet, wenn sie geopolitischen Nutzen verspricht. Was folgte, ist der eigentliche Kern der Botschaft: Bukele beschrieb die in seinem Land inhaftierten venezolanischen Deportierten – jene Menschen, die unter der zweiten Trump-Regierung abgeschoben wurden – als Kriminelle. „Im Gegensatz zu Ihren Inhaftierten, die kein einziges Verbrechen begangen haben (…), handelt es sich bei unseren Festgenommenen um Personen, von denen viele Morde begangen, andere Vergewaltigungen verübt und einige bereits mehrfach festgenommen worden waren, bevor sie abgeschoben wurden.“ Kein Beleg, kein Verfahren, keine Verteidigung – nur ein Urteil, gesprochen auf 280 Zeichen.

So konstruierte Bukele den Gegensatz, der seine ganze Logik trägt: Dort die unschuldigen Gefangenen der Diktatur, hier die „Verbrecher“ des Nordens. Ein moralischer Tausch, inszeniert auf digitaler Bühne.
Doch diese Gegenüberstellung hielt der Realität nicht stand. Unter den 252 in El Salvador inhaftierten Venezolanern befanden sich nach unseren Recherchen 236 ohne erkennbare Vorstrafen – darunter damals auch Kilmar Abrego Garcia, ein Familienvater aus Maryland mit US-Ehefrau und Kind, dessen Abschiebung und nun erneute Inhaftierung internationale Empörung ausgelöst hat. Der Verdacht: Sie wurden auf bloßen Verdacht hin ausgeliefert, ohne Beweise, ohne Verfahren. Wie Bukele in seinem Tweet offen zugab, wurden sie „im Rahmen einer Operation gegen Banden wie den Tren de Aragua in den Vereinigten Staaten“ festgenommen – ein vager Begriff, unter dem jede willkürliche Kategorisierung Platz findet.
Die 252 Migranten sind zu Verhandlungsmasse geworden – waren eingesperrt im CECOT, dem Terrorismus-Konfinierungszentrum El Salvadors. Ein Gefängnis, das mehr Symbol ist als Strafanstalt: Hightech, Drohnenüberwachung, 40.000 Insassen, keine Anklage. Ein Ort der Disziplin. Eine Demonstration von Kontrolle, gebaut für Kameras und Kampagnen. Und während sie dort in Zellen ausharren, werden ihre Körper zu Argumenten. Bukele sagte: „Im Gegensatz zu Ihnen, der politische Gefangene hält, haben wir keine politischen Gefangenen.“ Ein Satz, der nicht nur seine Verantwortung abstreift, sondern auch verschleiert, dass die Kriterien für „politisch“ in seinem System längst nicht mehr demokratisch geprüft werden.
Doch der zentrale Zweck seiner Aktion lag tiefer. Die Einbindung von fast 50 ausländischen Gefangenen – darunter auch deutsche, französische, israelische, kolumbianische und argentinische Staatsbürger – ist kein humanitärer Akt. Sie ist ein Druckmittel. Bukele wusste: Wenn er öffentlich macht, dass Venezuela auch Bürger westlicher Demokratien gefangen hält, dann erzeugt er mediale und diplomatische Bewegung – nicht gegen sich, sondern gegen Maduro. Es ist ein kalkulierter Versuch, sich als Retter fremder Staatsbürger zu inszenieren, während er selbst Migranten ohne Prozess einsperrt.
„Gott segne das Volk von Venezuela“, schreibt er am Ende. Ein Satz, der wie ein Schleier über dem Zynismus liegt. Denn die Handlung dahinter ist alles andere als segensreich. Es ist Politik mit dem Menschen als Pfand.
Die USA, die durch ihre Abschiebepolitik unter Trump überhaupt erst die Grundlage für diese Farce gelegt haben, vorgeführt und durch die Arena gezogen, schweigen. Europa, obwohl seine eigenen Bürger betroffen sind, ringt noch mit Worten. Journalistische Anfragen wurden mit bedeutungslosen Phrasen bekundet. Und Bukele? Er sendet weiter. Mit Botschaften, die vorgeben, Lösungen zu sein, in Wirklichkeit aber die Symptome eines globalen Moralversagens dokumentieren.
Dieser „Gefangenentausch“ war kein humanitärer Akt. Er ist ein Spiegel. Und was man in ihm sieht, ist eine Welt, in der die Würde des Menschen nicht mehr unantastbar ist – sondern austauschbar.
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„Gefangenentausch“, schon in Zeiten des Kalten Krieges und dann wieder unter Putin.
In Russland wurden westlichen Bürger mit lächerlichen Anschuldigungen festgenommen.
Sie wurden dann teilweise gegen in westlichen Staaten festgehaltene Schwerverbrecher, wie Waffenhändler, hochkarätige Spione etc getauscht.
Totalitäre Staaten machen sich den Wunsch „zivilisierter“ Staaten nach humanitären Lösungen zunutze.
Für diese Staaten sind Menschenleben schon immer nur „Mittel zum Zweck“ gewesen.
Maduro packt boch einen drauf, indem er das Ganze ganz offen mit Hohn public macht.
Trump wird sicher einen Weg finden, dass auch das an ihm abprallt.
Und wenn es nur heißt, dass die Kriminellen raus aus den USA sind und er keine Ahnung hat und es auch nicht wichtig ist, was dann passiert.
Die westlichen Staaten haben bei solchen Menschenrechtsverletzungen geschwiegen und letztlich auch weg gesehen.
Immer den moralische Finger gehören, andere Staaten kritisiert.Arrogant.
Aber unfähig zu reagieren.
und die dimension dieser geschichte ist gewaltiger als man denkt, denn trump wurde so richtig vorgeführt