Amerikas Schieflage – Trumps Zollpolitik lässt US-Wirtschaft erstmals seit drei Jahren schrumpfen

VonRainer Hofmann

Juni 26, 2025

Es ist ein deutliches Warnsignal inmitten wirtschaftspolitischer Sturmböen: Die US-Wirtschaft ist im ersten Quartal 2025 um 0,5 % geschrumpft – und damit stärker als bisher angenommen. Das gab das Handelsministerium am Donnerstag bekannt. Noch im Mai war lediglich ein Rückgang von 0,2 % beziffert worden. Nun zeigt sich: Die wirtschaftliche Abkühlung ist keine Momentaufnahme, sondern die Folge einer politischen Strategie, die zunehmend zur Belastung wird. Im Zentrum der Misere steht Präsident Donald Trump – genauer gesagt: seine wieder aufgenommenen Handelskriege, insbesondere die abrupten Zollankündigungen auf Importe aus Europa, China und Mexiko. Die Folge war ein hektischer Vorzieheffekt: Unternehmen wie auch Verbraucher:innen deckten sich im Januar und Februar in großem Stil mit ausländischen Waren ein, bevor neue Zölle in Kraft traten. Das ließ die Importe regelrecht explodieren – um ganze 37,9 %, der höchste Anstieg seit 2020. Doch wirtschaftlich bedeutet das keine Stärke, sondern das Gegenteil: Da Importe rechnerisch vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) abgezogen werden, drückten sie das Wachstum um fast 4,7 Prozentpunkte nach unten. Die Regierung selbst versuchte den Importboom als Einmaleffekt darzustellen – doch daran bestehen erhebliche Zweifel. Denn solange Trumps wirtschaftspolitische Linie auf permanenter Eskalation, willkürlichen Zollentscheidungen und dem Rückzug aus multilateralen Handelsbeziehungen beruht, bleibt der Außenhandel ein Dauer-Risiko. Von Stabilität kann keine Rede sein, denn Verbraucher:innen halten das Geld zusammen – und die Regierung spart sich selbst ins Minus.

Besonders alarmierend: Auch der private Konsum, seit Jahren das Rückgrat der US-Wirtschaft, verlor deutlich an Schwung. Während die Ausgaben der Haushalte im Schlussquartal 2024 noch um satte 4 % zugelegt hatten, wuchs der Konsum zwischen Januar und März lediglich um magere 0,5 %. Analysten hatten mit einem deutlich stärkeren Ergebnis gerechnet. Das Handelsministerium korrigierte damit auch seine eigene Frühschätzung nach unten. Gleichzeitig brachen die Ausgaben der Bundesregierung drastisch ein: ein Rückgang um 4,6 % – der stärkste seit 2022. Angesichts der unter Trump forcierten Budgetkürzungen, etwa im Gesundheitswesen, in der Bildung, bei Förderprogrammen für Kinder, Arbeitslose und Kleinunternehmer, schwächt sich die Binnenwirtschaft zunehmend selbst. Die Sparpolitik trifft vor allem einkommensschwache Schichten – und damit jene, die ihr Geld unmittelbar wieder in den Konsumkreislauf einspeisen würden. Hinzu kommen die wirtschaftlichen Kollateralschäden der landesweiten ICE-Einsätze, die ganze Arbeitsabläufe in Landwirtschaft, Bau und Gastronomie ins Wanken bringen. Festnahmen an Bushaltestellen, in Kantinen und Baustellenbüros haben eine Atmosphäre permanenter Unsicherheit erzeugt – mit verheerenden Folgen für Produktion, Lieferketten und lokale Märkte. Trumps Wirtschaftsplan – einst als Renaissance des amerikanischen Unternehmergeistes gepriesen – entwickelt sich mehr und mehr zum angekündigten Desaster.

Selbst der sogenannte „BIP-Kernwert“, der die eigentliche Stärke der Binnenwirtschaft abbildet – also Konsum und private Investitionen, ohne volatile Faktoren wie Exporte, Lagerhaltung oder staatliche Ausgaben – gab Anlass zur Sorge: Das Wachstum lag hier nur noch bei 1,9 %, nach 2,9 % im Vorquartal und unter der vorherigen Schätzung von 2,5 %. Für Ryan Sweet, Chefökonom bei Oxford Economics, ein „besorgniserregendes Signal“, auch wenn er seine kurzfristige Prognose noch nicht revidieren will. Die gute Nachricht: Viele Ökonom:innen erwarten im zweiten Quartal eine Gegenbewegung. Laut einer Erhebung der Datenfirma FactSet soll das BIP zwischen April und Juni wieder um 3 % wachsen. Das Handelsministerium will am 30. Juli eine erste Schätzung dazu vorlegen. Entscheidend wird sein, ob der extreme Importboom ein Einmaleffekt gewesen ist. Doch die strukturellen Risiken bleiben. Die Weltbank hat ihre Prognosen für das globale Wachstum bereits deutlich gesenkt – mit Verweis auf die zunehmenden Handelskonflikte. Und auch der Kongressdienst CBO warnte zuletzt: Trumps Zollpolitik werde zwar das Handelsdefizit senken – aber zum Preis eines dauerhaft geschwächten Wachstums. Was bleibt, ist ein irritierendes Bild: Eine Regierung, die sich wirtschaftliche Stärke auf die Fahne schreibt, spart sich gleichzeitig in die Stagnation, verunsichert durch martialische Abschiebungen weite Teile der arbeitenden Bevölkerung – und sorgt durch chaotische Handelspolitik für einen selbst verschuldeten Wachstumseinbruch. Amerika zahlt einen hohen Preis – für ein Versprechen, das immer weniger einlöst, als es zerstört.

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