Applaus, Abscheu und Alaska – Wie Lisa Murkowski Trumps Monster-Gesetz erst rettete und dann rügte

VonRainer Hofmann

Juli 1, 2025

Washington – Es war ein politisches Schauspiel von seltener Doppeldeutigkeit, aufgeführt im ehrwürdigen Marmor des US-Senats. Am Dienstagmittag, Punkt 14:42 Uhr, reichte Lisa Murkowski ihre Stimme ein – „Yes“. Sekunden später stand fest: Donald Trumps milliardenschweres Ausgaben- und Steuergesetz, das sogenannte „One Big Beautiful Bill“, war durch. 51 zu 50 Stimmen. Die Entscheidung fiel knapp – und Murkowskis Ja war entscheidend. Doch kaum war die Tinte auf dem Protokoll trocken, schlug die republikanische Senatorin aus Alaska andere Töne an. In einem Statement, das so kühl war wie der Wind über dem Golf von Alaska, kritisierte sie das Gesetz scharf. Es enthalte „unzumutbare Risiken für soziale Sicherungssysteme“, stelle Alaska vor „gewaltige Umsetzungslasten“ und sei in weiten Teilen „nicht nachhaltig finanziert“. Die öffentliche Distanzierung kam kaum eine Stunde nach ihrer Zustimmung – und wurde prompt zur politischen Steilvorlage.

„Oh well“, kommentierte ein Demokrat aus dem Senat lakonisch auf X (ehemals Twitter). Und tatsächlich wirkte Murkowskis taktischer Spagat wie das Sinnbild einer Partei, die sich zwischen Loyalität und Verantwortung verheddert hat. Denn die Gründe für ihr Ja lagen offen zutage: massive Zugeständnisse für ihr Heimatland. Der finale Gesetzestext enthält Millionenhilfen für die Fischerei, Steuererleichterungen für arktische Versorgungsflüge und eine Ausnahmeregelung für indigene Gesundheitszentren in Alaska – alles Forderungen, die Murkowski in den letzten Verhandlungsrunden eingebracht hatte. Doch was sagt es über den Zustand der amerikanischen Gesetzgebung, wenn zentrale Stimmen gekauft und bereut werden – innerhalb derselben Stunde? Trumps Megabill gilt als das ehrgeizigste, aber auch radikalste Vorhaben seiner zweiten Amtszeit. Es bündelt Steuerkürzungen für Reiche, neue Milliarden für den Grenzschutz, drastische Einschnitte bei Sozialleistungen und Sonderregelungen für wirtschaftsnahe Bundesstaaten. Kritiker nennen es das „Big Ugly Bill“. Doch im politischen Washington weiß man: Die Wahrheit liegt oft im Anstrich. Murkowski mag es hässlich finden – doch sie hat es trotzdem mitgetragen.

Es ist ein Muster, das sich unter Trumps Regierung wiederholt: Zustimmung aus politischem Kalkül, gefolgt von symbolischer Distanzierung. Und es offenbart das ganze Dilemma republikanischer Moderate: Sie können nicht mit Trump – aber auch nicht gegen ihn. Lisa Murkowski, die einst gegen Brett Kavanaugh stimmte und Trumps Wahllügen verurteilte, ist längst zu einer Meisterin des politischen Spagats geworden. Doch diesmal, so sagen selbst Parteifreunde hinter vorgehaltener Hand, habe sie die eigene Glaubwürdigkeit schwer beschädigt. Was bleibt, ist ein Gesetz, das das soziale Gefüge der USA neu ordnet – mit Folgen, die weit über Alaska hinausreichen. Und eine Senatorin, die daran erinnert, wie schmal der Grat ist zwischen Prinzipien und politischen Realitäten. Die Frage die sich einfach nur stellt: Ist das doch demokratische Politik?

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