Es gibt eine stille Wahrheit über Amerikas Arbeitsmarkt, die in keinem Fernsehspot und auf keiner Wahlkampfveranstaltung ausgesprochen wird: Die erfolgreichsten, profitabelsten Unternehmen des Landes lassen sich ihre Belegschaften vom Staat subventionieren – über Medicaid, Lebensmittelmarken und Wohnhilfen. Und sie tun es mit dem vollen Wissen und dem stillschweigenden Einverständnis der Politik. Walmart und McDonald’s stehen dabei seit Jahren ganz oben auf der Liste jener Konzerne, deren Beschäftigte in großer Zahl auf öffentliche Gesundheitsversorgung angewiesen sind. Auch Amazon, Kroger, Dollar General und Fast-Food-Ketten wie Burger King, Taco Bell und Wendy’s tragen zur paradoxen Realität bei, dass Millionen Menschen, die täglich schuften, nicht genug verdienen, um davon zu leben – geschweige denn, sich privat zu versichern. Der größte Anbieter von Billiglohnjobs ist zugleich einer der größten Nutznießer von Medicaid. Und die Rechnung zahlt: der Steuerzahler.
Die öffentliche Debatte darüber? Schweigen. Keine ernsthafte politische Initiative, die Unternehmen verpflichten würde, Löhne zu zahlen, die ein Leben ohne staatliche Hilfe ermöglichen. Keine Gesetze, die diese milliardenschweren Arbeitgeber dazu zwingen, ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen. Stattdessen erleben wir das Gegenteil: Eine Politik, die Menschen in genau diese Jobs drängt – oft unter Androhung von Leistungskürzungen – und ihnen dabei vorgaukelt, Arbeit sei automatisch ein Weg in Würde und Unabhängigkeit. Doch was, wenn Arbeit in Wirklichkeit zur Falle wird? Denn hier liegt das perfide Herzstück des Systems: Der Staat zwingt Menschen, schlecht bezahlte Jobs anzunehmen, damit sie überhaupt Zugang zu Gesundheitsversorgung behalten – nicht um ihnen zu helfen, sondern um bei steigenden Kosten zu sparen. Wer zu wenig verdient, bleibt im System. Wer zu viel verdient, fliegt raus. Die Botschaft ist klar: Bleib arm – dann bekommst du Hilfe. Versuch, dich hochzuarbeiten – und du verlierst sie.
Es ist ein zynischer Mechanismus, der Armut nicht bekämpft, sondern verwaltet. Ein Modell, das nicht Wohlstand fördert, sondern Bedürftigkeit konserviert. Und es funktioniert – weil es für alle Beteiligten bequem ist: Die Unternehmen halten ihre Löhne niedrig, die Politik hält die Arbeitslosenstatistik klein, und der Steuerzahler zahlt die Differenz. Was als Fürsorge verkauft wird, ist in Wahrheit ein geschminkter Subventionsmechanismus für die reichsten Firmen der Welt. Niemand fragt, wie es sein kann, dass ein Multimilliardenkonzern seine Mitarbeiter so schlecht bezahlt, dass sie ohne staatliche Unterstützung nicht überleben können. Niemand stellt in Frage, warum die vermeintlich „freie Marktwirtschaft“ ausgerechnet dort die Augen schließt, wo systemische Ausbeutung beginnt. Und niemand scheint sich daran zu stören, dass ein vermeintlich soziales Netz längst zum Geschäftsmodell geworden ist. Es ist ein Wahnsinn mit Methode. Und das vielleicht größte Tabu der amerikanischen Sozialpolitik.
