Wer in diesen Tagen am Grand Avenue District in Phoenix vorbeifährt – genauer gesagt zwischen der 10th und 11th Avenue –, der sieht nicht nur eine Werbetafel. Er sieht ein Kunstwerk, ein Protestsignal, eine künstlerische Anklage von monumentalem Ausmaß. Ein Billboard, das den US-Präsidenten Donald Trump zeigt, versunken bis zur Brust in einem morastigen Sumpf, umgeben von Zerstörung, Gier und politischem Verfall – eine Szenerie, die wie ein düsterer Fiebertraum anmutet und doch erschreckend real wirkt. Mit einer Krone auf dem Kopf, einem iPhone in der Hand und einer goldenen Präsidentenmedaille um den Hals blickt Trump dem Betrachter entgegen. Hinter ihm ragen verfallene Trump-Hochhäuser in den Himmel, eine Atompilzexplosion steigt in der Ferne auf. Die Szenerie ist nicht zufällig gewählt: Das Billboard steht so, dass es sogar aus der Luft zu erkennen ist – für alle, die am Phoenix Sky Harbor Airport starten oder landen. Eine gezielte Platzierung, ein visuelles „Willkommen in Trumps Amerika“.
Zentral auf der Tafel prangt ein brennender Gesetzestext mit dem ironischen Titel „The Big Bad Ugly Bill Act“. Unter den fiktiven Gesetzespunkten: Milliarden für ICE, die Entrechtung von Migranten, ein Verbot für Harvard-Stipendien, die Legalisierung von Bestechungen über 100.000 Dollar. Daneben: ein zerschlissener Harvard-Pullover, Trumps Buch „The Art of the Steal“ (eine Verdrehung seines Werks „The Art of the Deal“), ein Warnschild mit der Aufschrift „T-RUMP – Toxic Republican Unconstitutional Menace“. Und über allem das Flugzeug „Big Beautiful Bribe“, das schief in der matschigen Landschaft ruht – ein Sinnbild für korrupte Machtpolitik, angereichert mit einem sarkastischen Verweis auf Trumps Vorliebe für Superlative. Dieses Bild ist keine Photoshop-Montage. Es ist real. Und es ist das Werk zweier Frauen, die sich seit Jahren künstlerisch mit Trumps Politik auseinandersetzen: Karen Fiorito, Künstlerin aus Kalifornien, und Beatrice Moore, Denkmalpflegerin und langjährige Unterstützerin des Grand Avenue Billboard Projects. Fiorito ist bekannt für ihre visuell durchschlagenden, politisch pointierten Installationen im öffentlichen Raum – stets satirisch, oft schockierend, nie beliebig. Moore wiederum stellt nicht nur die Fläche zur Verfügung, sondern kuratiert und fördert gezielt Arbeiten, die sich mit gesellschaftlichen Umbrüchen und politischer Verantwortung befassen.
Bereits 2017 hatte Fiorito an dieser Stelle für Aufsehen gesorgt, als sie Trump inmitten von Nazi-Symbolen und Atomexplosionen zeigte. Auch nach dem Sturm auf das Kapitol 2021 erschien hier ein Billboard mit Trump als Baby im Anzug. Doch was nun seit Juli 2025 zu sehen ist, übertrifft die bisherigen Werke in seiner kompositorischen Wucht. Es ist eine durchdachte, vielschichtige Collage, die Trumps eigenes Symbolrepertoire – die Krone, das iPhone, die Marke „Trump“, das Flugzeug – in ein Mahnmal gegen Machtmissbrauch, Korruption und moralischen Zerfall verwandelt. Das Billboard ist dabei mehr als nur eine persönliche Abrechnung. Es ist eine kollektive Erinnerung. Eine Warnung. Eine Kunstinstallation, die nicht im Museum hängt, sondern an der Straße steht – dort, wo sie niemand übersehen kann. Sie richtet sich nicht nur an die Bürger:innen von Phoenix, sondern an das ganze Land – besonders an die, die auf dem Weg zu politischen Veranstaltungen oder in Regierungsflugzeugen über Arizonas Hauptstadt hinwegziehen. Denn genau dort, wo sie landen oder starten, blickt ihnen Trump aus dem Sumpf entgegen. Und so ist dieses Billboard, wie seine Schöpferinnen selbst sagen, ein Stück „visuelle Demokratie“: öffentlich, provokant, unbequem – und erschütternd aktuell. Wer es sieht, erkennt auf einen Blick, worum es in diesem Kunstwerk geht: um die Bilanz einer Präsidentschaft, die für viele nichts als Trümmer hinterlassen hat. Ob das Billboard in den kommenden Wochen abgerissen oder übermalt wird, ist ungewiss. Aber sein Eindruck – und seine Botschaft – bleiben. In der Luft über Phoenix. Und im Gedächtnis all jener, die nicht vergessen wollen, was politische Macht im falschen Gewand anrichten kann.
Mutiger Widerstand
Unter den derzeitigen Verhältnissen ist das ja schon sehr mutig.
Ich bin gespannt, wie lange das da bleibt und welche Konsequenzen das für die Künstlerin haben wird.
Das ist mal ein echtes Statement. Bin mal gespannt, ob Trump mit irgendwelchen Verboten reagiert.
Alle Demokraten sollten aus Solidarität die Flagge kopfüber hängen.
Beeindruckend was da die Künstlerin hervor gebracht hat. 👍❤️
Da kann man nur hoffen, dass das Werk lange stehen bleibt und nicht von MAGAs schnell wieder zerstört wird.